54. "Endpunkt Nizza"…

Am 24.-25.September ankerten wir friedlich in einer Bucht in der „Kniekehle“ hinter dem Kap Ferrat, vor dem edlen Badestrand „Paloma“(mit schneeweißen Voile-Gardinen, Ledercouchen zum Sonnen, viele aus Monaco, vorwiegend italienische Damen in knappen schicken Bikinis…)
Unser Ausblick geht auf 2 Palazzi, mit zinnen bewehrten Türmchen, neugotischem Maßwerk an 3 m hohen Spitzbogen-Fenstern, Portalen aus Eiche, Bronzelöwen, pfeilschießenden Amor-Figuren, modernen Skulpturen, Pavillons, Schwimmbad unter Schirm-Pinien, überall eifrige Gärtner, Diener, Mamsells mit Tabletts und Drinks, früh die Liege mit weißen Frottées und Tischlein für die Herrschaft, aufmerksam der Wachhund, ein riesiger Schäferhund…Mit uns ankern viele, meist blitzende große Motoryachten, deren Schlauchboot hinten in die Heckplatte hineinschlüpfen, goldene Yachten mit Dinner an Bord im Kerzenschein, 4 Diener, aber auch große schnittige, flache 25-Meter-Segelyachten…Zur Belustigung und Animation rasen diese Wasserscooter herum, die ich Schneebesen nenne, weil sie so viel Schaum schlagen und hohe Wellen machen. Das störte mich ganz besonders beim Kässpätzle -schaben und beim Rösten der Zwiebeln…

Cap_ferrat_eos_an_meinem_letzt

Dieses Foto zeigt die Eingangsseite des Palastes, vor dem wir mit der EOS ankerten. Ein „sehr bissiger Hund“ ist hier der Wächter des riesigen Privatbesitzes…Alle Mauern waren mit 20 cm-Spießen bewehrt, wie ein Gefängnis….

Huh_sehr_scharfer_hundbewacht_

Wir paddelten noch ein Mal ein Land, für mich die letzte Beiboot-Fahrt mit der „micro eos“…Von weit oben sehe ich auf mein schwimmendes Zuhause hinunter, das nun 3 Jahre mein Heim war. Dankbar. Glücklich…Die EOS schaukelt heftig, als würde sie mir „ADIEU“  winken. Schade, daß sich das Video nicht hochladen ließ…
Ein Bummel zwischen Villen, Bougainvillea-Mauern, Appartementhäusern, feinen internationalen Hotels. Nein, kein Neid.

Mein_letztes_kap_nach_3_jahren

 Um 10 geht es Anker auf. Ich steuere von Hand an der Pinne, mein allerletztes Kap dieser Reise wird unter Fock umsegelt…Der Himmel grau und wolkenverhangen…Per Funk bekommen wir im „Port de plaisance“, dem hübschen Stadthafen von NIZZA, einen Platz zugewiesen. Vor uns haushohe Mega-Yachten, die die ganze Häuserzeile der Straße verdecken…Und die kleine EOS mittendrin. Man poliert Chrom, schrubbt Schlauchboot, Sitzkissen, schäumt die Lackmonster ein, spült mit Unmengen Wasser alles blank. Es duftet nach Waschmittel, schon kommt der Diener mit meterhohen weichen Frottéehandtuchstapeln…

Ich aber muß packen. Ich räume den Schrank leer, die Fächer, das Zeug verschwindet unter der Backbordkoje…Platz schaffen für die Männer-Crew, die im Nachtzug Straßburg-Nizza anreist..
Der Rucksack wird 2/3 voll. Am Abend tauchen wir ein in das méditerrane Flair der „Cité historique“, das verwinkelte Altstadtviertel mit den engen Gäßchen, deren Straßennamen immer zweisprachig sind auf den Tafeln an der Hausecke. Fotos clicken vor den handgemalten Schildern über Boulangerie, Crèperie, Gemüseladen.Man ißt frische Austern, bergeweise, Muscheln in schwarzen Emaille-Töpfen, Zwiebel-Quiche, Fisch…
Ich genieße als Vorspeise Muscheln mit Wein und Thymian, 4 Sardinen vom Grill, Crème caramel..
Am Montag gibt’s, da mir die Fischle nicht grad gut bekommen sind, meine letzte selber gekochte Suppe: Lauch in Hühnerbrühe. Wir dürfen zu meiner großen Freude die EOS noch an den kleinen Ponton E inmitten der kleinen Boote verlegen, drüben bei den Fischern it ihren farbenfroh bemalten Holz-Kähnen. Herrliche Aussicht auf die roten Stadthäuser mit Blumen am Balkon…

Genau hier ging MEINE REISE vor 3 Jahren los, 16 000 km sind es geworden auf dem weiten Meer. In der Capitanerie  erinnert man sich sofort an die EOS. Sie ist noch im PC gespeichert. Ein freundliches Bonjour, welcome!

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Ich danke Gott für seinen Schutz, die Gnade, keine Verletzung erllitten zu haben, bin voll der Freude, dieses Abenteuer mit allen Sinnen und genügend ZEIT erlebt zu haben. Dankbarkeit, Demut, ein volles Herz, ein Schatz an Bildern und Eindrücken… von ungezählten Inseln, Stränden, kleinen Häfen, reizvollen Städtchen, lebhaften Menschen, die Ohren noch klingend von deren Sprachen – so verschieden im Klang.

Der Zauber der Sternennächte,  die Wunder der Sonnenaufgänge, unbeschreibliche Sonnenuntergänge vor sagenhafter Kulisse, ja, auch wilde See und stürmische laute Winde, ewige Schaukelei beim Schlafen und beim Kochen. Das Einkaufen mit Beiboot( wir sind die einzigen ohne Motor)  und schwer beladenen Rucksäcken, das Wasser-Organisieren, das penible Aufräumen an Bord zu jeder Zeit, das geteilte Erledigen der Hausarbeit, das zeit-lose Bleiben an einem Ankerplatz, das wetterbedingte rasche Aufbr
echen an schönen Orten, auch mal mitten in der Nacht , das Richten nach der Natur, die das Ziel bestimmt, oder auch mal ewig nicht erreichen läßt…
Ich hoffe, daß auch die Männer-Crew viel Freude und ein paar sportliche Segeltage Richtung St.Tropez und Marseille erlebt. Erhebt mal euer Glas mit dem guten Côte-du-Rhône auf mich, wenn ich im lieben Deutschland bin. Bon voyage!
GERDI

53. WIR ZWEI…an Bord der EOS

GEDANKEN AM GUTEN ENDE     

Seit Mai 2009 lebten wir beide nun jeweils ein halbes Jahr zusammen auf dem Meer, zu zweit allein, auf gefühlten 5 Metern Einraumwohnung. Unser fast 40 Jahre altes Segelschiff war ein gemütliches Zuhause, das uns Geborgenheit bot, Verläßlichkeit bei Segeln und Motor, bei viel Wind ebenso wie vor Anker, bei wild schaukeligen Nächten und strahlenden sonnigen Morgen…immer zu zweit…ohne Sorgen…ohne Langeweile…und ohne Streit…

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Ein lange Zeitspanne? betrachtet im Zeitraum des Lebens nein, aber in Bezug auf unsere 30 Jahre, die als gemeinsame „Wegstrecke“ zurück gelegt, geteilt, gemeistert wurde, dann doch…Meine Gedanken gehen zurück um 31 Jahre, August 1980, der 1. Segeltörn mit Gerhard, rund Korsika, 6 Monate später Heirat, das 1. Kind, das 2. Gleich 1983 der 1, Familientörn, 3 Monate lang auf der Adria, mit der „Marion“, 8,60×2,50m, dann noch 4 mal bis 1990…Venedig-Korinth–Insel Ägina/ Griechenland und zurück…(inzwischen mit dem 3.Kind!)

Drei prachtvolle Kinder haben wir begleitet, erst sehr innig im Familienverbund, dann stolz erwachsen und selbständig werden lassen…Nun sind sie 30,29 und 23 Jahre „alt“…Alle 3 sehr eigen-ständig, eigen-willig, selbst-bewußt, zupackend, vorwärts strebend, mit Sportsgeist, Künstler, Abenteurer zu Mountainbike, Berg, Kletterfels, Tourenski, Zelt, Fotokamera oder Klavier……. Ein Geschenk für Eltern.

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Blicke ich zurück auf die eineinhalb Jahre zu zweit auf unsrer EOS, so bleibt Dankbarkeit, dafür, dieses lang-anhaltende Segeln gewählt und geleistet zu haben, ein tiefes Erleben, zeit-los über Wochen und Monate, über die Jahreszeiten gleitend, durch 2 Zeitzonen reisend, die wechselnden Sprachen, französisch, korsisch, sardisch, italienisch in Sizilien und Kalabrien, griechisch auf den 100 Inseln, türkisch an den grünen Küsten, und 2011 sogar Albanisch… Die so verschiedenen Gemüter und Charaktere, die unterschiedlichen Temperamente der Völker, Leidenschaft, lautes Rufen und Gestikulieren, eher bedächtiges Nachdenken im ambrakischen Golf über Lefkas oder in Albanien…

Und immer ist da der eine, der einzige an Bord, der als Spiegel des Erlebten dient, der meine Stimmungen erkennt, mich sieht, unverhüllt an Leib und Seele, Gemütslage oder überschäumender Romantik bei diesen un-beschreiblichen Morgen und Sonnenuntergängen, den Nächten unter der milch-hellen Milchstraße, der Galaxie zwischen der Un-zahl der hellen Sterne. Keine Nacht ist so dunkel wie die Nacht auf See, fernab jeder Küste, 2500 Meter Wassertiefe unter dem Kiel, einsam, unerkannt und ein Pünktchen menschlichen Lebens auf grenzenlos einsamem Meer.

Gerhard der Verläßliche, der Ausgeglichene, der Zufriedene, auch der Mann fürs Grobe, wenn Technisches am Schiff streikt oder bricht: er hat immer eine Idee. Mein Frühstückskoch, der Helfer beim Zwiebelschneiden für griechischen Lammbraten, deutsche Rindfleischsuppe, asiatisches WOK-Gericht und Griechischen Salat, beim Abwasch nach „klebrigen“ Mahlzeiten wie Kässpätzle(!!!) oder 30 öl-spritzigen Zucchini-Pfannküchlein….

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„Nein! Ohne dich würde ich so einen Törn auf 10 Meter Schiff nicht machen!“ 
 Das ist mein Bekenntnis. Mit dir ist es schön.
Wir mögen uns. Wir verstehen die Anders-Artigkeit des andern, wir halten den Freiraum des Partners ein, er geht im Morgengrauen „auf den Berg da drüben“, paddelt an Land zum Einkaufen, auch bei hohen Wellen( und bringt was vom Bäcker mit oder eine deutsche Zeitung!).Er liest weggetreten und hingebungsvoll dicke Bücher, wohl 40 lasen wir heuer!  Ich schreib gern lange Briefe von Hand, lese so gerne eine anspruchsvolle „ZEIT“, koche gern aufwendig, spiele Flöte, male ein Aquarell…

Wir genießen unsere Ergänzung in unseren Fähigkeiten. Macht Gerhard den Motorcheck, wär ich hilflos. Spiel ich in einer Ankerbucht Hymnen und Abendlieder, wünscht er sich zum Abschluß „Großer Gott, wir loben dich…“. Dankbar bin ich ihm, für kleine liebevolle Gesten, für ein Lob, eine gesagte Anerkennung, für ungefragten Beistand, wenn die Kraft an der Winsch zu klein ist…Dankbar dafür daß er mir all das Seglerische zutraut und auch alleine „machen läßt“. Verlassen können auf den andern. Seit 30 Jahren…Die aufgeteilten Nachtwachen, in denen ich um 21 Uhr an der Pinne sitze bis um 2 oder 3 in finsterer Nacht, wo er versucht, ein wenig auszuruhen, oder zu schlafen, unterbrochen von Navigationsarbeit.
Kein Zögern. „Du schaffst das, Gerdi. Ich wünsch‘ dir eine gute Wache!“
Und dann ist man alleine. Doch nur im Cockpit…Ich kann ihn jederzeit rufen. Eine intensive Verbundenheit, großes Vertrauen. Dafür bin ich dankbar. Unbeschreiblich dieses Gefühl von Partnerschaft. Intensiver auf dem Boot als an Land….

Nun nahen die letzten 3 Tage. Wehmut…ja. 1,852×2055 Seemeilen=fast 4000 km, in 3 Jahren fast 17000 km Wegstrecke auf dem Meer….Vorbei.
Das Wichtigste daran ist, daß wir es gemacht haben. 3 Jahre lang jeweils die Hälfte des Jahres auf dem Boot, Leben in absoluter Einfachheit, weg von Abgas, Verkehrsl
ärm, Lichtverschmutzung der Nächte, Bequemlichkeiten wie Auto, Waschmaschine, Staubsauger, elektrischem Licht…Abhängig und gut durch versorgt durch die Sonne über die Solarzelle(3/4 qm, 95 Watt, immer ausreichend!), durch Trinkwasser in Kanistern, durch Petroleum für den Kocher, ohne Sessel, Fernseher, Tageszeitung, Müllabfuhr(macht man penibel selber!)
Man lernt, mit dem Nötigsten auszukommen, spart an Verpackung, Licht, aber nie am Schönen wie Porzellan und echten Gläsern, dem täglich 3x speisen, dem Campari oder Ouzo pünktlich um 11 früh, zur „Captain’s hour“(Zitat Gerhard: „Du, mir is schlecht! Dir auch?“

Die  5 Segeltörns mit den Kindern,je 3 Monate auf unsrer „MARION“  nahmen rückblickend 15 Monate ein. Nun sind wir beide für 16 Monate gemeinsam auf der EOS gewesen. Eine wunder-bare Zeit. Keine Minute möchte ich missen…
So hoffe ich, daß die Gemeinsamkeit und Tiefe im Erleben uns erhalten bleiben möge auch im etwas weniger abenteuerlichen Land-Leben. Doch wir werden unsere EOS daheim in der Werft gründlich überholen lassen, die Deckshaut, die Mahagoni-Flächen haben schwer gelitten im UV-Stress der Sonne des Südens. Ein Winter ohne Schiff am See, dafür Skitouren für Gerhard, musizieren für mich? Im Frühjahr wird sie neu erstrahlen und glänzend am Kran in den Bodensee gehievt werden. Auf zu neuen Segeltagen am See, auch darauf freuen wir uns beide. Ein dickes Lob dem tapferen Schiff, ist sie doch bald 40! (Kein Alter für eine echte Hallberg-Rassy Mistral, bei ordentlicher Pflege)
Im Hinterkopf geistern auch noch ein paar Pläne, mit dem Wohn-Mobil erneut aufzubrechen zu einem „Langzeit-Törn“, Fähre nach Kalabrien, Griechenland, Albanien, noch 1x nach Venedig…Träume.

Mit einem Bild möchte ich mich vorerst verabschieden bei den treuen 250 Blog-Lesern. Es hat mir Freude gemacht, die schriftstellerische jour-nal-Arbeit zu tun, zu schreiben, mit Fotos im Bilde so manches fest-zu-halten für später…
Ich gebe gerne nochmals den Rat, sich im Leben 1x,2x die lange Zeit zu nehmen, auszusteigen, zu wagen, zu erleben…

Gerhard nimmt nun ab Nizza und dann am Eingang zum Rhein-Rhône-Kanal je zwei Freunde, Segler alle 4, an Bord für die lange Motorfahrt auf der 850 km langen Flußfahrt mit 135 Schleusen. Marseille, Rhône, Saône, Kanalfahrt bis Mulhouse, Tieflader zum See nach Seemoos bei Friedrichshafen…im November 2011.
Vielleicht hätte ich ja doch selber bei der Flußfahrt mitfahren sollen. Aber so können auch noch 4 andere Sportsfreunde genießen. Allzeit Gute Fahrt.
Danke an Dich, Gerhard.
Willkommen daheim…

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52. Fahrt zum Festland und ein Abschied

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Unser Ankerplatz vor Calvi´s Kulisse war wohl der schönste der ganzen Reise. Hohe, felsige Berge, die Stadt mit ihrer Festung, davor der elegante Strandbogen und unter uns kristallklares, türkisfarbenes Wasser. Dazu die klare Luft nach der abgezogenen Wetterfront. Der GPS- Pfeil zeigt 315° nach Nizza an, bei 4 Knoten Geschwindigkeit meldet es 24 Stunden Fahrtzeit. Mäßiger Wind aus West macht einen Kurs hart am Wind gerade noch möglich. Mal schwächelt der Wind, dann hilft der Motor, dann geht´s wieder ohne Motor.

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Für unsere letzte Überfahrt zeigt der Sonnenuntergang all seine Pracht. Das Grau geht in ein flammendes Feuerrot über und erfüllt den gesamten westlichen Himmel. Dann wird der prächtige Streifen immer schmäler und der Himmel wandelt sich in ein dunkles Graublau bis der Horizont in Schwärze versinkt. Das GPS weist uns die Richtung und meldet Abweichungen vom Zielkurs. Wir korrigieren dann den Autopiloten.

Gerdi übernimmt die erste Wache. Es gibt nicht viel zu tun, mal den Kurs korrigieren, mal die Segelstellung verändern. Gelegentlich ein paar Lichter weitab. Ein Segler auf Gegenkurs passiert uns. Er und wir schaukeln ziemlich stark in der Dünung, die noch vom vergangenen Starkwind herrührt. Das ist auch der Grund, warum wir bei schwachem Wind den Motor zur Hilfe nehmen. Die Segel schlagen hin und her und können den Wind nicht fangen. Ab 2 Uhr nachts löse ich Gerdi ab. Sie wird wohl wenig Schlaf bei der Schaukelei finden. Keine besonderen Ereignisse. Einmal vermindere ich die Geschwindigkeit, als die EXZELSIOR, ein mächtiges Kreuzfahrtschiff knapp vor uns passiert. Es ist nicht ganz einfach, nachts zu erkennen, welchen Kurs so ein großes Schiff nimmt. Wie weit ist es weg? Kommt man noch vor ihm vorbei? Radar und Automatisches Identifikations- System (AIS) würde da Klarheit schaffen. Haben wir aber nicht.

Schon 3 Stunden vor dem Landfall kann ich den Blitz des Leuchtfeuers auf Kap Ferrat auszählen. Unser Kurs führt weiter geradeaus. Im Zeitalter der elektronischen Schiffsnavigation haben diese altehrwürdigen Leuchtfeuer an Notwendigkeit eingebüßt. Sie werden kaum mehr angepeilt um den eigenen Standort festzustellen und den Kurs eventuell zu korrigieren. Leuchtfeuer stehen jetzt als Satelliten unsichtbar am Himmel und der Peilkompass ist als Pfeil im GPS integriert.

Das erste dunkle Antrazit kündet den Morgen an. Es wird heller und nach einer Stunde treten die Landkonturen hervor. Ich entschließe mich, den Kurs nicht nach Nizza zu nehmen sondern um Kap Ferrat herum in eine Bucht. Um 7 Uhr verlöschen allmählich die Lichter an Land, um 7.30 zeigt sich die Sonne und etwas später schwenke ich in die Ankerbucht ein. Wir sind wieder bei den Megajachten, die hier ankern. St. Tropez, Cannes liegen ein paar Seemeilen westlich, Nizza liegt neben uns, Monaco, Imperia und San Remo sehen wir auch. Da ankern die schönen Riesenschiffe und sind unter sich. Die EOS ist auch dabei. Der Anker fällt vor einem Hügel, durchsetzt mit großartigen, alten Villen. Fleißige Hände sind dort zu Gange, öffnen die Fenster zur See, wässern die Gärten, bereiten Liegen und Getränke am privaten Badeplatz für die Herrschaft vor.

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Für Gerdi und mich liegt ein Abschied in der Luft. Sie wird in 4 Tagen heim fliegen, Gute Freunde aus Augsburgs Jugendzeiten werden mich dann weiter begleiten. Gerdi und ich hatten herrliche gemeinsame Sommer auf der EOS verbracht. Ich bin unserem Herrgott dankbar, dass er mir diese Zeit mit meiner Frau geschenkt hat. Ich werde sie auf der restlichen Reisestrecke vermissen. Die weitere Reise ist ein kleiner Neubeginn, bis unsere EOS in Mulhouse im Elsass festgemacht hat und dort auf den Landtransport an den Bodensee wartet.

 

50. Abendmusik in der Kathedrale auf der Burg Calvi

VOKALMUSIK IN DER KATHEDRALE

Am Montagabend entdecken wir ein Plakat, das auf ein Konzert mit der berühmten „polyphonen Vokalmusik“ in der Kathedrale St. Jean Baptiste auf der Festung hinweist. Um 21.30 Uhr, wunderbar!

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Der Regen hat aufgehört, wir wandern nach einem deftigen Mahl an Bord (mit grünen Bohnen, Butterkartoffeln und korsischer Leberpastete) vom Fischerhafen unter dem runden Turm hoch zur Burganlage. Romantisch mit gelben Laternen beleuchtet das Pflaster aus runden glatten Steinen, die engen Gäßlein, die Torbögen, die Treppen…Vor der Kirche mit der runden Kuppel hocken schon 50 erwartungsvolle Musikfreunde auf den Stufen…“Neuf-cinqe!“ (Das Portal wird erst in 45 Minuten geöffnet!“)

Geduldig warten alle, man unterhält sich gedämpft auf holländisch, amerikanisch, englisch, deutsch, bayrisch, aus Amerang:-), die Fahrer der schmucken Harley-Davidson-Motorräder ebenso wie die in feines Leinen mit Mohairpulli und Perlenkette gewandeten Hotelurlauber…
Dann strömen ca. 150 neugierige Hörer in das Kirchenschiff.
Kerzenbeleuchtung. Andachtstille…2 Minuten…Dann in Schwarz die 5 Sänger. Eine diatonische Harmonika, eine Laute, eine Viola, eine Konzertgitarre

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Ein Traum – diese Harmonie in Polyphonie der 3 Männer-Stimmen…ein Genuß….viel Leidenschaft bei den Liebesliedern, verträumt bei den Schäferliedern. Sonor der tiefe Bass!!! Der elegische Tenor, der hingebungsvolle sanfte Gitarrist…ein wundervoller Dreiklang bei den Schluß-Akkorden…Das I-Tüpfelchen auf dem Korsika-Segeltörn! Danke, danke…

Hier findet Ihr ein Video mit Musik von dem Konzert: http://goo.gl/zTCIR

49. CALVI IM REGEN, grau in grau…

Sonntag, 18. September. GERDI

GRAU IN GRAU: CALVI im REGEN…

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Am Samstag ankert neben uns wieder die kleine SY des Engländers aus Devon, 24 feet, die „Tankard“. Er kommt uns besuchen, weil er sich für das Flötenkonzert am Abend vorher in der stillen Bucht bedanken will. Ein Busfahrer( In Dublin), 1 Jahr arbeiten, 2 J. segeln. Ein erfrischender semmelblonder Abenteurer, 32 J. alt, fast wie Joachim…

 

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Nach einer ruhigen Nacht vor Anker mit einem traumhaften Blick auf den beleuchteten Burgberg fügen wir uns dem Wetterbericht, der Südwest-Wind der Stärke 8 ankündigt: Wir verlegen die EOS rüber in den Hafen. Man weist uns als kleines 10 m-Schiff in den vor der Burgmauer gelegenen Fischerhafen ein. Als Gerhard zur Capitainerie läuft, nähert sich wie eine Riesenwand die „Mega Express“-Fähre Corsica-Sardegna…nur der 2 m schmale Kai trennt uns von dem Monster!!! Ein Bootsnachbar ruft auf französisch „MADAME!!! Vite, vite!“ – und schon seh ich keinen Himmel mehr! Der Franzose hält mit beiden starken Armen den Bug vorne ab, ich hätte die dicke Mooringleine niemals dichter holen können…Eos wird heftig hoch- und niedergehoben. Am andern Hafenrand sammeln sich Passanten, äugen herüber, bangen mit mir um das Schiff. Die Fotos mögen zeigen, was für ein Riese so eine Fähre ist…

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Als die armdicken Festmacher-Taue an Land geworfen und um die mächtigen Poller genau vor unsrem Bug gelegt sind, kommt mein Skipper zurück…Eos liegt schräg schlingernd im Hafen, beim Abfahren fällt dem Fähremann sein Handy(„portable“ auf französisch) ins Hafenbecken…

Dieses Schauspiel haben wir nun 2 mal täglich…Und das Internet geht auch nicht in dem etwas vom Marinehafen fern gelegenen Fischerhafen…(Vor Anker war’s einwandfrei!)

Wir gehen zum SPAR, einkaufen, Brot, Milch, Tomaten, 2 escalopes de viande, Kekse, Butter, Camembert, Roquefort, Bier, Schinken…Am Bahnhof erfahren wir, daß der Zug nach Pont Lecce nur hin, nicht zurück fährt an 1 Tag !! Ein Apero im Café, teuer! 1/8 Wein 5 ??, das kl. Bier 4,50! Da essen wir heute am Schiff….

REGEN

Nun regnet es seit 5 Stunden, seit 15 Uhr. richtig dunkel ist es, tief hängen die Wolken über dem grandiosen Gebirge hinter Calvi, der Stadt mit der stolzen Festung auf dem Hügel…

Gerdis_aquarell
Ich malte gestern mein 1. Aquarell dieses Segeltörns, in aufkommender Abschiedsstimmung…
Es ist wie immer, ich male nur, wenn ich irgendwie Abschied nehme, das war damals vor 31 Jahren so, als ich mit Gerhard, den ich erst 6 Wochen kannte, diese Insel umsegelte, in Locarno/Monti nach dem 1. Urlaub ohne Kinder –  in der kleinen „Pensione Olanda“, in Dimitrios beim 1. Land-Urlaub in Griechenland, beim Abschied von Nürnberg 1980…Das gemalte Bild zeigt nun diese Hügelburganlage; es hängt seit heute im Salon der EOS! Wir werden mal ein Foto machen gelegentlich, beim Frühstück.
Gewaltig gebärdete sich stundenlang ein Gewitter, mit Blitzen über’m Meer, taghell vor finsteren Regenwolken, Donnerschläge, die ich wie Vibrationen körperlich fühlte, als ich mich im fast nachtdunklen Schiff zur Siesta hinlegte und das Knie an der Mahagoniwand lehnte im Vorschiff…
Eine griechische Charteryacht läuft ein, die Fock zerfetzt…Draußen stürmt es…

 


Nass_die_fassaden_im_regen
Die Fassaden, eh schon marode und kalkrieselnd, waren im Nu patschnaß und dunkel verfärbt, dann 2x Stromausfall, die Bewohner hielten die offenen Sonnenschirme fest, die das Naßregnen der wohl nicht dichten Balkonklapptüren verhindern sollten… Die Palmen sch&uum
l;ttelten sich im Wind, tropfnaß die Wedel, die Touristen mit Kaputzenjacken, drunter Shorts, Windjacken, Regenschirme…ein un-gewohntes Bild! Wir sitzen im Schiff und hören eine Klassik-CD, die „ELISE“ von Beethoven, und ich nehme mit der CANON als Erinnerung  Regenguß und Klaviermusik auf als V
ideo 🙂 !

Wir sitzen im Schiff, draußen plätschert der Regen…

Noch 9 Tage bis zum Flug ab Nizza. Am Dienstag wollten wir an die Festlandküste segeln…hoffen wir, daß der hohe Seegang nachläßt, leider kommt dann wohl der Wind aus Nord, auf die Nase der EOS….


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48. Zu den Roten Felsen, Korsikas Naturschutzgebiet

GERDI

Nach einer ruhigen Nacht vor Anker südlich der Bucht von Cargese starten wir am 15. September zum Naturschutzreservat GIROLATA.
Ein Westwind bläht Großsegel und Fock…

Rotbraun leuchten die fast senkrechten, porösen Felsen in der Sonne, eine unbeschreibliche Kulisse! Die Fotos geben nur einen schwachen Eindruck davon, wie mächtig und bizarr diese Felsküste auf uns wirkt. Wohl 80 m hoch ragen diese Wände überm Wasserspiegel hoch, höher als der Kirchturm in Eriskirch!

Solitaire

Wir tasten uns in verschiedene Felsenhallen, wie Dome, oder wie ein Mausoleum ohne Dach…Liegt schon eine Yacht vor Anker, verlassen wir das felsbewehrte Rund und nähern uns dem nächsten Einschnitt im Fels.

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 Nach 5 Stunden fällt der Anker  um halb drei auf 14 m Wassertiefe in einer engen Nische bei  einem Katamaran. Die Crew taucht. Gerhard bringt eine Landleine und Kette aus zu einem Felsen.
Am frühen Abend verlegen wir die EOS in die Nachbarbucht Calla Vecchia, wo wir auf 9 m frei ankern können, sogar einen Sandfleck finden wir! Der Anker wird „eingefahren“ mit 2000 U/min. Draußen hat es 60 m Wassertiefe.

Eos_vom_beiboot_aus

Gespenstisch, vor den siena-rot leuchtenden Felswänden zu übernachten. Roter Sonnenuntergang! Wir grillen, um 9 geht der Vollmond auf, die Sterne wandern über dem zackigen Kamm des Berges…In der Nähe ein kleines Dorf, das keine Straßenverbindung hat…Wenige Lichter. Einsamkeit. Das Meer schlägt gegen die löchrige Felswand, dumpf, rhythmisch, unheimlich…

Am Freitag 16. September lese ich früh die FAZ: Wie beim Törn 2010 hat es derzeit an der türkischen Südküste immer noch 37-40 °C Hitze, das Meer in Antalya 30°C. Die 30°-Linie geht von Mallorca über Kalabrien, Albanien, jonische Inseln,  Dardanellen. Bei uns hier in Korsika angenehme 25-27°, am Heck halten sich erstmals wieder tapfere Blumen in der Hängevase 🙂
Erika meldet nachts, daß sie 2 Tage mit dem Zelt allein ihren 1. Dreitausender erklimmt…Den FURGLER, Samnauen.Und Di/Mi den Jubiläumssteig auf der Zugspitze…Tolle Kondition! Alles Gute!

Um 9 Uhr früh segeln wir mit mäßigem Nordwestwind los zum Golf von SOLANA. Abenteuerlich wird die enge Durchfahrt zwischen den Felsen am Kap!
Ile de GARGALO, île Garganello, unglaublich beeindruckend.

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 Ein Ausflugsschiff jagt mit zu hohem Tempo in der engsten Stelle zwischen den Felsen hinter dem Heck der kleinen EOS heran, hupt, wütend gestikuliert der Kapitän-Macho auf seinem hohen Steuerstand, weg da!!! Aber bei 2,30 m Wassertiefe lassen wir uns nicht abdrängen…

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Mittags segeln wir  am breiten „Golfe de Galeria“ entlang, ein breiter Sandkiesstrand. Noch wirken die fantastischen Bilder der roten Felsen im Kopf nach, da breitet sich vor dem Bug der 500 m lange menschenleere Strand der „Baye de  CROVANI“… Wie ein regelmäßiges Atmen hört sich das Anschlagen der Wellen auf dem Kies an….4 einsame Sonnenanbeter sind da…Dahinter der Monte Martino, 425 m hoch, mit 8 Windflüglern. Die höheren Gipfel haben 850 Meter.

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Baden im Meer…Das letzte Mal? Bald sind wir in CALVI. Und es kommt ein Tief mit Mistral 6-? Also noch eine letzte Warteschleife auf Korsika, bevor wir die 2-tägige Überfahrt zum französichen Festland, Nähe CANNES oder Nizza bewältigen. Am 27.9. geht’s heim für mich….

LeuchtturmGolfe_de_girolata