32. Buongiorno, SICILIA!

Gerdi, rückblickend am 30.Juli in PALERMO

Sonnenaufgang_um_6_uhr_neben_der_insel_stromboli

Am 27. Juli startet Gerhard im allerersten Morgenlicht vor unsrer letzten Vulkaninsel, früh um 5 Uhr. Mit 4 Windstärken jagt die EOS nun auf die Küste von Sizilien zu. Erst um 15 Uhr muß der Motor helfen. Es regnet. Donnergrollen. Gewaltige Blitze vom hohen Himmel bis ins offne Meer hinab, ein Schauspiel von Naturmächten, wie man es nur auf dem Meer erlebt. Wolkenvorhänge vor den hohen Bergen der Küste SIZILIENS…wie weiße Mützen oder Schals.Und ein wenig wie am Bodensee…

 

Der_schone_berg_hinter_termini_imarese

Wir steuern TERMINI IMARESE auf Sizilien an, wie 2009…12 lange Stunden haben wir gebraucht! ca. 100 km Strecke…Die EOS gab ihr Bestes! Ruhig empfängt uns die Bucht vorm Hafen. Wir ankern um 17.30 Uhr und genießen einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt am Hügel mit ihrer mächtigen Basilika.

 

Img_2534

Die Stadt leuchtet im milden rosa Abendschein, der das Meer verzaubert in eine Fläche wie Perlmutt, zartviolett, später ganz türkis… Vom starken, kabbeligen Seegangs am nächsten Morgen ahnen wir noch nichts.
Nachtgedanken: In 8 Wochen landet mein Flugzeug in Stuttgart….Deutschland. Der See. Eine Wohnung. Nachbarn. Ein stilles Bett. Die Geige. Ein Besuch bei Vati in Nürnberg??

Freitag, 28.Juli, 6 Uhr früh…
Termini, Anker auf früh um 6… und schon wirft mich der aggressive Seegang fast an die Decke im Vorschiff. Ohne Vorwarnung wird die EOS draußen vorm Hafen „angegriffen“, die 5 Windstärken haben das Meer aufgewühlt. Auf der Stb-Koje im Salon bleibe ich noch 1 Stunde fast benommen von den Schlägen „liegen“…Mittschiffs ist die Auf- und Ab-Bewegung etwas milder, die im Bug wohl 1-1,5 m ausmacht.
Viel Wind. 4-5 bft aus Nordwest…

Kap_zaferano

Erst beim Capo ZAFFERANO können wir den Kurs etwas günstiger legen und sehen bald das Häusermeer und die riesigen Kranen und Schiffsdocks der Großstadt..6 Stunden, fast 30 sm Distanz…

Ziel ist die große berühmte Stadt PALERMO.

Die_werft

Große Kreuzfahrschiffe, seit Griechenland gab’s keine mehr. Wir schwenken in ihrer Nähe ein in einen der kleineren Yachthäfen, die unter 50 ?? pro Nacht kosten…- diesmal am südlichen Ende der Küstenstadt!
Sehr freundlich berät uns ein gut englisch sprechender Rumäne, ein wendiger, fleißiger junger Mann, der  auf dem schmal bemessenen Marina-Areal ständig putzt, hilft, den Wasserschlauch bringt,den winzigen Toilette&Dusche-Container öffnet, sein privates Modem fürs Internet anbietet…

LANDGANG. Etwas wacklig auf den Beinen…Der Seegang wirkt noch nach  :-)!

Heftig pulsierend der Autoverkehr an der Uferstraße, eine Spur für Jogger und Radler, eine für eilende Fußgänger. Drängelnde Leute drüben am Gehsteig, die ein Ziel haben, einkaufen, notebooks unterm Arm, geschäftig, ganz ganz anders als die Griechen…

Noch völlig un-gewohnt nun die feinen Modegeschäfte, alle Damen tragen eine schrill pinkfarbene lackartig glänzende Papiertüten, „shopping“ total. Keine ohne Ziel. Am Bahnhof nun auch Inder mit Turban, Zigeunerinnen mit 4-5 kleinen Kindern im Wagen und im Schlepp, graziöse Afrikaner, langbeinig, hochgewachsen…
Wir suchen einen Schiffsausstatter auf, kaufen eine neue deutsche Nationalflagge, da die alte (von Insel KOS 2010) zerschlissen ist…Die Fockschotleine allerdings mit fast 5 ?? pro Meter ist uns bei den benötigten 30 m aber dann doch zu teuer mit 150 ??…Die sicher 12 Jahre alte Fockschot der EOS ist von der Wanten-Berührung aufgescheuert…Auf der Suche nach einem Carrefour-Supermarkt( es gibt sehr wenige Läden im Südviertel) driften wir ab in die alte, verwohnte, müllreiche Altst
adt.

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Hohe, eng stehende mehrstöckige ziemlich verkommene Häuser, Fensterläden oft am Zerfallen.. Schmiedeeiserne 50 cm schmale zimmerlange  Balkons, Blumentöpfe, Wäsche auf Drähten. Die am schlimmsten zerfallenen Fronten hatten ein Schild, das besagt, daß es ein Altersheim oder Pflegeheim per invalidi ist…Hinter einer Kirche (!) türmt sich unbeschreiblich viel Sperrmüll, Matratzen, kaputte Möbel, wohl über 20x5x3 Meter Müll..immer wieder neue Halden.es „riecht“!!!…

Hinter_der_kirche

Direkt daneben parken Nobelkarossen, reihen sich edle Juweliere aneinander mit Gold und Silber, Diamanten, Edelstein. Ein Kontrast! Es ist wohl nicht realisierbar, sich zusammen zu schließen und diese Müllberge und un-appetitlichen Hinterlassenschaften anderer Leben beseitigen zu lassen. Wir wollen nicht „richten“ aber es ist un-vorstellbar, daß die Bürger so leben müssen.
Endlich finden wir den großen( klimatisierten!) Supermarkt und kaufen nach Liste das Nötige und tragen es in 2 vollen Rucksäcken zur EOS.

Erneut zur Stadt. Wir biegen ab in noch engere Gassen, „rinnovare“ oder „ristrutturare“ steht auf Schildern. Man saniert die Altbauten. Aber es sind sooo viele. Verfallen. Ohne Verputz. Sie sind oft in den oberen Etagen bereits unbewohnt, wohl auch geräumt. Schiefe Türen und Fensterflügel mit Schnur gesichert hängen in den Höhlen…Unkraut wuchert auf Fensterbrettern und aus maroden Dachrinnen, aber im Parterre sind „Garagen“, in denen Moped-Reparaturen erledigt werden, kleine „alimentari“-Geschäfte Lebensmittel anbieten, Obst auf Tischen, alte Männer als Verkäufer, längst im Rentenalter.

Fruchte

Fische auf blanken Metallbänken verkauft werden. Dazwischen tollen kleine Buben mit ihren Rädern, verschwinden auf den Ruf der Nonna in den Tiefen von dunklen Kellereingängen, die Tür tiefer als der Gehsteig,  wo man sich fragt, wo wohl das Zuhause dieser Kinder ist… und zu wie vielen sie dort hausen?

Auf Zimmerstühlen sitzen alte Frauen vorm Haus, schauen dem Treiben auf der Gasse zu. In einem Hof wabern  dicke Rauchschwaden von offnen Holzkohle-Feuern. Man bereitet das Feuer auf Grillflächen vor für irgendwelche aufgespießte Innereien oder Hammelgenitalien….? Auf Eis liegen Fische bereit, Garnelen, Muscheln, die Leute warten in Schlangen davor wie bei uns bei McDonalds oder Burger King….

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Dazwischen fein gekleidete Damen und Herren im schwarzen Anzug, schneeweißes Hemd, schwarze Krawatte, hochglänzende Schuhe mit 3 cm-Absatz und überlanger Schuhspitze…Man beschreibt uns den Weg zu einem Foto-Geschäft, aber da gibt es 100 Uhren, Wanduhren, Armbanduhren…So finden wir keine neue Kamera für Gerhard. Andre Fotoläden bieten 100 Bilderrahmen an, und riesige Fotos der Kinder und Famiglia….Sehr gepflegt der Botanische Garten, auf Plakaten zählen wir 21 Museen,  6 Theater und 6 Puppentheater.  Ein Gegensatz von Kultur und einfachstem Leben.

Am Marinehafen reihen sich monumentale gigantische Protzbauten vergangener Epochen, Schlösser? Verwaltungsgebäude? Kolosse, Foro Umberto, Corso der Schönen.
Ein neues Club-Gebäude steht wohl vor der Eröffnung, man hat zahllose Rollrasen-Bahnen ausgelegt, man montiert noch Lampen, Kunst-Sofas, Oleanderbäume, Buchs,… 
Eine pompös gewandete Braut samt fast „verkleidet“ wirkender Hochzeitsgesellschaft mit Brautjungfern und „Pinguin“-Herren lagert in künstlicher Stellung vor dem Fotografen im „Gras“ vor den Segelmasten… 

In der 150 Jahre alten Gelateria machen wir Pause…Ein Eis, ein Espresso…Verwirrte Gefühle…Natürlich hat diese Altstadt ihren Reiz, man möchte ihr keinen Vorwurf machen für ihren Zustand der großen Gegensätze. Banken, eine bombastisch riesige „Post“, ein kolossaler Bahnhof, breite Straßen, auf denen der Verkehr pulsiert und auch ohne Fußgängerüberwege irgendwie funktioniert. Feine Schuhgeschäfte ohne Zahl mit den dazu passenden Damen in hochhackigen Stilettos…Dazwischen unscheinbare Chinesinnen, bronzefarbige Pakistani, Inderinnen im Sari von feinster Seide…Hellblonde, sommersprossige Studentinnen in hautengen Jeans und schulterfreien Tops…Eine andere Welt. Was ich nie sah: muslimische Kopftücher…

Turbulent und laut die Nacht. Ein Geschmack von Fisch, Rauch, Autoabgasen, und der Charme einer Stadt, die zwischen Europa und Afrika, zwischen dem westlichen Spanien u. Frankreich und dem „östlichen“ Griechenland flimmert….als würde sie den Atem anhalten. Und von unsichtbaren Augen ständig beobachtet werden….

Wir bleiben noch 1 Tag. Palermo soll Zeit haben, auf uns zu wirken….
Morgen, am letzten Tag des Juli, brechen wir auf nach Nordwesten…
 48 Std. offnes Meer bis SARDINIEN. Oder nur bis zur Insel USTICA…?

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