Wir verlassen unsere EOS

Media_httpfarm3static_jlwlj

Wir verlassen die EOS, bis nächstes Jahr
Media_httpgerhardspen_lwbod

EOS ist gut versorgt: Unterwasserschiff gestrahlt, Segel entfernt, innen sauber gereinigt von Gerdi, die Bordwand ebenfalls gereinigt und gewachst, den Motor eingewintert, das ganze Schiff mit einer Persenning abgedeckt, alle Schaps geöffnet und die Kleidung locker im Schiff aufgehängt. Dann bleibt nur noch, uns von den Nachbarn zu verabschieden, noch einmal zu schlafen und um 5:30 Uhr am nächsten Morgen auf das Taxi zur Schnellfähre zu warten. Wir tragen die Leiter vom Schiff und damit ist die Nabelschnur zwischen uns und unserer EOS getrennt.Das Tragflügelboot fährt uns im beginnenden Morgen nach Piräus, vorbei an Buchten und Häfen, die wir Tage vorher auf eigenem Kiel befahren hatten. Wehmütig ist uns schon zumute. Noch ein längerer Aufenthalt auf dem Athener Flughafen und dann düst das Flugzeug bei wenig Sicht München zu. Wir können wieder deutsch reden, verstehen Hinweise und Werbung und genießen ein erstes Dunkles mit Brezen. Das ist gut! Das griechische Mythos ( unsere Lieblingsbiermarke) war ja auch nicht schlecht. Eine etwas unbequeme Bahnfahrt im vollen Zug nach Eriskirch ,ein kurzer Fußmarsch und wir sind zu Hause, kurz vor Mitternacht. Anderntags kommen Erika, Joachim und Martin. Wir alle sind gesund und froh. Die Reise hat ihr glückliches Ende gefunden.Eos steht in guter Gesellschaft anderer Schiffe in Griechenland. Wir erbitten uns von unserem Herrgott Gesundheit und ausreichend Kraft für eine weitere Reise. Wie werden wir die EOS im nächsten Mai vorfinden? Holen wir sie nächstes Jahr zurück, über die Adria oder über die französischen Flüsse? Legen wir noch mal eine mehrmonatige Reise in griechischen und albanischen Gewässern ein? Unser Entschluss steht noch nicht fest. …………………Hier sind die letzten Bilder:

Ende einer Reise

Seit vorgestern steht EOS an Land, kein Schaukeln, kein Ausrichten nach dem Wind vor Anker mehr. Abschlussarbeiten stehen noch an, Motor konservieren, Außenholz streichen, Bordwand polieren und wachsen, Innenbereich reinigen und, und.

Media_httpfarm3static_gpasf

EOS verlässt ihr Element
Eine sehr schöne Zeit geht zu Ende. Wir hatten keine Eile, bei 6 Monaten spielt die Zeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Gerade das Zeitlose war ein wertvolles Geschenk. Es nimmt den Druck aus einer Reise. Wir richteten uns nach dem Wetter und unseren Eindrücken. Drohte starker Wind, blieben wir wo wir waren, fanden wir eine Stadt oder eine Ankerbucht besonders schön, dann blieben wir auch.Die Fahrt begann mit der Fluss- und Kanalfahrt auf dem Rhein-Rhône Kanal. Max und Jörg waren gute Begleiter. Wir haben viel gelacht und nur einen einzigen Regentag erlebt. Eine Flussfahrt ist eine angenehme Angelegenheit. Die Natur am Ufer ist nah, Wind und Wellen sorgen uns nicht und die Liegeplätze sind ruhig. Ab und zu bietet sich ein Schwätzchen mit Leuten am Ufer an. Die Häfen sind preiswert. Nachteil: Man muß ständig steuern und kann das Schiff nicht dem Autopiloten überlassen.Nach 2 1/2 Wochen und 130 Schleusen waren wir bei Port St. Louis im Mittelmeer. Ab hier, nachdem der Mast gesetzt war, wurde die EOS wieder ein „richtiges“ Segelschiff. 15 Tage etwa tingelten wir die französische Küste ostwärts bis kurz vor Nizza. Jetzt wechselte die Mannschaft. Max und Jörg nahmen den Flieger zurück und Gerdi flog ein. Korsika, Sardinien und Sizilien, Abstecher nach Elba und die Äolischen Inseln waren unsere nächsten Ziele. Die nächtlichen Überfahrten gelangen problemlos, der Wind war schwach oder meist mäßig. Die Straße von Messina zwischen Sizilien und Calabrien durchfuhren wir mit Strom im Eiltempo. Die Südküste Italiens fanden wir überraschend schön. Nach der nächtlichen Überfahrt durch den Golf von Taranto hielt uns Starkwind 8 am italienischen Sporn in Santa Maria de Leuca einige Tage fest. Trotzdem wurde die Fahrt über die Adria eine windige Angelegenheit und noch am gleichen Tag zogen wir die griechische Flagge hoch und ankerten vor der Insel Erikousa in Sichtweite von Korfu. Die Ionischen Inseln kennen wir von früheren Reisen mit unsrer „Marion“ und den Kindern. Sie gefallen uns sehr gut, dennoch durchfuhren wir sie im Eiltempo.Ab Zakynthos, der südlichsten Insel dieser Gruppe begleitete uns Tochter Erika 9 Tage lang. Schon im Golf von Korinth hemmte uns heftiger Gegenwind, der Saronische Golf meinte es noch mal gut mit uns, aber dann zeigte uns Rasmus, was er zu bieten hat. Die Fahrt von Kithnos nach Kea gegen Wind und Wellen war das Unangenehmste der gesamten Reise. EOS war mehr unter als über Wasser und zum ersten und einzigen Mal trat die Bilgenpumpe in Aktion. Die Rückfahrt nach Piräus wurde uns mit starkem und halbem Wind gestattet. Pfeilschnell war Eos über dem offenem Gewässer und eilte dem Ziel entgegen Hier ging Erika von Bord und flog zurück. In diesen 1 ½ Wochen hat sie vieles erlebt, was die Ägäis bieten kann. Schöne Buchten und Dörfer, Flauten und starke Winde. Sie hat sich gut gehalten und war immer eine hilfreiche und kompetente Hand.Von Piräus aus querten wir die Ägäis, fuhren die türkische Küste gegen den Wind nordwärts, Kusadasi, Cesme, Ayvalik, bis zur griechischen Insel Lesvos. Von Sigri querten wir die Ägäis wieder windreich westwärts und nahmen von den schönen bewaldeten kleinen Sporaden südlichen Kurs Süd zwischen der großen waldreichen Insel Euböa und dem griechischen Festland durch bis in den Saronischen Golf.Die Ägäis hat uns mit andauernden Starkwinden überrascht. Wir segelten nur mit kleinem Vorsegel und fast immer mit maximal gerefftem Großsegel. Erst im späten September, als der Meltimi an Kraft verlor, war der Wind mit uns und in angenehmer Stärke. Einen Vorteil hat der Meltimi: Er bläst immer aus nördlichen Richtungen, es scheint die Sonne und man kann bedenkenlos in Buchten ankern, die nach Süden hin ungeschützt sind. Allerdings ist Vertrauen zum Anker notwendig. Der Wind entwickelt auch nachts erhebliche Kräfte.Die südlichen Ägäischen Inseln strahlen eine karge Schönheit aus. Wenig Bäume, viel Gestrüpp, dazwischen weiße Dörfer. Kein Vogel lässt sich in den Buchten hören. Die nördlicheren Inseln, Lesvos, die kleinen Sporaden, das nördliche Euböa und die Inseln im Saronischen Golf sind bewaldet. In den Buchten riecht es nach Harz und Vögel zwitschern und Grillen zirpen.Wo wir auch waren, die Leute sind uns freundlich und hilfsbereit begegnet. In den Häfen muß man manchmal 6 bis 8 Euro pro Nacht bezahlen. Marinas sind insbesondere in Sizilien teuer (40 Euro). Den Vogel schießt Olympic Marina bei Lavrion ab mit über 50 Euro für unser 10m-Schiffchen ab. Dafür darf man im Schatten von Megajachten liegen. Ähnliches bietet die Marina in Palermo auf Sizilien.Noch einige Zahlen:05. Mai bis 23. Mai:
Fluss- und Kanalfahrt,
460 Seemeilen (850 km) 130Schleusen25. Mai bis 03. Juni:

Auf dem Meer mit Max
200 Seemeilenund Jörg04. Juni bis 23. Oktober: Reise mit Gerdi von Nizza ab 2802 Seemeilen(fast alles unter Segeln)Insgesamt 3462 Seemeilen (6412 km)

Media_httpfarm3static_scyji

Die Reise vom Start bis zum Winterlager
Lebensraum für 6 Monate7 qm pro Person:Fühlen Sie sich zu zweien in einer Wohnung mit 14qm – Balkon inbegriffen – wohl? Nein?Unsere EOS bietet nicht mehr Fläche. Der „Salon“, unser Wohnzimmer mit Kochnische, misst 2,5 x 2,5 Meter. Die „Plicht“, unser Balkon, misst noch weniger. Die Leistung der Reise liegt nicht darin, ein Ziel zu erreichen, sondern sich auf dem Schiff wohl und geborgen zu fühlen. Es erstaunt, es gefällt mir auf dieser kleinen Fläche. Sind Gerdi und ich verschiedener Meinung, bleibt nur das Vorschiff für eine zeitweise Trennung. Man muß sich gut verstehen, um unter diesen Umständen auf Dauer Freude zu empfinden. Ich bin Gerdi sehr dankbar, dass sie das mit mir aushält und bereit ist, noch einmal im nächsten Jahr zu starten. Mit Freude!Eine Fläche dieser geringen Größe hat einen Vorteil: Man kann nicht viel mitnehmen und was man nicht dabei hat, macht auch keine Arbeit. Kein Garten, kein Keller, keine Kleiderschränke. Als Ersatz ringsum Natur. Sie bedarf keiner Arbeit, macht aber viel Freude. Die Küche ist klein, Gerdi kocht gern und zaubert mit einfachen Mitteln Gutes für den Magen, ab und zu sprüht der Grill am Heck Funken. Wir essen zu Abend bei Petroleumlicht in der Plicht und sehen dabei über Land und Meer, – über uns das Firmament, diamantenklar. Wir schlafen gut bei säuselndem Wind und unruhig, wenn der Wind das Schiff zum Erzittern bringt und am Anker zerrt. An Kleidern braucht man nichts oder sehr wenig. Die Sonne sorgt für backhendl-artige Bräune. Wir lernen viele Leute kennen, die auch per Segelschiff unterwegs sind. Die Chartersegler, die von Ort zu Ort eilen, die Langzeitsegler wie wir, die tagelang an einem Ort verweilen können, und die Segelprofis, die über Ozeane, um die Welt oder die Donau herunter fahren. Die EOS ist eines der kleinsten Schiffe in dieser Gegend.Wir waren auf dieser Reise sehr glücklich gerade mit dem wenigen an Ausrüstung, aber mit uns beiden. Der Herrgott hat seine schützende Hand über uns und unser Schiff gehalten, wir waren immer geborgen, hatten kein längeres Gezänke, keine unüberwindbaren Technikprobleme, gerieten nie in echte Stürme und hatten bis auf Gerdis Sturz keine Unfälle und keinerlei Krankheiten. Vielleicht lag das auch an den Menschen zu Hause, die in Gedanken und auch mit Gebeten bei uns waren. Dafür sind wir dankbar.Hier die Bilder:

Im Regen an Land

Um 5 früh prasselt lärmend ein gewaltiger Wolkenbruch über uns hernieder, Blitz und Donnerschläge. In Bächen gurgelt das Wasser aufs Deck, es trommelt auf die Plane. Um 8 hagelt es schussergroße Eiskugeln. Der Shipyard ist im Nu ein lehmbrauner großer See, alle Schiffe stehen im 20 cm tiefen Wasser, der Wind kräuselt Wellen darauf. Alles ist eine riesige Wasserfläche, die Leitern versinken in der Brühe, unpassierbar die Wege zum WC. Manche Yacht ist unterspült unter ihren Holzbalken unter dem Stahlgerüst. Ein landwirtschaftliches Anwesen ergoss seine ganze Erde unter der Trennmauer hindurch in den Shipyard, es gibt fließende Flüsse, die sich in Kurven zwischen den Yachten ausbreiten. Weicher Schlamm. Stromausfall. Sirenen. Regen.

Media_httpgerhardspen_oscrl

Kilada, Winterlager. Opa kann sich an keinen so starken Regen erinnern
Erst um 2 läuft das viele Wasser ab, mit Gummistiefeln kann man den entstehenden Mäanderpfad begehen zwischen den Riesenpfützen.Wir aber machen es uns leidlich gemütlich und beenden den Törn. Dankbar, erholt, voller Vorfreude den 2. Teil auf 2010 im Mai. Daheim werden uns zwei Tage nach unsrer Rückkehr alle drei Kinder besuchen, in Eriskirch! Sie freuen sich auf uns. Und wir auch. Es wird Käsefondue geben. Und heiße Maroni. Und Muskatellertrauben.Und alle werden viel erzählen. Von 6 Monaten und 6500 km Reise auf dem Mittelmeer durch 6 Länder und zu unzähligen Inseln, durch Sonne und Wind.Von einer aufregenden Zeit auf See. Von einer erfüllten Epoche unseres Lebens, unserer Ehe! Wir fühlten uns nie einsam und spürten die begleitenden Fürbitten der Freunde daheim.Und am Sonntag wird es im Gottesdienst Gelegenheit zum Dankgebet geben.Denn unser Herz ist voll des Dankes für dieses wundervolle Erlebnis.

Ein wenig Trauer ist schon dabei

Wir schlafen wunderbar bei offnen Luken. Aber ja, ein wenig Trauer ist schon dabei, als wir zum letzten Mal im Meer schwimmen und um 7 frühstücken. Die Eos schaukelt uns sanft. Glitzernde Wellen. Manche Segler segeln raus.Ab 8 sind wir bereit – das Handfunkgerät bleibt eingeschaltet auf Kanal 8, die spanische Mascarell wird aufgerufen, die Geja Mare, die Manfred von der Ostsee um ganz Europa segelte, der Sturmvogel – und um 11 Uhr: „Kalimera, EOS, EOS, you can come now. It’s your turn!“Gerhard steht am Buganker, ich will ins Cockpit zum Schalthebel und den Motor starten und rums! – da ramme ich mein Schienbein an den Travellerbalken der Großschot. Bis wir am Kran sind, ist es ein dicker Bluterguß. Ein Souvenir besonderer Art.In nur 10 Minuten hängt die EOS in 2 dicken Schlaufen und schwebt aus dem Meer. Kiel und Ruder tropfen, als würde sie weinen. Nun ist Land unterm Kiel. Der Skipper befühlt ihre Wunde dort unten vorm Kiel. In der Rhône stieß sie sich im Mai amUnterwasservorsprung: eine Kuhle von 10×2 cm. Das wird eine fachmännische Gfk-Reparatur.Die EOS wird auf ein massives blaues Stahlgerüst gestellt, zu ihrem Winterparkplatz gefahren und gleich mit starkem Wasserstrahl aus dem Hochdruckreiniger am Unterwasserschiff abgestrahlt. Gerhard kratzt mit dem Spachtel die steinharten, winzigen Kalkmuscheln ab.Um 16 Uhr Erikas Rückmeldung von der Bewerbung :

SMS: „Bin dann mal für 5 Monate in Hamburg!!!“

Sie flog hin, kam, sah und siegte: Praxis-Semester in der Weltstadt am Meer. Wie schön! Ganz ohne „Vitamin B“ – Persönlichkeit und Charme, gute Zeugnisse, auch von jahrelanger Gastronomie-Praxis, hübsche Erscheinung, Gewandtheit, Witz und süddeutsche direkte Art?Für uns beginnt das Landleben am Shipyard. Eine 4 m hohe Leiter lehnt fast senkrecht am Heck. Rumpf neben Rumpf die Boote, kein Clo mehr an Bord, Strom und Wasser aus Kabel und Schlauch, Spülwasser in einem Kanister sammeln und wegschleppen, nur 2 WC’s und 2 Duschen 400 m weiter. Wir werden uns auch an dieses Campingleben gewöhnen für 6 Tage.Gerhard deckt die EOS vorsorglich schon heute mit der grünen großen Plane ab. Herbstlich wird es! Düstere Wolken bedecken den Himmel. Kein Stern mehr. Ich verpacke heimlich das Geburtstagsgeschenk, 20 goldenen Ferrero-Pralinen, und decke einen Geburtstagstisch mit Fotokarte und Brief und Kerze.Doch es kommt noch was dazwischen: Nachts um 2 fängt der angekündigte große Regen an. Und zwischen 3 und 4 braust ein kräftiger Wind über uns hinweg, hohes Pfeifen in den Stahlwanten erfüllt die Luft. Ob das ein Abschiedsgruß vom Windgott Rasmus ist?

Media_httpgerhardspen_precs

Geburtstagsfladenbrot
Geburtstagsfrühstück mit Rührei und Kerzenschein. Es reeeeeegnet.Gerhard schmirgelt unter der Plane den erst in Syros aufgebrachten Klarlack auf dem Mahagony-Kajütaufbau ab. Eine staubige Arbeit! Ich verpacke Nudeln, Reis und Linsen mäuse- und mottensicher in Plastikdosen. Mit dem Schirm laufe ich ins Dorf. 600 g grüne Bohnen als Geburtstagsmahl. Trauben. ½ Huhn vom Metzger. Käse, Bacon, Tomaten, Origano, Nescafé – man lacht herzlich, als ich mir den Rucksack umschnalle, aus dem die Gurke spitzt und ich reime: „Anguri-Gaithuri! (griechisch für “Gurke-Esel“) und mit I-A Rufen antrabe.Am Abend laufen wir, bei den Zigeunern am Feuer vorbei, ins Dorf, lesen die lieben Geburtstagsmails im kleinen Internet Café und speisen in der gut besuchten Taverne Lende Timberlain, mit Senf-Estragon-Soße und „Stroganoff“ – für je 7 €. Die Damen in kniehohen Stiefeln, sehr elegant gekleidet mit Wollkostüm, Lederjacke, schwarzem Kleid, Schmuck, üppig frisiert, die Herren im Anzug oder feinem Hemd mit Sacco. Man geht zum Essen aus.Wie im Tessin.

Letzter Tag auf dem Meer.

Stille wundervolle Nacht. Sonnenmorgen. Joachim freute sich sehr über den gefüllten Geburtstagsbrief aus Piräus, mit dem süßen Sesamriegel. 28 Jahre ist er heute.Bei der Hafenpolizei erledigen wir den Papierkram fürs Winterlager. Dann ist Großputz vor Anker angesagt. Gerhard macht den Ölwechsel, nimmt die weißen Segel runter. Leer der tapfere Mast. Ich bringe alle Bodenbretter vom Salon raus ins Cockpit und schrubbe den aufgeklebten Teppichboden mit Neutralseife gründlich ab. Im Schiff reinige ich alle weißen Decken, der Petroleumkocher ist die Ursache des Grauschleiers. Alle Ritzen und Rillen findet mein Schwamm, Sonne und Wind trocknen alles. Die Ledersofas werden gesalbt. Gerhard baut die Solarzelle ab und bindet sie neu am Mast fest, damit die Decksplane Platz hat.

Luft: 14??C, Wasser: 22??C

Nach stark schaukeliger Nacht durch den Schwell von draußen freuen wir uns am Baden im Meer. 22° hat es noch, die Luft nur 14°C. Erikas SMS: „Es ist hundskalt.“ Wir empfinden den Morgen als Gnade.

Media_httpgerhardspen_hxxbs

Wunderbarer letzter Segeltag
Mit beiden Segeln und ohne Reff segeln wir raus aufs blaue Meer. Ich sonne mich auf backbord am Teakdeck. Um 17 Uhr schlage ich vor, eine Segelpause einzulegen – wer weiß, ob es vor Törn-Ende noch mal solch eine traumhafte warme Pause gibt. Schwimmen. Herrlich.Abends segeln wir mit Ziel Kylada zum Winter-Liegeplatz. Mal anschauen. Die neue Heimat für unsre EOS. Ob sie es „spürt“?Unter Segeln biegen wir ein in die Bucht vor Kylada: wirklich eine Oase zwischen Bergen und Hügeln gelegen. Eine nur 1-4 m tiefe Bucht, kaum Wellen, viele Segelyachten schwojen vor ihren Ankern. Ein Bild tiefen Friedens.Kein schönerer Ort fällt mir ein für das „Verharren“ unsrer EOS! Die Kaiken-Werft, der Duft nach Holz, große entrindete Baumstämme, Teak, Pinien, der Mastenwald schöner Schiffe an Land. Ein kleiner Ort ohne Hotel und Hochhaus, kleine Fischerboote, ein paar Tavernen, Tatis Sweet Café mit WiFi, ein Tante-Emma-Laden, Anglerbedarf.Die Eos wird nicht allein sein am shipyard, viele Segler leben im Winter hier an Bord! Im Büro professionelle Planung und Ordnung. Fließendes Englisch, sehr freundlich und kompetent.Wir erfahren, dass man ein großes Regen-Tief mit Unwettern fürs Wochenende erwartet. Evtl. kann der Travellerkran am Montag nicht eingesetzt werden. Es wird eng. Am Donnerstag geht unser Flug. Wir paddeln zurück zur EOS. Denken nach. Dann entschließen wir uns, sie lieber gleich morgen am Freitag raushieven zu lassen. Also kein Weitersegeln nach Nauplia. Stop und Ende des Segeltörns hier.

Stille Nacht ohne Wind

Stille Nacht ohne Wind. Gerhard joggt. Ich fotografiere um 7 halb in der Nacht den tiefroten Morgenhimmel vor Sonnenaufgang. Noch vor dem Frühstück wandern wir flott hoch zu der orthodoxen Kirche und der Windmühle und genießen die Panorama-Aussicht über die weite Bucht. Wie ein Fjord.Um 11 segeln wir raus und gleich muß Gerhard wieder das Großsegel einreffen. 3-4 bft., das ist hier viel mehr als am Bodensee! Herrliches Segeln, die Eos läuft gerefft fast ohne Ruderführung. Hellblau schlichten sich die Hügelketten hintereinander wie eine moderne Multimedia-Installation! Zauberhaft öffnet sich vor uns die flache Ankerbucht vor Porto Cheli. Da soll unter Wasser eine versunkene Stadt schlummern. Viele Dauerlieger ankern hier winters frei an je 2 eigenen Ankern. Windgeschützt und kostenlos.Wir ziehen die Einsamkeit vor und ankern in einer kleinen bewaldeten Bucht hinter einem Felsenriff. Nur 3 Fischer besuchen uns. Sonnen. Baden. Abends brate ich ein halbes Huhn auf französische Art mit Paprikagemüse und Reis. Skippers Kommentar: „Mei, geht’s uns guat!“Erste wehmütige Gefühle in Herz und Seele. Ein un-gewöhnliches Halbjahr in Freiheit, aber auch abhängig von den Naturgewalten, neigt sich dem Ende zu. Leben zu zweit auf engstem Raum, oft bei viel Wind und starkem Seegang. Wir haben keinen Unfall erlitten, das Schiff meisterte die rauhe See und kam nicht zu Schaden, wir beide vertrugen uns gut. Wir schufen eine gemütliche kleine Welt an Bord, mit kleinen Ritualen, die auch bei Starkwind und Krängung gepflegt wurden: Gerhard war der Navigator und sorgte für geniale Routen und suchte schöne Ankerbuchten aus. Früh war er der Chefkoch für biologischen grünen Tee, Gunpowder, und zwei Tassen echten handaufgebrühten Filterkaffee für mich nebst schön gedecktem Tisch. Um 11 gabs einen halben Ouzo zur Captain’s hour. Mittags Salat oder bunte Brote. Gegen 3 gönnten wir uns fast immer eine Tasse Nescafé und ein Mini-Biscuit mit Canella, Zimtzöpfchen aus speziellen kleinen Bäckerläden.

Media_httpfarm4static_unwhx

Über Ermouni
Fein gekocht hab ich sehr oft, es gab in 150 Tagen nur 6 mal Spaghetti mit Parmesan. Abgespült wurde zu zweit. Vor dem Schlafengehen saßen wir im Cockpit bei einem Glas Wein und Pistazien. Am Morgen schwammen wir im Meer.Wir durften unendlich viele schöne Buchten entdecken und Inseln ansteuern. Wunderbare Stimmungen am Morgen und am Abend boten sich unsrer empfindsamen Seele. Liebenswerte Menschen sind uns begegnet. Die 40°-Hitze im Juli und August haben wir unbeschadet überstanden. Wir sind flexibel gewesen bei dem einfachen Bordleben, haben die Aufgaben nach Begabung verteilt und erledigt. Wir erlitten keine Depressionen, keinen Kummer und keine Krankheiten. Wir waren ein gutes Team, als Segler und als Partner.So sind wir Gott dankbar, und auch uns gegenseitig. Viele Einhandsegler sind allein am Schiff, weil „die Frau nicht mehr mit will“ – doch die Paare auf Langzeit-Törn wirken ausgeglichen und gelassen. Ein Geschenk, wenn es gelingt – zu zweit gemeinsam!