Klein Zicker

Klein Zicker, ist das nicht ein lustiger Name für ein Dorf und den Hügel, an dessen Fuß die paar Häuser liegen. Schon wegen des Namens sollte man das Örtchen besuchen. Vom Hafen in Thiessow kommt man über einen schönen Wiesenpfad am Ufer des Zicker Sees dort hin. Dann empfängt uns gleich ein netter Imbiss mit guten Fischsemmeln und Blick auf den stark bewegten Bodden. Viel Zulauf von Feriengästen hat dieser Erlebnisort, auch noch so spät im Jahr. Vom Hügel, nicht ganz 40 m hoch, sieht man ein kleines Segelboot weit weg in den Wellen stampfen.

EOS liegt sicher längseits im Hafen. Die Sportboote teilen sich den Hafen mit den Fischern. Die Bojenfähnchen flattern lustig im Wind. Alte hölzerne Nachen finden hier auch noch ihren Platz. Teer hält sie dicht und es riecht aromatisch. Ein Ort mit Leben. Zweimal in der Woche gibt’s Markt hier. Im Sommer ist der große FKK-Campingplatz am Sandstrand begehrt.

Es lässt sich an diesem Ort gut ein Starkwind-Tag verbringen. Man muss nicht immer auf dem Wasser unterwegs sein.

Groß Zicker gibt’s übrigens auch: Es liegt auf der anderen Seite des Zicker Sees.

Ich blicke zurück, Teil 3: Von Griechenland nach Frankreich

Immer an einer Küste längs und gelegentlich eine Nacht oder 2 Nächte übers Meer.  Auch hier lassen wir uns Zeit, genießen die Gegenden die wir ansteuern und wettern manchen starken Wind im Hafen oder vor Anker in einer Bucht ab. Die Reise führt uns von Wohlfühl-Griechenland an verlassene albanische Küsten, dann über die Adria zu Italiens Stiefel und später entlang der sizilianischen Nordküste. Nun erreicht EOS Sardinien, folgt dort der Ostküste. An Korsika tingeln wir die rotgebirgige, sehr schöne Ostküste hoch. Noch ein Sprung übers Meer und wir laufen im quirligen Nizza ein. Frankreichs Südküste, gespickt mit Häfen und Ankerverboten. An der Rhônemündung ist Schluss mit Segeln. Wir motoren weiter 850 km auf Frankreichs Wasserwegen. Aber davon im nächsten Beitrag.

10.Mai 2016: Tuifly’s Flieger schwebt nachts in Korfu ein. Segelvergnügen beginnt aber mit Arbeit. EOS abplanen, Motor prüfen, Segel und Bimini aufziehen, Bordwände, Stahlteile polieren und Unterwasserschiff streichen. Und leider, Regenwasser aus der Bilge pumpen und Schimmel entfernen. 7 Tage später fährt EOS auf Schienen zu Wasser. Startknopf des Motors drücken und nordwärts geht’s. Einen Tag später ankern wir bereits am Kai von Sarande, Albanien, der schönen Stadt in der weiten, geschwungenen Bucht. Fein hergerichtet die Häuser an der Promenade, abends voller froher Menschen. Die politisch dunkle Zeit Albaniens liegt weit achteraus. Reichtum und Armut bestehen immer noch nebeneinander. Noch einmal wenden wir uns südwärts längs der albanischen Küste. Man soll den Fluss hoch bis Butrinti fahren können. (Vorher legen wir noch einen Anker-Stopp in Ksamil ein. Unbemerkt von albanischen und griechischen Radargeräten flüchten wir nachts wegen eines Gewitters nach Korfu (Griechenland) rüber.)

Die Einfahrt in den naturbelassenen albanischen Fluss gestaltet sich wider Erwarten einfach. War hier schon mal ein Segler? Wunderbare Anker-Tage beim vorgelagerten Fort eines Paschas, ein Paradies. Weit draußen in griechischen Gewässern Kreuzfahrtschiffe und Segler. Ein paar Tage später  wollten wir noch einmal den Fluss hochfahren, aber wir fanden den Weg durch die vorgelagerten Sandbänke nicht mehr und Eos saß im Sand fest….

zauberhaftes-butrinti-22-5-ankerplatz

 

Nordwärts entlang der hohen albanischen Berge bis Himara, nur eine Bucht gesäumt von einer Stadt. Der Anleger, zu hoch für die flache EOS, bietet nur wenig Schutz. Sie zerrt trotz der niederen Wellen an den rostigen Festmachern. Hoch oben auf dem Kai wartet schon der Beamte, um unsere Pässe zu prüfen. Seegang! Krach, die vordere Mahagoni-Klampe bricht mit einem Knall über dem Teakdeck…. Da lösen wir in Eile die Taue und ankern ein paar zig-Meter entfernt. Ob der Beamte wohl mit seinem Boot zu uns raus fährt? Tut er nicht. Außer ein paar winzigen Buchten zwischen hohen Felsen bietet diese Küste keinen weiteren Schutz.  Also weiter und vor der Insel Sazan wieder Richtung Süden in die einzige Marina Albaniens nach Orikum. Unser Freund Gjergi holt uns dort mit dem Auto ab und zeigt uns Tirana, die imposante Hauptstadt. 2 Tage bleiben wir bei ihm und seiner Mutter. Eigentlich eine schöne Stadtlage zwischen Bergen, wie alle diese Städte mit gepflegtem Zentrum, Hochhäusern, überbreiten Boulevards. Aber weiter draußen sieht’s anders aus… .

 

Vlores, die Hafenstadt besuchen wir mit dem Minibus: Nette Unterhaltung mit einer Sprachlehrerin auf Englisch. Glaspaläste, schöne Geschäfte. Ein Student schließt sich uns an und frägt uns aus. Im Bus kommen wir ins Gespräch mit einem ehemaligen Militär, an der Bushaltestelle sprechen wir lange mit einem Polizisten. Die freundlichen Menschen suchen den Kontakt mit uns Westlern. Deutschland ist ihr Vorbild. Kann man da nicht etwas stolz sein?

Fischsuppe und Muscheln aus Butrinti

Wieder zurück nach Sarande mit Zwischenhalt in der Bucht von Porto Palermo. Schwalben sausen unter dem Anleger durch ohne an unsere Festmacher zu prallen. In Sarande klarieren wir aus und fahren noch einmal rüber nach Ag. Stefanos auf Korfu/GR. Ziel war dann die Insel Othoni, aber kräftiger Gegenwind und heftiger Seegang gegenan veranlasste uns nach halber Strecke wieder umzukehren. Beim zweiten Versuch war uns der Wind wohl gesonnen.

Othoni, letzte Insel in Griechenlands Westen, Sprungbrett nach Italien. Der gut geschützte, etwas morbide Hafen bietet einen angenehmen Liegeplatz. Wir streifen ein Stück die ginsterumwachsene Straße hoch, des Überblicks wegen. Noch einmal essen wir griechisch in einer Taverne am Ufer.

Ganz früh am Morgen wandern die hohen, steilen und zerklüfteten Berge der Insel Othoni langsam achteraus, aber vorher müssen wir uns noch vorsichtig aus den flachen Hafenvorgebieten heraustasten. Ein paar Stunden nur Wasser um uns, bevor der niedere Streifen Italien über den Horizont wandert. Santa Maria di Leuca: Schließlich noch Bft 5 und höhere Wellen, bevor wir um die Hafenmole biegen. SEEPFERD 3, die deutsche HR liegt auch da. Über die App „Find Ship“ werden wir ihren rätselhaften Weg  noch lange verfolgen. Eine breite Treppe führt  mit 345 Stufen 100m hoch zum Leuchtturm und zur Kirche mit der goldenen Madonna auf ihrer hohen Säule.

Am folgenden Tag hilft uns der kräftige Rückenwind nach Galipoli. Nicht die besten Erfahrungen hatten wir auf der letzten Reise mit den Häfen dort. Aber im Darsena Fontanella sind wir willkommen. Die alte Stadt selbst, schön gelegen auf einem Felssporn. Das beste Eis der Reise, gereinigtes Petroleum für den Kocher und eine Münz-Wäscherei gab’s auch für uns. Wenn nur die hohen Hafenpreise nicht wären. 2 Tage hält uns Starkwind hier auf.Die Pizza im Hof der sonst überfüllten Pizzeria flog fast von den Tellern…

13. Juni: Um 19:30 Uhr starten wir bei wenig Wind quer über den Golf von Tarent. Gewitter am nächtlichen Himmel, aber angenehme Reise, die Hälfte mit Motorkraft. In Crotone finden wir Platz an der Mooring des Lega Navale di Italiano. Wir freuen uns auf die Scampi, Gerdi kocht sie mit Zitrone, Wein und Salz. Sehr gut. Unten vor den Klippen das Hafenviertel mit den Fischläden und den Sandstränden und den Ständen der Souvenirverkäufer. Gut besucht. Über den Klippen die alte Stadt mit ihren Arkaden und den engen Gassen zwischen hohen Häusern. Tagelang hält uns der stürmische Wind hier fest. Es heult in den Wanten ,die EOS legt sich schräg auf die Seite, der Wind formt Sandberge auf der betonierten Kaifläche. Uns stört das nicht. Wir haben Zeit für Hafentage. Der Blick von den Küstenmauern schweift hinaus aufs weißschäumende Meer .

Weiter an Italiens Südküste. Ein Stopp in Le Castelli und dann wieder einmal in Rocella Ionico. Vorsicht bei der Einfahrt wegen drohender Versandung. Die allerbesten Pizzas, nach Zentimetern Länge angeboten. 100 Tische, die sich abends nahezu vollkommen füllen. Etwas weiter weg und 100m über dem Meer die Burg. Ab jetzt kein Hafen mehr bis zur Strasse von Messina. Also ankern wir am Abend vor dem Strand auf offener See. Es wird eine unangenehme schaukelige Nacht. Grillen entfällt. Schon um 4 Uhr früh holen wir den Anker ein. Voraus im Fernglas die weißen Brecher. Reffen was geht. Der Ätna auf Sizilien und die hohen Berge des Festlandes drücken die Luft mächtig dazwischen durch. Starkwind auf dem Meer. Taormina können wir nicht anliegen, also fallen wir ab nach Riposto. Rum um die Hafenmauer und plötzlich kehrt Ruhe ein. Der mächtige Ätna hält nun den nach Westen drehenden Wind ab.

Riposto, Lega Navale und der Ätna: Ein freundliches Mitglied des italienischen Segelvereins „Lega Navale di Italiano“ und die deutschsprechende Mitarbeiterin der Autovermietung am Hafen erledigen in Windeseile die Aufnahme in den Club. Nun können wir deren Steganlagen in ganz Italien nutzen und dort bis zu drei Tage kostenfrei bleiben. Und man lernt immer nette Segler kennen. Natürlich mieten wir uns ein Auto und schlängeln uns zum Ätna hoch. Erst dichter Laubwald, dann schwarze Lava, kleine Krater, mit dem Doppelmayr-Lift noch eine Station hoch. Kleine Grüninseln zwischen Lavageröll. Wunderbarer Blick bis der Dunst die Sicht begrenzt. Es wäre einen ganzen Urlaub wert, hier herum zu streichen. Dann noch ein Autoabstecher nach Taormina, der pittoresken Stadt am Steilhang. Die gesamte Stadt vollgeparkt. Am nächsten Tag legen wir uns an eine Boje in der Bucht von Taormina, neben uns eine grauschwarze Megajacht. Die sexy Mädchen fotografieren sich in witzigen Posen und die Bediensteten polieren die Geländer. Wetterbericht Lamma sagt starken Nordwind für den kommenden Tag voraus. Ich starte um 3 Uhr früh, aber bereits kurz darauf bläst der Wind mit 5 Bft entgegen. Kurze unangenehme Wellen, das Deck dauernd überspült. Regio di Calabria schläft an diesem Sonntag. Wir haben auch keine Lust auf einen Stadtbesuch. 50 Euro die Nacht. Da kann man nur flüchten. Messina, drüben auf Sizilien ist auch nicht billiger, Von dort nehmen wir die letzten Seemeilen der Strasse von Messina unter den Kiel.

 

Eine neue App informiert über die Strömungsverhältnisse an der Engstelle. Darum verlassen wir erst um 10:30 Uhr den Hafen bei Stillwasser und kommen auch mit nur geringem Kabbelwasser vorwärts. Auch die Zone des starken Windes liegt hinter uns.Schwertfischer mit ihen 20m-Auslegern fischen mittags.  Noch einmal nach Palmi in Kalabrien. Den guten Biobauernhof (mit feinem Fisch-Menü 2011) hoch überm Meer gibt’s nicht mehr, also queren wir bei ruhigem Meer nach Milazzo auf Sizilien, ankern vor der Stadt, umfahren die Halbinsel und ankern anderntags vor der anderen Stadtseite in schönem türkisfarbenen Wasser. Links ein Felsstrand, in der Mitte die Stadt Milazzo und rechts die hohen Berge Siziliens. Ganz zuhinterst der Ätna. Letzte Woche hat uns der Wind doch etwas belastet. So relaxen wir an Bord. Statt zu den Äolischen Inseln zu fahren segeln wir diesmal die Küste längs. Ankern vor Punta del Tono und Ankern im Schutz der Hafenmauer bei Cap Orlando. Der kleine Hafen erhält gerade ein Upgrade zu einer Riesen-Marina mit vielen Yachten und Cruise-Fahrten zu den Inseln. Bauarbeiten sind im Gange. Dann legen wir in Sant‘ Agata an. Das spricht man nicht wie man’s schreibt sondern wie Sant‘ AAAAgata. Preisverhandlungen finden schon seit Italien in jedem Hafen statt (außer an Lega Navale Stegen).

500m höher, auf einer Felsrippe thront der Ort San Marco d‘ Alunzio. Ein Taxi bringt uns hoch. Wir durchstreifen diesen kühlen, autofreien Ort. Der Blick reicht unendlich weit. Leider führt kein Fußweg ins Tal, die serpentinenreiche, sonnige Straße kostet Schweiß. Am Abend in der Taverne halten wir uns mit Freudenäußerungen zurück. Deutschlands Kicker haben Italien aus dem Europawettbewerb gekickt.

Termini Imarese: Sehr freundliche Leute im Hafen. Kinder lernen Segeln. Eltern laden uns für den Abend zu sich heim. Ihr Anwesen zeigt sich als alte Villa über dem Meer. Die jungen Segler haben ein sizilianisches Buffet vorbereitet , die Tochter feiert ihr Einser-Abitur.Wir unterhalten  uns lange, während die Sonne blutrot ins Meer sinkt. Nach Kap Zaferano öffnet sich die große Bucht von Palermo. Am westlichen Ende zieht sich die Stadt am Ufer entlang und die Hügel hoch. Gerdis Endstation für einen Monat -v.a. zu einem Kirchenchorauftritt bei Pfarrers Verabschiedung!. Sie wird in Nizza wieder zur EOS fliegen, wenn die hochsommerliche Hitze an Kraft verloren hat. Wir sind auch hier Gäste am Steg der Lega Navale. Ein Taxi bringt uns zum Flughafen. Mit dem Fahrer unterhalten wir uns per Google-Übersetzer. Klappt gut. Einsam fühle ich mich in der großen Stadt. So fahre ich mit dem Bus nach Monreale, der Stadt hoch oben am Berg mit dem normannischen, mächtigen Gotteshaus. Auch das Ziel der Kreuzfahrer-Ausflüge. Schnurgerade Treppen durchziehen den Ort von unten nach oben, immer wieder die Serpentinen der Straße kreuzend. Ob wohl die Bewohner ihre prächtige Aussichtslage schätzen? Nachts hole ich meine beiden Augsburger Freunde vom Bahnhof ab. Auf die Minute pünktlich um 23:00 Uhr erreichen sie von München kommend nach 25 Stunden Zugfahrt Palermo Centrale.

 

In der Stadt wird das Fest der Schutzheiligen Santa Rosalia gefeiert. Alles ist unterwegs, die Stadt leuchtet und ist für Autos gesperrt. In weitem Bogen bringt uns der Taxifahrer in Hafennähe. Wir sind aufgekratzt und verzehren mit Genuss die mitgebrachten Brezen, Weißwürste und das bayerische Weizenbier. Draußen steppt der Bär bis weit nach Mitternacht. Da der Wind eh stark entgegen weht bleiben wir noch einen Tag hier und feiern in der herausgeputzten Stadt.

San Vito, den Ort an der Nordwest-Ecke Siziliens sehen wir nur vom Ankerplatz aus. Weiter nach Trapani. Auch hier liegen wir bei der Lega Navale. Eine schöne Stadt am Fuße des Monte Erice. Draußen im Meer schwimmen die ägadischen Inseln. Schade, wir sollten länger in dieser Stadt bleiben.

Sizilien endet hier, 160 Meilen weiter nordwestlich liegt Capo Carbonara, unser Ziel in Sardinien. Wir erreichen es nach 25 Stunden kurz vor Mitternacht. Wieder so ein interessanter nächtlicher Landfall. Ganz langsam auf Land zu fahren, Sicherheitsalarm am Echolot eingestellt, einer beobachtet das Echolot, zwei andere schauen nach vorne in die stockdunkle Nacht. Dann fällt der Anker in der Ostbucht von Villa Simius. Ein Abstecher nach Cagliari und wieder zurück in diese Bucht. Ab jetzt reisen wir die Ostküste Sardiniens hoch. Corallo Hafen, Arbatax Hafen sind die nächsten Stationen. Jetzt können wir ganz nahe der Steilküste bis zum Capo di Orsei fahren. Senkrecht ziehen sich Felswände 100m hoch, unterbrochen von winzigen Buchten, zu ungeschützt für nächtliches Ankern. Das holen wir bei Punta Nera nach. Wunderbar, diese Ankernächte auf sicherem Sandgrund. Nachdem die Sonne nicht mehr am Himmel steht kühlt es angenehm ab. Später zeigen sich dann die Sterne und die Dünung wiegt uns angenehm in Schlaf. Die nächste Nacht verbringen wir in einer überfüllten Bucht vor Olbia bevor wir den Hafen Olbia ansteuern. Große Kreuzfahrschiffe begegnen uns. Wir finden Platz am Kai. Die Stadt ist das Ziel vieler Touristen, entsprechend langsam schieben sich die Besucher durch die Gassen. Abends lösen wir uns vom Kai und ankern. Hier schwoit EOS und der Wind kann durchs Schiff streichen. Ich schlafe im Cokpit und das grüne Blinklicht der Fahrwassermarkierung begleitet mich in den Schlaf.

29. Juli: EOS läuft zur Hochform auf. Mit halbem Wind und ungerefft eilt sie mit Höchstgeschwindigkeit nach Norden. Der Selbststeuer-Automat steuert prächtig in sanften Schlangenlinien. Im Inselgebiet La Maddalena kreuzen wir auf bis vor die Stadt. Dort empfangen uns die Hafenhaie mit ihren Schlauchbooten und locken uns mit süßen Worten zu ihren Stegen. Leider lassen wir uns einfangen. Der Gemeindehafen ganz am westlichen Ende der Stadt böte mehr und wäre preiswerter. Schade, dass wir uns für dieses Inselparadies nur 2 Tage Zeit nehmen. Die zahlreichen schönen Buchten bieten ruhige Ankerplätze.

Wir nehmen direkten Kurs auf Bonifacio an der Südspitze Korsikas, den quirligen Hafen in der tiefen Bucht. Hafenboote weisen uns einen Platz zu und bugsieren unser Schiff auch noch in die Parkbucht. Wer Megajachten beschauen will ist hier richtig. Die Stadt zieht sich abenteuerlich die Klippe bis an deren Kante hoch. Ich schlendere in morgendlicher Kühle durch die engen Gassen, wunderbar. Wirte bereiten Ihre Tavernen vor und Ladenbesitzer ihre Geschäfte. Wer Ruhe sucht, findet sie nur um diese Morgenstunden. Später ist hier die Hölle los.

 

Korsikas Westseite und davon der Abschnitt zwischen den Iles Sanquinaires und der Baye d‘ Elbo mit seinen rostroten Felsen und den vielen Buchten gehört wohl zum Schönsten, was das Mittelmeer zu bieten hat. Allerdings muss man den Mistral beachten. Er kann einen 2 oder 3 Tage an einem Ort fest halten. Die Wetterberichte sagen ihn aber zuverlässig schon Tage vorher voraus. Auch uns hält der Wind in der Bucht von Cargese zweiTage auf. Dann bläst uns der Wind mit 6 Bft in die Bucht von Girolata. Die einstmals ruhige Bucht ist mit Ankerbojen voll bestückt. Jede Jacht erhält 2 Bojen, eine für Bug und eine für Heck. Zu diesem Örtchen führt keine Straße. Die Yachties füllen ihn auch so. Am kommenden Morgen haben sich Wind und Wellen beruhigt. Entlang der vielen kleinen Buchten vor hohen, dunkelroten Felswänden motoren wir nordwärts. In Schleichfahrt durchmessen wir die enge, flache Durchfahrt zwischen der Insel Gargalu und Korsika. Glasklares Wasser, senkrechte Felswände. Sehen und staunen. Jetzt öffnet sich das Meer und ganz in der Ferne lässt sich Cap Revellata ausmachen. Dahinter liegt unser Ziel Calvi. Wie so viele Städte haben Touristen diesen alten Ort auf der Felsklippe über dem Meer fest im Griff .

Noch eine Überfahrt nach Nizza steht an. Der Wetterbericht sagt uneinheitliche, schwache Winde voraus. Sie schieben uns bis nach Mitternacht voran. Dann treibt uns der Motor vorwärts. Beim allerersten Tageslicht fällt der Anker in der Bucht von Saint  Hopice und wir wechseln am Mittag in den Hafen von Nizza. Hier verlassen mich meine Freunde und nehmen den Zug nach München. Gerdi fliegt 3 Tage später in Nizza ein. Schön, sie wieder bei mir zu haben. Wenn wir uns mit den Superreichen vergleichen möchten, ist unser Ausflug nach Monte Carlo gerade recht. Wir schauen bei Gucci rein. Edel!! Schuhe ab 400 Euro…Die Stunde neben der Anfahrt zum Hotel de Paris: Wagenschläge von Bugattis, Bentleys, Ferraris, Maibachs öffnet der Portier in Livré eilig. Männliche Gäste in edlem Sportcoat, Damen auch in schwarzer Burka. Drunten im Hafen liegen Edeljachten, auch ECLYPSE (160m lang). Jetzt wissen wir, wo wir in der Rangliste liegen.

Frankreichs Südküste. Der Auspuff unserer Eos zeigt weißen Rauch beim Start. Von Hafen zu Ankerbucht bewegen wir uns die hafenbespickte Küste längs. Der Preise wegen ziehen wir Ankerplätze vor. Île St Honorat, Agay, St. Tropez. Starker Wind in dieser Bucht. Unser Anker hält auch beim Test. Die Jacht vor uns treibt aber auf uns zu. Alle halten ab was geht. Die Ankerkette schleift an EOS‘ Rumpf entlang. Schließlich kommen Kette und Anker ohne Schaden frei. Der Volvo-Motor raucht immer mehr. Telefonate auf Französisch und Englisch…In Bandol kommt Guillaume, der Fachmann, an Bord. Ergebnis: Zylinderkopf, Kolbenkopf und Laufflächen defekt. Wir überlegen hin und her und entscheiden uns für einen neuen Motor. 3 Tage später schlägt in EOS ein neues Herz einwandfrei.Nur noch das undichte Teakdeck nervt!  In Etappen reisen wir weiter an den senkrechten Felsen der Calangues entlang bis Port Miou, der kilometerlangen eengen Bucht bei Cassis. Landausflug zu Fuß nach Cassis. Am Abend tauchen am westlichen Himmel  direkt über dem Ankerplatz Rauchwolken auf, sie verstärken sich. Bald färbt sich der Himmel gelbgrau. Man riecht es: Waldbrand. Die Feuerwehr fordert uns vom Boot aus über Megafon auf, uns auf schnelles Ablegen vorzubereiten. Wenige Minuten danach : Alarm! Wir müssen alle (ca.30) die Bucht verlassen, das Feuer kommt immer näher. Bei Cassis beobachten wir von unserer Ersatz-Bucht aus vor Anker das Schauspiel im Seegang. 250 Feuerwehrleute kämpfen mit Löschflugzeugen und am Berg…Erst nach Mitternacht verblasst der Feuerschein.

 

Ursprünglich war Marseille unser Tagesziel. Gegenüber dieser Stadt zeigt die Seekarte einen geräumigen Hafen auf der Insel Friaul. Ihn laufen wir an. Fast leer der Hafen. Dabei verbindet eine Expressfähre  die Insel in 20 Minuten mit Marseille, der multikulturellen Stadt. Wir schlendern durch die Gassen, trinken frisch gepresste Obstsäfte und fahren mit dem Bus hoch zur Notre-Dame de la Garde, der Kathedrale mit der überwältigenden Aussicht, bewacht von bewaffneter Polizei. Für die Abendwanderung auf „unserer“ Insel Friaul packen wir Brotzeit und Bier in den Rucksack und sehen die Sonne von der Herz-Klippe aus im Meer versinken.

Nun bleibt noch das letzte Meer-Reisestück bis nach Port St. Louis de Rhône.

Martique liegt an der Etang de Berre. Zwar fahren wir nicht in diesen großen Salzwassersee, aber die Stadt davor gefällt uns auch. Auf dem Venezianischen Fest zeigen sich nachts bei angenehmer Musik die Darsteller in 250 venezianischen Kostümen vergangener Jahrhunderte. Jetzt noch den Golf du Fos queren. Letztes Ankern, vor uns ein Zweimaster auf Grund…! Letztes Mal baden im Meer. Dann fahren wir den Kanal nach St. Louis de Rhône bis zu seinem Ende hoch. Raymond kreuzt  wie 2011 mit seinem Autokran auf und legt den Mast-nach einer Sturm- und Regennacht- in die beiden Holz-Scheren auf dem Deck. Noch ordentlich verspannen und EOS ist klar für die Reise nordwärts auf den französischen Flüssen und Kanälen.ab 15. September bis 23.Oktober (Mulhouse/Elsaß) 850 km mit 135 Schleusen… Darüber mehr in der letzten Folge.

Es folgt  Teil 4: 850 km auf der Rhône, Saône, Doubs mit 135 Schleusen(bis 24.Okt.) 

Ich blicke zurück. Teil 2, vom Schwarzen Meer bis Korfu

Nach 80 Tagen im Fluss: Endlich wieder im Salzwasser. Vollkommen andere Eindrücke erwarten uns. Die nahe Natur im Donaudelta weicht zurück, Meer bis zum Horizont umfängt uns, Delfine überholen uns. Wir folgen nicht mehr den Biegungen des Stromes, sondern setzen die Kurse in gerader Linie ab. Der Windbericht im Internet wird zur wichtigen Informationsquelle.

Sulina. Noch einige Meilen weisen uns Seezeichen den Weg ins tiefe Wasser, dann ersetzen wir den gewundenen Kurs auf dem Strom durch  die gerade Linie zum nächsten Wegpunkt. Das Land zeigt sich noch als schmaler Streifen, dann umfängt uns die Nacht. Nach Mitternacht weisen uns Bojen und das GPS den Weg in den Sportboothafen von Constanta. Wieder eine Stadt der großen Gegensätze. Dort das schöne Zentrum mit bunten Häusern, der Promenade, den eleganten Cafés, gepflegten Boulevards, Läden. Nicht weit entfernt das Haus mit den bewohnten Zimmern hinter zerbrochenen Scheiben. Der riesige Industriehafen mit einem kilometerlangen Steindamm und den vielen meist verrosteten Kränen… Das ehemalige reich verzierte prachtvolle Casino, jetzt dem Verfall preisgegeben.

Nach Mangalia verlassen wir Rumänien. Der freundliche Zollbeamte, der lieber Pilot geworden wäre und Modellschiffe baut, klariert uns aus. Steilufer begleitet uns. Baltchik laufen wir bei Nacht an. Wir fahren im Hafen hin und her und finden den Zoll nicht. Er versteckt sich hinter einem Frachtschiff und wir belegen mehr schlecht als recht unter dessen Bug. Dann Varna. Die erste Dusche nach Wochen, ein Jazzkonzert live im Hafen. Irgendwie gleichen sich die Städte. Schöne Zentren, weniger schönes Umfeld. Aber alle Leute sind auch hier freundlich zu uns. Und ich kaufe beste nicht rostende Gestänge und Beschläge für unser Bimini zu sehr günstigem Preis. Leider haben die kleinen Madenschrauben alle Zollgewinde. Aber das merke ich erst viel später. Kleine Hüpfer bis Sarevo. Der Hafen mit einer Waschmaschine und schlechtem Wetterbericht. Übermorgen Starkwindfront! Noch am gleichen Abend klarieren wir aus. Die Zollbeamtin weist uns eindringlich darauf hin, dass wir nun in 1 1/2 Stunden den Hafen verlassen müssen. Sie würde es auf dem Radar überwachen. Sehen wir wirklich so gefährlich aus? Nachtfahrt, bis 3 Uhr Gerdi, dann ich an der Pinne. Die Wellen nehmen zu, werden höher..schöner Wind, schönes Segeln im Mondschein. Fischerboote lassen kein Gleichmaß aufkommen. Dauernd wechseln sie ihre Kurse und zwingen zu hoher Aufmerksamkeit. Am Morgen dann in der Ferne der Einschnitt zwischen 2 Hügeln und die hohen Pylone einer künftigen Brücke.  Die Türkei: Der Bosporus. Das Schwarze Meer liegt hinter uns. Anker ab! Wir setzen die gelbe Flagge zum Zeichen, dass wir uns noch nicht im neuen Land angemeldet  und einklariert haben.  Wir sollten das in Istanbul tun. Das kostet dort aber mehrere Hundert Euro, man muss einen Agenten zur Hilfe nehmen. Da warten wir lieber bis Canakkale. Die Fahrt durch den Bosporus, ein Erlebnis! Viel Natur zuerst, dann nach dem zweiten Flussknie das Häusermeer von Istanbul! Auf allen Hügeln Hochhäuser, Villen im alten Stil, aber auch Türme aus Glas. Und überall spitze Minarette und die Kuppeln der Moscheen. Die beiden weltberühmten mächtigen Hängebrücken.  So winzig sind wir unter ihnen. Schiffe rings um uns, Fähren, Frachtschiffe, Sportboote, aus allen Richtungen, in alle Richtungen. Unsere Augen sind überall. Eine Bucht vor dem Stadion in Fenerbahce wird unser Ankerplatz. Den Segler-Hafen daneben dürfen wir nicht anlaufen ohne uns den Behörden vor zu stellen. Tags darauf Regen, stürmisch, Riß im Großsegel, also retour und flicken…

Das Marmarameer. Wir wählen die Westseite. EOS schlängelt sich durch ein Gebiet von 70 ankernden Frachtschiffen. Den Flughafen steuern Flieger aufgereiht wie an einer Perlenkette an. Überaus lebhaft, diese Gegend. Erst nach 50 Seemeilen wird die hügelige Gegend ländlich.Auf der östlichen Seite im Dunst die Marmarainsel. Wir haben sie mit EOS schon 2010 besucht.

Wir fädeln uns in den Trichter der Dardanellen ein. 8 Knoten unter Segeln? Kann das sein? Ein kräftiger Strom unterstützt uns. In Canakkale: Früher haben wir die Wanderung vom Hafenmeister, zur Polizei, zum Zoll, und zur Gesundheitsbehörde genossen. Freundliche Beamte, Wartezeiten wurden mit einem Glas Tee überbrückt. Geht nicht mehr. Jetzt händigen wir Personal- und Schiffspapiere einem Agenten aus und bekommen sie anderntags gegen Kostenerstattung zurück. Wir streichen die gelbe Flagge und streifen die nächsten Tage durch die quirlige Stadt. Kleine Läden, winzige Lokale, Frisöre, Buchläden, fahrende Händler und immer wieder der Ruf des Muezzins. Die nächste Moschee ist nie weit entfernt. Ich erinnere mich an das Essen in einem Kebab Salonu. Der Chef begleitet uns zum Tisch, bringt die Speisekarte, empfielt dies und das, ruft den Köchen unsere Wünsche zu und im Nu steht das Essen vor uns. Daheim wäre uns so eine eilige, fast unterwürfige Bedienung unangenehm. Geschäftstüchtig. Wir essen mehr als vorgesehen.

Der Trichter der Dardanellen öffnet sich, vor uns liegt die Insel Bozcaada. Blumenprächtig aber sehr windig, auch hinter der Mole unruhig. Früh um 5 Anker auf! Es ist eisig kalt, Mütze, Ölzeug,..! Von Bucht zu Bucht tingeln wir südwärts. Eine windige Nacht in einer Bucht vor Ajvalik, eine stürmische bei Foca, wo wir 4 Tage am Anker zittern im Starkwind. Einen Abstecher zu den nahen griechischen Inseln streichen wir. Seit dem Flüchtlingsstrom dulden das die Türken nicht mehr. Der Luxushafen von Cesme bietet Ruhe. und komfortablen Aufenthalt. Weiter steuern wir EOS südwärts, bis nach Marmaris. Wunderbare Reisetage in einer wunderbaren Gegend.

Wir entschließen uns, EOS in Bozburun zu überwintern und bei dieser Gelegenheit unser undichtes Deck zu erneuern. Mitte Oktober begleite ich Gerdi zum Flughafen. Sie fliegt heim und ich bleibe noch, um bei der Erneuerung des Teakdecks zu helfen. EOS steht in einer Halle und um sie herrscht Chaos. Nail und Mustafa, die beiden Handwerker widmen sich mit ganzer Kraft der Arbeit. Ich tauche in eine andere Welt ein.  Keine Ordnung, keine Normen, dafür Fröhlichkeit und Arbeit ohne Stress… Um mich Gulets. Diese großen hölzernen Lastensegler, jetzt Touristenschiffe mit Kabinen, werden hier gebaut und repariert. Alles ohne Plan (aber nicht planlos) und mit einfachen Hilfsmitteln und viel Handarbeit. Ist der Kiel eines größeren Schiffes fertig, wird eine Ziege geschächtet, gebraten und gemeinsam verspeist. Ich fühle mich wohl bei diesen freundlichen Menschen. Es bleibt viel Zeit für Wanderungen in dieser felsigen grünen Gegend. Schade, dass das Ergebnis nicht unseren Wünschen entspricht. Das Deck erweist sich später als nicht dicht. (2015+16  müssen wir je 6 Monate lang eindringendes Salzwasser im Boot „managen“).

Anfang Mai 2015 kommen Gerdi und ich wieder nach Bozburun. EOS wird am 22. Mai auf rustikale Art mit Transportwagen und Vorderlader und Tauchern ins Wasser geschoben. Leider stellen wir fest, dass der Motor nicht rund läuft. Alle drei Einspritzpumpen sind defekt. Die Ersatzteile müssen in Istanbul bestellt werden. So bleiben uns beiden noch einige Tage vor Anker in dieser schönen und sicheren Bucht. Wir nutzen sie für Ausflüge in den Ort, die Umgebung und einer Busfahrt nach Marmaris.

motorman-800x533
Motormann Tunc

Am 12. Juni sind alle Arbeiten erledigt, wir lichten den Anker und bereisen die Türkei in Richtung Osten und dann wieder westwärts bis Turgutreis, unserem letzten türkischen Hafen. Auch wenn manches nicht so lief, wie wir es uns wünschten, es waren wunderbare gemeinsame Tage in einem zauberhaften Land bei freundlichen Leuten.

Nur einige Seemeilen entfernt zeigt sich Kalymnos als erste griechische Insel. Wir steuern sie am 5. Juli an. Die kahlen Berge, die weiß-blauen Kirchlein und die blau-weiß gestreifte Landesflagge, auch die ruhige Gelassenheit der Menschen dort spricht uns an. Wir schlagen ein neues Kapitel unserer Reise auf. Griechenland. Sorgenkind im EU-Land. Wir werden aber auch mit dem Problem der Flüchtlinge konfrontiert. Sie übernachten an den Stränden der Stadt…Syrer, Afrikaner, viele Frauen und Kinder. Das Polizeigebäude ist umgeben von Schlauchbooten und der Garten ist voller  Flüchtlinge. In Vathi, einer schmalen  Felsen-Bucht, sehen wir, wie eines der überfüllten, defekten Schlauchboote von Fischern früh am Morgen- mit Frauen und kleinen Kindern- in die Bucht geschleppt wird. Am Dorfplatz ca. 100 Menschen…Wir begegnen ihnen wieder und sie fragen unseren Autofahrer nach dem Weg zur Registrierungsstelle, 15 km Fußmarsch. Unser nur griechisch sprechender „Fahrer“ lädt uns zu seiner Gärtnerei ein und beschenkt uns mit selbst geernteten Früchten und Obst, einfach so.

Jetzt führt uns unsere Reise westwärts zu der kleinen, wasserlosen Insel Levitha mitten in der Ägäis. Dort, weitab jeder anderen Besiedlung, betreibt eine Familie einen Bauernhof mit Schafen. Man hat in der Bucht Ankerbojen ausgelegt und lädt die Seefahrer zum Festmachen und Abendessen ein. Der heftige „ewige“ Meltemi hat uns voll im Griff. Schon hierher ging’s nur mit stark gerefften Segeln und Motorhilfe, immer voll gegenan. Der Meltemi gewährt uns nur 1x eine Windpause zur Überfahrt nach Naxos, um dann mächtig aufzufrischen. Es heult in hohen Tönen im Rigg, aber der Anker hält. An Weiterfahren ist nicht zu denken. Sollen wir durch die Meerenge zwischen Naxos und Paros schon im Morgengrauen starten, bevor uns der Meltemi erkennt? Schon am Ausgang unserer Bucht sehen wir die weißen Schaumkronen vor uns. Gegen Wind und hohe Wellen geht’s nur mit Motor. Die kurzen Wellen mag EOS gar nicht. Das Deck ist ständig überspült, die Wogen rauschen ans Heck, dass es dort aussieht wie in einer Badewanne. Meerwasser tropft durchs Deck, sammelt sich im Salon unten in der Bilge, schwappt im Seegang über den Teppich.hoch, spült in die Topffächer. Eos hüpft wie ein Pferdchen. Schon am Vormittag drehen wir ab und verziehen uns in eine Bucht. Anderntags gleiches Spiel. Kein Wunder, zwischen den hohen Bergen auf Naxos und Paros strömt der Wind wie durch eine Düse. Erst am Ausgang der Enge lässt er leicht nach. Der Hafen von Naxos Stadt ist überfüllt, also ankern wir. MICRO EOS bringt uns an Land und in die Stadt. Rüber zur Insel Paros haben wir wenigstens halben Wind. In der Bucht von Paros Stadt ankern wir, spechten aber nach einem geschützteren Platz hinter der kleinen Mole. Als ein Segler den Hafen verlässt, nehmen wir schnell seinen Platz ein. Tatsächlich frischt der Wind wieder stark auf, wir liegen aber sicher. Jetzt zahlt sich unser Zeitpolster als Rentner wieder aus. Wir mieten ein Auto und erkunden die Insel. Schmale, kurvenreiche Straßen, kleine Orte und ein Kloster hoch oben auf dem Berg. Weiß-blau gestrichen, mit weitem Blick auf Meer und Land. Es stürmt tagelang. Haben wir eigentlich nicht viel Zeit? Klar! Der Katamaran bringt uns durch gischtige See in Rasefahrt zurück nach Naxos. Auch hier steigen wir aufs Mietauto um, einem Citroen am Ende seines Autolebens. Wieder wunderbar, übers Land zu cruisen. Wir kommen raus aus der Wasserperspektive und tauchen in die Vogelperspektive ein.

Die Überfahrt nach Serifos lässt sich gut an. Aber im Tagesverlauf nimmt der Wind wieder zu und heult am Ankerplatz. So können wir unsere EOS nicht verlassen. Weiß und aufgewühlt das Meer. Am nächsten Morgen um 5 lässt der Wind etwas nach, ein einziger Segler verlässt den kleinen Hafen, wir gehen Anker auf und nehmen seinen Platz hinter der Mole ein. Helfende Hände ergreifen die Leinen, Anker brauchen wir nicht, ist eh immer Nordwind! Steil zieht sich der malerische Ort den Berg hoch bis zur Spitze. Natürlich besuchen wir ihn. Kein Auto kann die engen Gassen befahren, nur der Bus bringt einen hinauf. Esel transportieren die Lasten. Ich unternehme am ftühen Morgen eine Wanderung auf alten, historischen Pfaden. Die Natur auf einer Insel erschließt sich erst zu Fuß. Wunderbar, so hoch oben durch die Gegend zu streifen. Dann hört der Spaß auf, ich verliere den Weg, gerate in steiles Urwaldgelände und kann mich nur mit Mühe auf die andere Seite eines Tälchens vorarbeiten. Aber dann geht’s wieder herrlich weiter.

Jetzt hat der Wind seine Kraft verloren. Bei Stille motoren wir nach Kythnos, der baum-armen Insel. Wer nennt diesen kahlen Steinfelsen nur seine Heimat? Aber wie gesagt, Schönes erschließt sich erst vor Ort. Die letzte Fahrt zum Festland: Spiegelglatte See!! Es kommt dichter Nebel auf und nimmt jede Sicht.Von der winzigen Insel Georgios sehen wir nur den Gipfel. Um uns brummt es: große Schiffe sind in der Nähe, wir sehen sie aber nicht. Hoffentlich sehen sie unseren Radarreflektor. Geisterhaft taucht ein Containerschiff auf um gleich darauf wieder vom Nebel verschluckt zu werden. In Poros bleiben wir 3 Tage. Die vergangenen Windtage waren nicht ganz einfach. Wir hoffen, nach Wochen jetzt die Starkwindzone verlassen zu haben.

Bucht für Bucht richten wir den Kurs westwärts in Richtung Kanal von Korinth. Die Durchfahrt geht diesmal ganz flott. Anlegen, zahlen und mit 2 andren Schiffen fährt EOS (wie 009, aber in andrer Richtung) durch die Kanalschlucht. 3 Brücken über uns! Nach 5 Kilometern stehen wir am Westausgang des Kanals. Wir sind im Ionischen Meer. Röhrender Starkwind in der 1. Nacht am Anker. Tags plagt uns nun die Hitze: 40-43 Grad. In Patras mieten wir wieder für 2 Tage ein Auto um der Hitze in den kühlen Höhenlagen des Peloponnes zu entkommen. Daraus wird schließlich eine wunderbare Land-Woche hoch oben auf den Bergen. Eine Hotel-Nacht in Kalavrita. Schöne Orte, viel Wald, Skilifte, tiefe Schluchten, versteckte Felsen-Klöster- alles auf einsamen engen Straßen zu erreichen. Wir fühlen uns rundum wohl auch wegen der heimeligen Unterkunft in Demitsana und bei den gastfreundlichen  Griechen in Kamniza.

Krionero, Mesalongion und dann die Mündung des Acheloos. Süßwasser! MICRO EOS bringt uns einige Kilometer flußauf. Schilf rechts und links. In einer ganz einfachen Kneipe brät uns der Wirt frische Fische und serviert den guten griechischen Salat und rote Trauben. Ich reinige MICRO EOS und mich auch im Süßwasser. Süßwasser ist doch angenehmer als das kratzige salzige Wasser.

Kefalonia wird unser nächstes Ziel für ein paar Tage. Auch hier trägt uns ein Miet-Auto zwei Tage auf den Inselgipfel und kreuz und quer über die Insel. Jetzt freue ich mich auf den Ambrakischen Golf, eine fast abgeschlossene Bucht, etwa so groß wie der Bodensee. Nicht viele Segler befahren dieses abseits gelegene Gewässer. Und niemand ankert mitten auf dem See auf einer Untiefe, nur umgeben von einigen winzigen Inselchen. Der Abend wird ein Genuss. Gutes vom Heckgrill, die Abendkühle und der blutrote Sonnenuntergang. Die kleinen Wellen plätschern uns in den Schlaf.

Noch ein Fluss, der Acheron, 16° kalt. Auch ihn befahren wir mit MICRO EOS einige Kilometer aufwärts. Unberührte Natur, Libellen, Beutelmeisen-Nester. Ein Anruf am Abend: Unser 1. Enkelkind ist geboren! Große Freude! Dann entdecken wir ungebetene Gäste: kleine goldene, blitzschnelle Schaben im Schiff!- Wir nehmen den Kampf mit Sprühmittel auf und verlassen den Platz im Fluss. Das hätten wir besser nicht tun sollen. Am Ankerplatz draußen in der Bucht erwischt uns ein Gewitter gerade aus der offenen ungeschützten Seite. Bei Blitz und Donner erreicht der Wind fast Sturmstärke. Es heult im Rigg und 200 Meter hinter uns donnern die Brecher auf den Strand. Stromausfall an Land. EOS schaukelt wie wild über die Wellen von einer Seite auf die andere. Wir lassen den Motor laufen und halten uns in voller Montur in der Plicht auf. Ölzeug, Schwimmwesten, Lifebelt, Höllenlärm…Anker und Kette halten, aber die stählerne Ankerkralle  an der Kette reißt aus und ist total verbogen. Um 3 Uhr früh zieht das Unwetter ab und wir können uns auf die Kojen verziehen. Zuvor trinken wir aber noch einen Schnaps und ein Bier. Entspannen, danken.

Noch ein ruhiger Aufenthalt in einer der bei Seglern so beliebten Anker-Buchten von Sivota, dann steuern wir bei einem regenreichen Gewitter Korfu an und bringen EOS an Land. Sie steht in erster Reihe direkt am Ufer und vom Cockpit schaut man  nach Sarrande/ Albanien. Wir machen EOS winterfest. Angenehme Tage sind es noch, ausgefüllt mit etwas Arbeit.

Anfang Oktober bringt uns ein Flugzeug nach München. Nach dem Start in Korfu neigt es sich direkt über unsrer EOS in eine Kurve und bietet uns einen letzten Blick von oben auf unser Schiff, das uns schon so viele Meilen sicher über Meer und Fluss getragen hat.

 

Es folgen noch:

  • Von Korfu bis zur Rhône-Mündung
  • Auf französischen Wasserwegen ins Elsass

Rück-Blick: 1. Die Donau

 

 

 

Wehmut weil die Reise Vergangenheit ist. Freude weil wir beide sie in guter Stimmung und ohne Unfälle abschließen durften. Eine göttliche Hand hat über uns gewacht.

10 Länder hat EOS durchfahren, 2 Länder, Moldavien und die Ukraine waren uns verwehrt. Wir konnten dem Soldaten mit geschultertem Gewehr auf seinem Wachturm am ukrainischen Ufer nur vom Fluss aus zuwinken.  Sein langsames Schwenken der Hand. Welch ein trauriger Augenblick! Dann die beiden Fischer aus Moldavien in ihrem alten, kleinen Nachen, die uns Fische anboten. Freiheit, nicht überall.

Fröhlich und schnell eilt die Donau im Oberlauf. Zwischen Straubing und Deggendorf, dort, wo ihnen Wasserbauer keine Fesseln anlegen wird es ein heißer Ritt mit wenigen Zentimetern Wasser unterm Kiel, manchmal Hopser auf dem Kiesgrund. MARTINA, der Frachter aus NL, fährt vor uns und wir in seinem Kielwasser. Er hat wie wir 1,50m Tiefgang…

 

Ab dann gibt’s keinerlei Probleme mit dem Tiefgang mehr auf der Donau. Die Besenwirtschaften mit ihren Brotzeiten und dem guten Weißen waren- wenn ich zurück blicke- das Beste was wir auf der ganzen Reise zu Essen und Trinken bekommen. Einfach aber wunderbar. Ein fröhlicher Reiseabschnitt. Rainer und Günter, danke dass Ihr mich auf dem Abschnitt von Saal bis Budapest begleitet habt!

In Budapester Bahnhof Keleti löste sich Gerdi lächelnd aus der ankommenden Menschentraube. Ab jetzt sind wir beide wieder das Team. Die Donau nun schon breit und behäbig und wir mit unserer kleinen EOS dürfen sie bereisen! Mitten durch die großartige Stadt und hinaus in die Natur. Ab jetzt gibts kaum mehr Häfen. Gut so. Ankern im Strom ist viel schöner. Schlick hält den Anker exzellent, ruhige Nächte sind gesichert. Leise plätschert das Wasser an der Bordwand.

Slowakei+ Rumänien sind für uns, die wir in gut organisierten, reichen Ländern leben, arme Länder, aber die Menschen leben nicht weniger fröhlich als bei uns. Apatin, Jelen Bräu, mit den vielen Fahrrädern am Tor. Alle einfach, Torpedo-Dreigang, wie ich sie als junger Bursche gefahren habe. Die Häuser für unsere Begriffe trist und farblos. Die Menschen aber freundlich, fröhlich und hilfsbereit.

Ein Abstecher die kroatische Drau hoch nach Osijek war uns durch Missverständnisse mit dem Zoll verwehrt. Der Hafenmeister, die Zöllnerinnen und sogar das Militär halfen uns, leider erfolglos. Schließlich mussten wir beim ersten Licht des Tages wieder zurück nach Serbien „flüchten“. Unsichtbare Wände an unsichtbaren Bürotischen von misstrauischen Beamten geschaffen, schade.

Belgrad. (anclicken + lesen, Wikipedia) Wie die meisten Hauptstädte: die Zentren mächtig, das Umfeld eher dürftig. Wie bei uns sitzen die Leute in den zahlreichen Cafés. Schön herausgeputzt die jungen Mädchen. Statt in einem schnieken Hafen anzulegen, halten wir ab jetzt Ausschau nach irgendeiner passenden Anlegemöglichkeit. Ein Ponton, eine alte Schute, ein abgestelltes Schiff. Die Leute sagen dann schon, ob’s recht ist oder nicht. Man sollte allerdings immer nach Löchern im Boden oder fehlenden Stufen in Treppen Ausschau halten und beim „Gastgeber“/Ponton/vorher nach dem Preis fragen.

Der Höhepunkt: Das Eiserne Tor. Früher haben dort die Schiffer wegen der Strömung Blut geschwitzt. Flussauf mussten die Schiffe gezogen werden. Jetzt, wegen zwei mächtigen stromliefernden Staustufen, geschieht die Durchfahrt ganz relaxed. Weil wir’s doch nicht genau wissen und starker Wind aufkommt, ankern wir 3 Tage im Schutz einer Insel. Schilf, alle möglichen Vögel, 100e Kormorane, abgestorbene Bäume sind unsere Nachbarn. Danke lieber Wind: Wir rasteten in an einer paradiesischen Insel in unberührter Natur, mit wildem Gewitter….

Natürlich ist die Durchfahrt zwischen senkrechten Felswänden ein Erlebnis. Und das Schleusen in den riesigen Kammern auch. 300m lang, 40m breit. Ab jetzt darf die Donau fließen, wo sie will. Grüne und rote Bojen, oft kilometerweit entfernt, weisen die Fahrrinne.  Wir ankern meist. Fischer kommen längseits, Begegnungen mit netten Menschen. Warum wurde uns zu Hause berichtet, man dürfe nur im Pulk die untere Donau befahren und müsse sich vor dem Ankern hüten, der diebischen Leute wegen? Nichts, aber auch gar nichts stimmte.

Bukarest. 40° Hitze. Wir möchten die Stadt besuchen. In einem Seitenarm bei Giurgiu legen wir an einem der Wracks an und nehmen am anderen Tag den Kleinbus  in die Hauptstadt. Prachtstraßen, Glaspaläste weltumspannender Firmen, Hochhäuser im Zentrum. Höhepunkt das „Haus des Volkes“. Gigantisch, es sprengt alle Maße. Stein gewordener Wahnsinn eines Politikers. Wieder zurück zum Wrack. Abendessen in einem benachbarten Restaurantschiff. Der alte Kellner verdient 150 Euro im Monat. Auch wenn alles nur halb so teuer ist wie bei uns, das ist ein Hungerlohn.

Als wollte die Donau nicht zum Schwarzen Meer, wendet sie sich nach Norden. Hügel begleiten sie, Kirchtürme mit geschwungenen, blauen goldglänzenden Kuppeln, Pferdegespanne, schwere, geteerte Ruderkähne begegnen uns. Wir ankern und besuchen mit MICRO EOS ein Lipowaner-Dorf. Nur freundliche Leute, Gerdi singt mit ihnen russische Lieder. Der junge Pfarrer erzählt über die Dorfgeschichte. Wegen ihres Glaubens vom Zaren aus Russland vertrieben siedelten sie hier. Wir laden die Buben aufs Schiff ein. Sie benutzen es als Sprungbrett und ich darf ihren schweren Kahn rudern. Schöne Zigeuner-Pferde sind am Ufer angebunden. Weiße Gänse schnattern…Friede überall.

IMG_7771

Cernavoda. Im Handelshafen legen wir wieder an einem Wrack an. Vorsichtig  gehen, Löcher im Boden, Rost überall.  Plattenbauten, die Bewohner sitzen auf wackeligen Schemeln vor den Häusern. Arm, ich möchte da nicht fotografieren. Aber ein Mitarbeiter der „Werft“ fährt uns kreuz und quer in die Stadt, um  eine Dichtungsmasse fürs Deck zu finden. Überaus freundliche Menschen, aber sehr arm, wenn wir der Maßstab sind.

Braila, Galati, große Städte, sie werden von Seeschiffen angesteuert. Irgendwelche Pontons zum Anlegen. Das schaut ganz einfach aus. Auf gleicher Höhe das Ponton gegen die Strömung schräg anfahren. Klappt auch immer bis zum letzten Meter. Dann kehrt sich manchmal der Strom um und vorbei ist der Anleger. Auf ein neues in umgekehrter Richtung. Ab jetzt keine Brücke mehr. Wir können den Mast stellen. Leider steht kein kleiner Kran zur Verfügung. Es gibt keine Infrastruktur für solch kleine Boote. Schließlich stellt ein 100-Tonnen-Schwimmkran in Galati bei der Navron-Werft  ganz feinfühlig unseren Mast. 3 Leute arbeiten, 5 beobachten und geben Tipps. Jetzt begegnen wir Seeschiffen, die bis Braila die Donau hochfahren.

Ukraine: Wachtürme begleiten das Ufer. Die meisten verrostet und offensichtlich ungenutzt. Auf einem ein Soldat mit geschultertem Gewehr. Bewegungslos sieht er zu uns. Ich winke. Er winkt zurück. Was mag er denken? Sieht er in uns einen Feind? Ist er traurig, weil ihm das andere Ufer verschlossen bleibt? Reni, der große ukrainische Hafen bleibt uns verschlossen, weil kein Einklarierungshafen. Nun teilt sich die Donau. Der linke, Chilia-Arm würde uns in die Ukraine führen. Die politische Situation veranlasst uns aber, den Sulina-Arm zu befahren. Ihn nutzen auch die Frachtschiffe.

Wir sind im Donau-Delta. Auf beiden Seiten Urwald. Tulcea, die quirlige Stadt am großen Donaubogen.Delta-Touristik wird angeboten. EOS schaukelt in der „Marina“, Marina ist übertrieben. Wir liegen an einem alten Ponton. Die vorbeifahrenden Schiffe lassen EOS arg schaukeln. Vom Hügel nebenan bietet sich ein weiter Blick aufs Delta. Bäume, Wasser, und ganz im Hintergrund das Schwarze Meer. Noch einmal teilt sich die Donau. Der Svântu-Gheorghe-Arm ließe uns aber wegen einer Sandbarre nicht ins Schwarze Meer. So fahren wir weiter auf dem künstlichen, eingedeichten, geraden Sulina-Arm. Bei Crisan zweigt die Alte Donau ab.

Wir folgen ihr bis „Mila 23“. Der Einfachheit halber hat man Orte mit der km-Entfernung zum Meer gekennzeichnet. Wie üblich, Leinen fest wo es geht und niemand etwas dagegen hat. Winzige, blau gestrichene Holz-Häuser -und immer mit Gärten davor- säumen das Ufer. Storchennester auf jeder Laterne. Gemüse kaufen wir von einer Bäuerin über den Zaun. Der russisch-orthodoxe Gottesdienst in der kleinen Kirche nimmt kein Ende.  Besucherzahl. Fünf mit uns. MICRO-EOS, unser Schlauchboot, trägt uns auf einen der vielen Seen mit glasklarem Wasser und Seerosen. Wunderbar, sich treiben zu lassen und zu beobachten, welche Vielfalt an Fauna und Flora in diesem Reich unter der Wasseroberfläche und knapp darüber zu sehen ist. Reiher, Kranich, Enten, und andere Wasservögel halten sich auf Distanz. In Crisan essen wir vorzüglich Fischsuppe und Fischspezialitäten und buchen mit zwei Rumänen (Hermannstadt)  einen Ausflug nach Lethea, einem kleinem Lipowaner-Dorf.

img_8049

Mit höchster Geschwindigkeit und übler Lautstärke rast der Kahn durch die engen Kanäle. Vögel fliegen weit vor uns auf. Das Schilf wiegt sich kräftig in der Bugwelle. Diese Art der Besichtigung passt ganz und gar nicht zu dieser ruhigen, friedlichen Landschaft. Das Dorf versteckt sich zwischen dem Schilf. Diese, aus russischen Gebieten vertriebenen altläubigen, orthodoxen Christen fanden in diesem unwegsamen Gebiet ihren Frieden und leben heute noch ohne Technik und Fernseher, ohne Waschmaschine oder Elektroherd. Man kocht und räuchert im Freien, mit Holz….

Der Wind bläst sehr kräftig aus Osten. Ein- und Ausfahrt in den Donaustrom sind geschlossen. Seeschiffe ankern im Fluss. Wir verziehen uns zwischen Schilf und lassen den Wind über uns heulen. Fischer holen ihren Fang ein und schenken uns drei Hechte. Das Wasser ist klar und badewarm. Auch dieser Starkwind legt sich und wir brechen nach Sulina auf. Den dicht belegten Kai müssen wir plötzlich nach einem Tag wechseln, weil ein Seeschiff zum Einklarieren anlegt. Sulina, die Stadt am Ende der Donau, keine Straße führt dort hin. Die Promenade säumen schöne Häuser. Dahinter zeigt sich bittere Armut, ein verkommenes Altenheim…Nach der dritten Straße nur noch Schilf. Der Kahn hinter uns ist mit Melonen voll beladen. Die beiden Männer verkaufen direkt vom Schiff und schlafen auf den Früchten. Am Morgen ist alles verkauft. Auch hier überprüft ein wohl uniformierter Beamte unsere Papiere. Fast wie eine Zeremonie. Mit einer Verbeugung lädt er mich ein, Platz zu nehmen. Würdevoll lächelnd bereitet er ein Formblatt vor und ruft die passende Seite auf dem Bildschirm auf. Das dauert und ich bin fasziniert. Schließlich setzt er einen Stempel und seine Unterschrift unter die Papiere. Auch ich bereite unseren EOS-Schiffsstempel vor und ziere die Papiere ebenso. Mit einem Handschlag überreicht er mir die Unterlagen. Ein Erlebnis der besonderen, einfachen Art. Auch Beamtenstuben haben etwas zu bieten. Am Ufer steht  die Kilometerzahl „0“. Im Laufe der Zeit hat sich die Donau aber immer weiter ins Schwarze Meer vorgeschoben. Diese letzten Seemeilen nehmen wir am 8. September 2014 ganz früh am Morgen unter den Kiel. Als roter Ball steigt die Sonne hoch. Kurz vor der Mündung zeigt sich beim Leuchtturm unser erster und einziger Pelikan. Und dann: Das Wasser beginnt zu pulsieren! Die Meeresdünung erreicht uns. Wir haben das Schwarzen Meer nach 2500 km und 80 Tagen erreicht. Brandung, Seegang, Salzwasser, Meer.- und 3 Delphine!

img_8197

img_8191

aaah-mal-wir-2-im-bild-1024x683

 

„Ich blicke zurück“. Es folgen noch:

  • Vom Schwarzen Meer nach Korfu
  • Von Korfu zur Rhônemündung
  • Von der Rhônemündung zum Bodensee

124 Eos fliegt – am Kran

Gerdi am 24. Okt.2016

Unser letzter Tag am Schiff. Noch einmal sich waschen mit der kleinen Schüssel, noch einmal den Petroleumkocher rauschen  hören beim Kaffeekochen, noch einmal Frühstück am Salontisch-heute am Geburtstag mit Kerze und Aquarell (EOS im Fluß mit Graureiher:-) Ich male immer am Ende eines Törns ein Bild…

Noch ist es dunkel, der Regen hat nachgelassen, unser nasses Ölzeug hängt in der Kajüte… Um 7 ruft der Transporteur an, er steht vorm Tor… Ölzeug an, Rucksäcke raus, … Dann kommt der Kran, ein fachkundiger Syrer ist bei den Fachleuten dabei…. Und schon bald schwebt die EOS aus dem Fluß, am Kiel tropfen Wassertränen, als würde sie weinen….

und-schwebt

eos-am-kran24-10-9

eos-am-kran24-10-8
Skipper Gerhard noch 1x an Bord

2016-10-24-1eos-am-kran24-10-1eos-am-kran24-10-11eos-am-kran24-10-12

eos-am-kran24-10-13
Fast dramatisch der Himmel… bald geht die Sonne auf, es regnet….

eos-am-kran24-10-2

eos-am-kran24-10-6
Bootstransporte Wurst, Konstanz, ein 1-Mann-Betrieb+ Gattin

Als sie auf den Sattelschlepper gesenkt wird, kann man die Schäden am „gerupften“ Kiel betrachten. Die Kanäle hatten 1,80 m , aber die Felsen im teilweise flacheren Doubs haben ihn arg geschrammt, das Geräusch vergesse ich nie mehr… Kann repariert werden! Der Rumpf hat kaum Bewuchs! Die Meeresmuscheln sind wohl im Süßwasser abgestorben und abgefallen in der Rhône.

eos-am-kran24-10-4eos-am-kran24-10-5

eos-am-kran24-10-7
aalglatt der Rumpf

Eos wird fest verzurrt, wir bezahlen den Kran, ein Taxi bringt uns zum Bahnhof in Mulhouse, die Rucksäcke haben ihre bunte Regenhaut übergestreift bekommen… Wer schafft es schneller nach Friedrichshafen? Der LKW mit Start um 10.30 oder wir mit dem Zug ab 11.19 Uhr via Basel und Badischer Bahnhof?

Ich nehm in FN den Bus um 14.57 nach Eriskirch-Schlatt, Gh. erwischt den Zug zum Hafenbahnhof. Und als er dort ankommt, schwimmt unsere EOS schon im Bodensee!!! Der Motor springt zäh an, Gh. kann sie aber die paar Meter zum Steg fahren. Ich kaufe beim Heimlaufen eine erste schwäbische Breze für Gh und Obstkuchen zum Kaffee. Der Neubau der Schulerweiterung ist wirklich schön geworden, die Mensa luftig und hell. Alles aus Glas zum Innenhof (mit jetzt rotem Ahornbaum) und freiem Blick auf den Fußballplatz.Gemütlich ist es daheim, R., die liebe Haushüterin,  hat die Heizung aufgedreht. Ich hole meine Pflanzen vom Treppenhausgeländer, lüfte alle Zimmer, packe die 2 Rucksäcke aus, packe  neu für die Zugreise nach Augsburg, lege die Rumbakugeln für E. bereit… Etwas wehmütig ist mir ums Herz… 6 Jahre auf dem Boot, zuletzt 3 Jahre von Regensburg ins Schwarze Meer, die Ägäis.. . Italien…. Messina… und alles bis Frankreich und heim…. fast 18000 km! Gh. läuft die 4 km heim, er schnuppert Riedwiesen, sieht die Berge, die Kirchen… Ich erwecke das Notebook am Schreibtisch mit festem Internet zum Leben und merke, daß die PC-Mouse am Schiff blieb. Dann lese ich einige Tageszeitungen querbeet, die seit 7. Okt. schon kamen! Peu à peu heimkommen… Anrufe erledigen, den Enkel anschaun, so nett… Nach 6 Jahren Törn mit fast 18000 km auf dem Meer und Fluß ist das normale Leben noch nicht Routine… Es gibt Spaghetti mit griechischem Olivenöl und Parmigiano aus Sizilien. Ein Glas Sekt zum Anstoßen auf den Geburtstag. Ich kann nicht schlafen… das Schaukeln fehlt mir, es ist ungewohnt warm nach den kalten Tagen zuletzt am Boot. Ich sprech ein Dankgebet… alles ging gut… _Der Regen trommelt seit Stunden auf die Dachflächenfenster… aber es läuft nicht mehr durchs Deck 🙂  Jetlag. Ein wenig Heimweh… Das vergeht. Wie die Sommerzeit, die nun gar nicht mehr passt!!

123 Reeegen, Batterie streikt, letzte km am Fluß

Gerdi schreibt am 23.Okt.2016 um 17 Uhr in Mulhouse

Es regnet ohne Unterlaß… Wir beide im Ölzeug. Gerhard zahlt die Hafengebühr, holt noch die Stromkabelrolle rein… Alles ist vorbereitet, als ich um 13.20 Uhr vorschlage: „Starte  doch sicherheitshalber mal den Motor, damit wir auch pünktlich um 2 an der Schleuse Nr. 41 sind…“…. Und da macht der Motor 1 kurzen müden Mucks, aber er springt nicht an. Nochmal, und nun KEINEN Muckser…
Gerhard versucht mit allen Finessen eines ehem. Elektroingenieurs nun die 2. Batterie (Bordstrom) an den Motor anzuschließen. Ohne Erfolg. Beide Bosch-Batterien zeigen gute Spannung, aber sie liefern leider nicht die erforderliche Leistung zum Motorstart. Unser erst 150 Stunden „alter“( neuer) VOLVO bleibt stumm. Wir sagen dem Schleusenmann Bescheid. Wir können nicht … nicht jetzt! „Jaja, schon gut…“ Ich versinke im Gebet: „Lieber Gott, noch einmal bitte ich dich um ein kleines Wunder. Nur du kannst uns helfen…!“
Im Hafen Mittagsruhe, Stille, alles schläft. Gh läuft am Ponton zu dem (nur französisch sprechenden einzigen) Segler, klopft ans Kajütdach. Er kommt raus, er versteht, er baut seine eigne Schiffsbsatterie aus,  er schleppt die Batterie zur EOS, der Hafenmeister bringt ein Starterkabel, Gh. verbindet die fremde mit unsrer Batterie… und dann kommt der große Moment: „Starte mal den Motor!“ Ein braver Rumpler und der Volvo tuckert los…. Jetzt nur nicht absterben lassen. Großes Dankeschön an die 2 nassen Helfer am Steg. „Adieu. Gute Reise. Au revoir…“Handküßchen fliegen hin und her. 2 Tafeln Schokolade als Dank folgen, schon haben sie die Leinen gelöst… Kurzer Anruf bei der Schleuse: „Hier EOS. Wir kommen!!“ Und dann fahre ich die EOS rückwärts aus der letzten Parklücke eines Hafens in diesen 3 Jahren Törn… Unter 2 Brücken durch, schon sehe ich das rote Licht, innen blinkt schon das weiß-orangene Vorbereitungssignal der Schleuse, und dann GRÜN, die Kammer war schon vorbereitet und ist voll Wasser, ich kann gleich hineinfahren. Ein letztes Mal die Leinen oben an den Pollern rumlegen, das Schleusentor schließt, wir halten die EOS an den Vor- und Heckleinen locker, der Motor läuft weiter… Im strömenden Regen wechseln wir uns an der Pinne ab bei den ca. 3 km zum Kai „Napoleon“… Fest machen, Fender verteilen, Stromkabel raus, Heizlüfter an… ( Ich hab Eisfüße, die Ölhose Jg. 2009 ist am Po undicht, die Jeans, die Öljacke ist pitschnass)… Dann baumelt bald alles an Kleiderbügeln und gespannten Schnüren im Salon. Ich koche heißen Earlgrey-Tee, stell Rum, Blumen, Baguette , Butter und 2 Croissants auf den Tisch und außer dem aufs Dach trommelnden Regen ist alles fast normal…
Sehr viel Dankbarkeit durchströmt mich warm… „Ja, mit Gottes Hilfe“ und nur nie verzweifeln oder die Nerven verlieren. Vertrauen. Auf Gott. Auf Gerhard. Auf die Mitmenschen.
Zum letzten Abendessen am Schiff koche ich eine feine Tomaten-Paprika-Soße und es gibt, was selten genug war, Spaghetti:  mit Parmesan aus Sizilien (gekauft bei den netten Sizilianern in Dôle). Unter meinen Füßen liegt die Wärmflasche, seit ich Kind war die beste Methode, wieder warm zu werden. Noch eine Nacht im Schiff… aufstehn um 6. EOS verladen…. Im Taxi zum Bahnhof Mulhouse, mit dem Zug via Basel nach FN. Das Auto holen wir am Donnerstag, Mittwoch besuchen wir unser Enkelkind in Augsburg!!! 🙂

Danke an Euch Leser unsres Blogs. Danke für Eure Treue. Es war unser 6. Jahr mit Blogschreiben, mir hat die tägliche „Hausaufgabe“ am Computer gefallen…

Hier Gerhards Flickr-Album: Klick

www.flickr.com/photos/gerhards/albums/72157674371415560