Vorletzte Arbeiten am Schiff

Die Dichtungsstreifen in der Bilge müssen noch eine Woche trocknen, bevor sie bereit zum Abschleifen sind. Dann werden noch einige Schrauben nachgezogen. Der Baum ist auf dem Schiff, die Holz-Gangway habe ich verbessert (mit Querleisten)  und eine neue Auflage für diese gebaut. Morgen putze ich die EOS innen noch und mache sie segelklar. Strom abschalten, Kühlschrank aus und offen, alles mit der Plane abdecken gegen den Staub der Werft..
Mit Nail habe ich vereinbart, dass er mit der Yard das Aus- der- Halle- ziehen, Kran holen und Einwassern terminlich abstimmt. Ziel: Wir kommen im Mai  am Morgen an, stellen den Mast und wassern ein. Dann müssen wir hier nicht mehr auf dem Trockenen nächtigen sondern vor Anker im Meer.
Strb- Koje, Verkleidung 1      Strb- Koje, Verkleidung 2

Hier ein Foto von der nun mit Holz verkleideten Bordwand in der Stb-Koje, die 40 Jahre lang eine schwedisch-hellblaue Cord-Verkleidung trug, die beim Törn naß wurde und nun entfernt wurde… Als Wiedergutmachung für die „Himmellöcher“ wegen zu langer Schrauben:-)….

Das vorhergesagte schlechte Wetter zog in Form von Wolken und 5 1/2 Regentropfen vorbei. Jetzt glänzt der Himmel wieder.

Döner im Salonu

Der  „ILHAN DÖNER SALONU „…

…so fügt sich der Name auf der elektronischen Werbetafel über dem Lokal zusammen. Größe des Lokals etwa wie ein übliches Wohnzimmer bei uns. Im Tresen, der das Zimmer trennt, machen die angebotenen Speisen den Mund wässrig: Verschiedene rohe Fleischsorten, Köfte, Spieße, Meatballs, ein paar Vorspeisen und natürlich die Schalen für Zutaten zum Döner. Ganz außen zwei Tagessuppen im Angebot. Hinter diesem Wall rotiert der Chef, stämmig, mit Kochmütze. Ganz an der Wand dreht ein Dönerkegel seine schleichenden Runden. Vor dem Tresenwall haben 2 Vierertische Platz. Sie sind bei dem windigen, kühlen Wetter gut besetzt. Alles setzen ein paar Neonröhren ins kalte Licht. Vor dem Lokal auf dem Fußweg haben noch einmal 3 Tische Platz. Passanten weichen auf die Straße aus. Genau gegenüber parkt immer ein Motorrad. Erst als ein Auto ganz nah vor dem Motorrad eine überaus enge Parklücke nutzt und der Kellner mit dem Chef darüber spricht, erkenne ich den Sinn. Das Motorrad hält die Straßenseite gegenüber dem Salonu parkfrei, damit die Autos nicht so nah an den Straßentischen vorbeifahren müssen. Als das Auto den Parkplatz verlässt, postiert der Kellner sein Motorrad strategisch noch günstiger. Jetzt schafft es auch der beste Parkkünstler nicht mehr zu parken.

Ich gehe am Mittag ins Lokal, sehe mir an, was schmecken könnte und entscheide mich für die Suppe, die gut aussieht. Da alles Schwere sinkt und mich ein Blind Date  mit ihr erwartet, hebt der Kellner eine Kelle voll hoch und bemerkt „Fleisch“. Ich bleibe dabei. Dazu noch Su (Wasser). Die elektronische Werbetafel formiert auch „Beer“,  aber das habe ich noch niemand hier trinken sehen. Vielleicht weil die Moschee nebenan steht. Ich sitze noch keine Minute an einem der Außentische, da steht die Suppe und ein Korb Brot vor mir. Rindfleisch, Kartoffeln und Gemüse zeigen sich. Schmeckt sehr gut. Ich erinnere den Kellner „Bitte Wasser“. Der Chef hinter dem Tresen verkleinert den Dönerkegel mit einem langen, dünnen Messer. Viele take away Döner sind gefragt. Das geht zack zack. Brot in den Röstapparat, Klappe zu, Döner dünn runtersäbeln, Brot aus Röstapparat, Zwiebel, Tomaten, Joghurt (?) Salat, 2 lapprige Pommes und dann viel Fleisch zwischen das Brot (sind eher übergroße Semmeln). Alufolie abgerissen, eingewickelt, alles in Plastiktüte, 3 TL (1€) kassiert, fertig. Bei mehr als 3 Döner hat der Säbel Pause, dann rattert das elektrische Dönermesser. Zwischendurch bemerke ich nochmals „Lütfen, Su“ (Bitte Wasser) und esse weiter. Sofort wenn der Teller leer gegessen oder zur Seite gestellt, oder man sich zurücklehnt, wird abgeräumt. Das ist überall so Sitte. Dabei steht der Kellner vor mir, verharrt, wirft den Kopf leicht zurück, erinnert sich und bemerkt „Su“. Er eilt ins Lokal und bringt die Flasche Wasser als Nachtisch. Türkische Kellner eilen, es ehrt, schnell zu bedienen.

Dieser Döner Salon brummt mittags. Handwerker, Männer mit Krawatte…- aber Frauen habe ich dort noch nie gesehen. Drei Gäste, ich sehe an ihren Händen, dass sie Hand-Werker sind, bestellen und setzen sich am Nebentisch. Mit eingezogenen Schultern, vorgebeugt und  mit aufgestützten Armen löffeln sie ihre Suppe. Da fallen mir die Ermahnungen meiner Eltern ein: „Sitz beim Essen gerade und stütz Deine Hände nicht auf. Sonst verbrennst Du dir die Nase in der Suppe.“ Die Handwerker, die den ganzen Vormittag mit einem schweren Hammer und über Kopf 10 cm lange Nägel in dicke Holzplanken geschlagen haben, dürfen gebeugt sitzen und die Hände auf der Tischkante abstützen! Kopfarbeitern sei das nicht gestattet.

Mittlerweile scheine ich als Stammgast zu gelten: weil ungefragt ein Glas Tee auf Kosten des Salonus vor mir steht.

PS.: Die Überholung unserer EOS geht dem Ende entgegen. Das Teakdeck schaut gut aus, Kajüte und Plicht sind frisch lackiert, nicht so super wie bei uns, das habe ich auch nicht erwartet. Die Decke im Salon hat einen schönen, weißen Unterzug. Die Fugen in der Plicht sind geschlossen, können aber erst nach 3 Wochen geschliffen werden, weil die Dichtmasse langsam trocknet. Alle Beschläge sitzen an Ort und Stelle. Das Unterwasserschiff habe ich heute abgeschliffen. Unterwasser- Farbe wird von den Bootsbauern im April aufgebracht. Und ein Teil der Decke im Vorschiff wird eingezogen sobald das Material angeliefert ist, voraussichtlich morgen. Alles Mögliche konnte ich während der Zeit hier in Ordnung bringen und – der Kühlschrank funktioniert wieder -!

Der Ausführungsstandard hat nicht die Klasse wie wir ihn in Deutschland gewohnt sind. Am Können liegt es wohl nicht, eher an der Einsicht, warum so exakt zu arbeiten. Es kostet Nerven, immer wieder auf saubere Ausführung zu pochen und es ist auch nicht angenehm, so als „Aufpasser“ die Arbeit zeitweise zu beobachten. Da gabs einige Diskussionen. Auch wurden einige Arbeiten plötzlich als zusätzlich angesehen  um den Preis zu treiben. Aber es kam alles wieder ins rechte Lot und wir waren eine fröhliche Truppe. Das Ergebnis wird sich sehen lassen können.

EOS mit neuem Salon-Himmel

Ghs Email:

Tiefer Winter hier, aber bei uns würde man sagen: Schöner Sommertag. 16°C Luft, 21°C Wasser. Es heißt, das sei der Winter hier. Also nur wesentlich kälter als im drückend heißen Sommer. Die glasklare Luft und das tiefblaue Meer könnten nicht schöner sein, aber kein Gast (außer mir) schätzt das. Nicht ein Sportboot, das ankert oder im Hafen liegt. Die meisten Restaurants haben geschlossen und die Geschäfte auch. Schade dass EOS nicht schwimmt.

Die Löcher der zu langen Schrauben sind nun abgedeckt m.d.Platte
Die Löcher der zu langen Schrauben sind nun abgedeckt m.d.Platte
Eos Salon mit korrigierender neuer Verkleidung am Himmel
Eos Salon mit korrigierender neuer Verkleidung am Himmel

Heute haben die Bootsbauer den neuen Himmel unterzogen. Er sieht gut aus An den Rändern sind lackierte Leisten. Es ist schon eigenartig. Die Leute haben nicht das Empfinden für sehr saubere Arbeit. Sie sehen die Notwendigkeit nicht. So muss ich immer wieder sagen, wie man das und dies macht und wie ich es auf keinen Fall haben möchte. EOS sieht jetzt sehr gut aus. Heute sollte lackiert werden, aber es bläst ein so starker Nordwind, dass die Oberfläche staubig würde.

Das neue Teakdeck macht sich sehr gut und die Plicht soll übermorgen fertig sein. Die Beschläge sitzen wieder an Ort und Stelle.
Dennoch kostet diese Arbeit starke Nerven. Die beiden Bootsbauer arbeiten fleißig …aber unglaublich schludrig. Ihr Werkzeug liegt überall rum. Die Muttern und Scheiben, die sich im Inneren gelöst haben, bleiben mit allem Dreck liegen, wo sie hinfallen. Natürlich haben sie jetzt viel Zeit mit Suchen verbracht und ich muss immer hinterher sein, dass kein verzinkter oder unpassender Ersatz verbaut wird. Die viel zu kurzen Schrauben für die schwere Ankerwinde am Schiffsbug vorn haben nur 2 Windungen in der Mutter gefasst. So werden manche Arbeiten zweimal ausgeführt-aber nur, weil mein wachsamer Kontrollblick die Fehler entdeckt…. Bei ihrem sehr günstigen Angebot haben sie nicht mit deutscher Pingeligkeit gerechnet. Wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes kommt, dann hat sich die Arbeit hier aber schon gelohnt, zumindest finanziell  (1/3 v. deutschen Preis) und das Boot ist fertig im Mai ’15 zum Weitersegeln!! 

Wäre ich nicht vor Ort,  hätte uns im Frühjahr wohl eine böse Überraschung erwartet. Das ist nix für Leute, die nach 4 Wochen Ferien wieder zur Arbeit müssen.
Dennoch bin ich gerne hier, die Leute sind fröhlich und angenehm und ich tauche in eine andere Welt der traditionellen Holzbootsbauer ein. Da entstehen in Hinterhöfen 30m lange Gulets, Spanten werden zu eleganten Bögen geformt und 6cm dicke Balken legen sich in vollendeter Passform darüber. Die Luft ist erfüllt von Hobelsirren, schweren Hammerschlägen und lärmenden Kettensägen. EOS wirkt etwas filigran in dieser Umgebung. Neben der EOS entsteht gerade eine über 40m lange Gulet. Ich habe hier noch nie jemanden mit einem Plan gesehen. Irgendwie geht alles nach Augenmaß. An einer anderen Gulet fehlt plötzlich die hintere Hälfte. Sie wird verlängert. Gut dass ein Teil der Leute Englisch spricht. So erfahre ich viel über diese kleine aber doch bedeutende Gemeinschaft in deren Mitte ich sein darf.
Ich habe jetzt 3 spannende Zeiten erlebt: Die Donaureise, dann das weite Schwarze Meer und die Segelwochen an der schönen Türkeiküste entlang und jetzt die Zeit hier in der Werft in Bozburun. Nur abends ist’s einsam.  Der Ort ist 3 km entfernt. Kein Geräusch erfüllt die Werft und mein Internet- Guthaben ist erschöpft. So mach ich mir etwas Gutes zum Essen, süffle Rotwein und lese oder höre ein Hörbuch. 

Ungewöhnlich

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1. In die nächste Stadt, kein Problem
Bozburun liegt am Ende der Welt und die Shipyard noch ein Stückchen drüber hinaus. Die Dinge des täglichen Bedarfs, auch die für den Yachti kann ich hier kaufen, aber für alles Weitere ist die Reise nach Marmaris notwendig, das sind etwa 50 km. Ich laufe einen guten Kilometer zur Hauptstraße und wenn der Bus mit dem Schild MARMARIS (es gibt nur diese eine Linie) kommt, dann mache ich mich bemerkbar und steige ein. So geht’s immer wieder,Daumen hoch und ein- und aussteigen, ohne Haltestelle. Der Bus wartet sogar, falls ein Gast etwas abliefern muss und nach 10 Minuten wieder zurückkommt. Die Fahrt ist schön. Sie beginnt am Meer, serpentiert sich zu einem Pässchen hoch, die schöne Bucht liegt rechts weit unten, wunderbar. Auf der anderen Seite breitet sich unvermutet die ebenso schöne Bucht von Selemye aus. Jetzt schraubt sich der Bus wieder abwärts, dem Meer zu und umfährt sie. Links die blaue Bucht und dahinter felsbewaldete Berge. Die Straße windet sich durch ein Tal und erklimmt wieder eine Anhöhe. Noch einmal nimmt eine reich gegliederte Bucht mit bewaldeten Hängen den Blick gefangen. Orhanye. Viele Boote überwintern dort.
Der Bus fährt schnell, durchgezogene Mittellinien sind ohne Bedeutung, auch erkenne ich den Sinn von Zebrastreifen nicht. Querende Fußgänger scheinen völlig rechtlos. Bei meiner vorletzten Fahrt war ich Teilnehmer an einer Wettfahrt mit einem Leichtmotorrad. Dessen Fahrer mit der schönen Sozia (beide ohne Helm) gelang es auf ebener Strecke den Bus zu überholen, auf Steigungen hatte aber unser „Bus“ mehr Schwung zum Vorbeifahren. So ging das hin und her, bis ein Fahrgast aussteigen wollte. Rennen verloren.
Dann der Höhepunkt der Fahrt: Der Bus gewinnt langsam an Höhe und mit einem Mal liegt die Stadt Marmaris an der schönen sichelförmigen Bucht vor uns! Ein traumhafter Anblick. Rechts die fast geschlossene Bucht und links, hohe kiefernbewaldete Berge durchsetzt mit rostbraunen Felsen und in der Mitte die Stadt. Wikipedia informiert: 35000 Einwohner.
Der Bus nimmt auch gewisse Umwege, wenn Fahrgäste das wünschen. So hat er einmal eine Mutter mit ihrem kranken Kind direkt zur Klinik gefahren und am Nachmittag dort wieder abgeholt. Das Kind war fest in Decken eingewickelt und schlief wohl die Narkose aus. Heute auf dem Rückweg bog der Fahrer kurz vor meinem Ziel ab und steuerte ein Dorf in einem anderen Tal an (Gerdi, das Dorf, das wir beim Wandern besucht hatten) um einen Fahrgast abzusetzen Ich bin überzeugt, er würde wieder umdrehen. Stattdessen fährt er weiter direkt nach Bozburun. Muss ich jetzt mit dem schweren Rucksack eine Stunde zur Shipyard laufen? Auf meine Frage: „How can I come to the Shipyard?“No Problem. Und er fährt mich wieder den Weg zurück bis fast an mein Ziel.
Die „Busse“ übernehmen auch so einen Art Lieferdienst. Alle möglichen Pakete liegen neben den Sitzen. Ich habe mal ein geliehenes Fahrrad transportiert. Auch ein Motorroller war schon drinnen. Heute Abend hat er gestapelte Hocker dabei. Ich denke erst, auch das ist Liefergut. Aber als immer mehr Fahrgäste zusteigen, nehmen sich diese jeweils einen Hocker als Sitzgelegenheit. Irgendwie muss das aber doch grenzwertig sein, denn es entspannt sich eine angeregte scharfe Diskussion mit dem Fahrer, in der immer wieder das Wort „Jandarma“ fällt.
Die Busse sehen aus wie Sprinter, haben etwa 10 Sitze (ohne Hockerplätze) und fahren nach festem Abfahrtsplan. So eine Fahrt ist zwar ein Erlebnis, aber eines mit Risiko. Als ich Gerdi vom Flugplatz abgeholt habe, kam ich an einem Unfall mit einem Kleinwagen und einem dieser Busse vorbei. Beim Kleinwagen war die Fahrerseite auf Höhe der Rücksitze stark eingedrückt  und dem Bus fehlte die Frontscheibe. Wie es wohl den Fahrgästen auf den Hockern ergangen ist?

2. Shopping in Marmaris
Marmaris gefällt mir. Eine überschaubare Kleinstadt. Bin ich dort, so muss ich für unsere EOS etwas kaufen. Das Feine: Alle Schiffsausrüster liegen in 3 oder 4 kurzen Straßen. Werde ich beim einen nicht fündig, dann finde ich es bei einem anderen. Bisher habe ich dort ALLES bekommen (außer einem ganz besonderen deutschen Lacköl). Bei größeren Beträgen lässt sich auch handeln, aber nicht so wie auf dem Bazar. Doch 10% sind meistens drin… Obwohl ich das Feilschen nicht liebe. Irgendwie sind immer Leute in den Geschäften, die nur reden, aber nichts kaufen. Es scheinen Freunde zu sein. Dann und wann kommt ein Kellner mit dem besonderen türkischen Messing-Hängetablett mit den zierlichen, tulpenförmigen Teegläsern drauf. Geraucht wird aber draußen.
Neulich habe ich mir eine Jeans gekauft. Unser Größensystem ist dort unbekannt. Ich will immer wieder gehen, weil nichts Passendes zu finden ist, aber der Verkäufer zieht immer wieder  eine neue Hose heraus, bis mir eine gefällt. Nur die Beine sind zu lang. In einer halben Stunde soll ich die geänderte Hose abholen. Ich verlasse den Laden nach rechts, der Verkäufer mit der Hose nach links und nach einer halben Stunde kann ich meine neue Jeans anziehen.
Zeit für einen Kebab oder eine Suppe in einem Döner Salonu muss immer sein. Ich sitze, bestelle und nach einer Minute steht der Döner vor mir. Als ich spät abends hungrig vom Flug aus Deutschland ankomme, gibt’s kurz vor Mitternacht auch noch einen Wrap, serviert von einem freundlichen – sagt man da Wirt -? Er hat bis Mitternacht auf und in der Früh ab 7 Uhr, er selbst bedient, macht das Essen zurecht, 7 Tage die Woche. Wo sind denn die Frauen? Nur einmal bin ich von einer Frau bedient worden und hinter der Theke sieht man sie auch selten und beim Döner-absäbeln nie.
Für Metallarbeiten muss man ins Industriegebiet. Nur ¼ Stunde zu gehen. Das hat wenig gemein mit unseren Hallen. Vielmehr wird hier in größeren Garagen- und davor -auf ein paar Maschinen gearbeitet. Autowerkstätten haben ihren Bereich, Sanitärleute, Schlosser und Edelstahlschlosser auch. Ich will kleine Kerben in Abflußstutzen machen lassen. Der Edelstahlschlosser setzt die Flex an, glättet mit der Feile und poliert am Polierbock. Die Stutzen glänzen wie neu im Laden gekauft, einwandfrei!
Zum Busbahnhof ist’s nicht weit und meistens bleibt noch gut Zeit für ein Glas Tee.

Abenteuer an der Ankerwinsch-Fixierung…

Mail:         Sonntag, 23.Nov. in Bozburun:

Bozburun (800x598)
Klarer Wintertag in der Südtürkei: Blick zur Hafeneinfahrt, rechts die Moschee v. Bozburun
Morgendämmerung, mein Ausblick aus der offnen Werkfthalle früh um 6
Morgendämmerung, mein Ausblick aus der offnen Werfthalle früh um 6 Uhr

„So langsam wird unsere EOS wieder vollständig. Heckkorb, Bugkorb und alle Beschläge sind angebracht, auch die Ankerwinde. Ich bin schon froh, dass ich dabei bin. Durch die unterm Teakdeck angebrachte neue Sperrholzplatte waren die Schrauben zu kurz. So haben die Schrauben nur an 2 Gewindegängen gefasst!!! Die Winde hätte sich wohl bei Belastung gelöst- und das dann im kritischsten Moment bei viel Wind …. Mustafa arbeitet nicht ganz gewissenhaft. Alles schaut zwar gut aus, aber man muss eben immer wieder korrigieren. Ich bin schon mit der Ausführung zufrieden, aber ohne meine Anwesenheit hätten wir im nächsten Jahr schon Überraschungen erlebt…!!“

Bug+Ankerwinsch
Bug+Ankerwinsch
Die EOS hat wieder Heckkorb ,Badeleiter u. Solarzelle
Die EOS hat wieder Heckkorb ,Badeleiter u. Solarzelle
Arbeiten am Heck, vhinter der EOS alles voller Gulets
Arbeiten am Heck, hinter der EOS alles voller Gulets+Yachtmasten

Käptns Kontrollbesuch in der Werft

Fein verlegt vor der Bug-Kajüte
Fein verlegt vor der Bug-Kajüte

Ein wenig „Aufsicht“ bei den letzten Werftarbeiten ist schon sicherer, so flog Gh nochmal in den Süden. Die notwendigen „Öffnungen“ im neuen Teakdeck sind eine heikle Sache: Exakte „Löcher“ müssen gesägt werden für Wassertank-Füllstutzen, Ankerwinsch, Lüfter im Achterluk, Fäkalien-Absaugstutzen, Lenzlöcher im Teakdeck, Klampen… Er will dabei sein! Er hat diesmal sogar ein Fahrrad geliehen bekommen vom Sattler, der in Marmaris inzwischen die neue grüne Stoff-Persenning fürs Schlauchboot genäht hat!

 

Am Bug
Am Bug

unter der Winch

Am Heck an der Festmacher-Klampe
Am Heck an der Festmacher-Klampe
Teakdeck an backbord
Teakdeck an backbord

Zur Einstimmung hier die National-Hymne der Türkei: 

Nur auf den link clicken!

http://de.wikipedia.org/wiki/%C4%B0stikl%C3%A2l_Mar%C5%9F%C4%B1

Die Strasse der Ölsardinen

Da lebe ich jetzt mittendrin. Es ist keine Ölsardinenfabrik, wie in John Steinbecks fröhlichem Roman, sondern die Werft bei Bozburun. Es wird fleißig gearbeitet, traditionell. Hölzerne Gulets zu reparieren, dazu bedarf es keiner filigranen Werkzeuge. Es genügen Kettensäge, Schreinerhammer, Hobelmaschine, Bandsäge und noch ein paar Werkzeuge und Maschinen mehr. Ja, es wird gearbeitet, an Schiffen. Aufräumen wird nicht als Arbeit angesehen, vielleicht wird es nicht bezahlt? Rund um EOS und 3 weitere Objekte stauben Surfbretter, eine alte Bandsäge, irgendwelche Bootsteile und vieles mehr ein. Mustafa benutzt zum Einschalten der Hallen-Beleuchtung im Verteilerkasten eine Stange. Keine Möglichkeit, den Kasten anders zu erreichen. Staubsauger sind viele da, irgendwo auf einem Haufen alter Dinge. Nachteil: Sie sind kaputt. Aber das Wunderbare: Mitten in einem Berg aus Abfallholz und Spänen entstehen wunderbar geschwungene Schiffe, teilweise über 20m lang. Die Kielbögen, vielfach laminiert mit edlem S- Bogen am Bug und aufgebogenem Steven. Es riecht aromatisch nach Holz und es klingt überall nach Hämmern, Hobeln und Sägen. Werkstattmusik.

Schöne, geschwungene Tormen (1500x1125) (1000x750)

Draußen werden die Schiffe an Land gezogen, dann stehen sie da, aus vielen läuft das Meerwasser wieder zum Meer zurück. Kräftige Hammerschläge zeigen, wo der Rott sitzt. Die Kettensäge macht mit den Planken kurzen Prozeß, das schwere Stemmeisen bricht die letzten Reste weg.

Blicj ins Innere (1500x1125) (1000x750) Der Mitarbeiteiter trennt die Außenhaut (1500x1125) (1000x750)

Ein paar Tage später ist plötzlich ein Spant ersetzt, dann eine Planke nach der anderen PASSGENAU eingesetzt und mit wuchtigen Hammerschlägen festgenagelt. Mit dem Elektrohobel abrunden, kalfatern, verspachteln. Erstaunlich schnell wird die kranke Stelle wieder verschlossen. Eine traditionelle, wunderbare, kleine Welt der Arbeit. Als Kunde wär’s mir mit weniger Unordnung viel lieber. Unverständlich für die anderen.

Die Arbeiter dort passen dazu.  Sie sind fröhlich, lachen gerne, erzählen mir viel über die Arbeit (viele können englisch). Pausen macht man  natürlich unter einer abgestützten Gulet, mit Zigarette und Nescafé. Mal spendiert einer eine Runde Döner, dann gebe ich einen Kuchen aus. Eine rabenschwarze Katzen- Großfamilie, 3 Hunde und eine Schar Hühner aller Altersklassen samt Hahn fühlen sich mit uns wohl.

Der Pausenraum (1000x750) (1000x750)

Da ist der Chef, heute im schwarzen Anzug. Gelassen weicht er den Pfützen aus. Er schaut zu wie gearbeitet wird. Arbeit ist wichtig, nicht das Umfeld! Vorgestern hatte er sogar eine Schaufel zum Abgraben in der Hand. Das hat aber nicht so recht geklappt. Sein knappes Kopfnicken zu mir könnte ein Gruß gewesen sein.

Der Transportfachmann: Rote Hose, blaues Hemd, Adiletten. klein und quirlig. Unter seiner Führung verlassen die Boote das Wasser.  Wenn er nicht aufpasst, dann droht die Katastrophe. Schrammen am Boot beim Aufpallen gehören hier dazu. Er macht alles mit frohem Lachen.“ I do it today!“, sein einziger englischer Satz. Ich warte aber schon 2 Wochen auf das Ausflicken des Kratzers.

Er weist das Zugfahrzeug an (1000x750)

Der Mann am Spill: Die Einheit in Weiß, schwarzgrau. Er führt ein langes, dickes Stahlseil in mehreren Windungen um das Spill, so eine Art Seilwinde, und auf Pfiff des Transportfachmannes  schaltet er den Motor zu und zieht den Slipwagen im Schneckentempo aus dem Wasser. Ob er wohl mal seine Kleidung wechselt? Das ölige Seil färbt ab und so dunkelt die Kleidung ein.

Er bedient das Werftspill (1000x740)

Der Taucher und Vorderlader-Fahrer: Wenn der Slipwagen ins Wasser fährt, fährt er im Taucheranzug mit und dirigiert das Schiff zwischen die Stützen. Keine ungefährliche Unterwasserarbeit. Gulets wiegen oft über 100 Tonnen. Seine Hand ragt aus dem Wasser und signalisiert dem Adilettenmann oder dem Steuermann an der Schiffsmaschine, was zu tun ist. Ist das Schiff aus dem Wasser, dann steigt er (mit Taucherbrille und -anzug) auf sein riesiges Fahrzeug und drückt den Slipwagen in die Parkposition. Sein Nachtlager hat er auf einem Sofa im Aufenthaltsraum aufgeschlagen.

Er richtet die Stützen (1500x1125) (1000x750)

Attila: Seit neuem in sauberem, knallrotem Overall mit verwegener Piratenmütze. Gerade schiebt er Bretter in die Hobelmaschine. Mal hilft er dort, mal da, dann wartet er auf Arbeit, zwischendurch ist er ein paar Tage weg. Auch immer fröhlich. Er hatte einen Motorradunfall und sei seither etwas komisch.

Attila (1500x1125)

Der Fischhändler: Es ist mir nicht gelungen, seine Funktion in der Gruppe zu ergründen. Er gehört nicht zum Stamm, ist irgendwie Gast. Er kommt abends mit seinem Lieferwagen, übernachtet darin und wenn er am Morgen einen Anruf bekommt, holt er irgendwo Fische ab. Er nimmt mich gelegentlich mit in Richtung Marmaris oder Bozburun zum Markt. Ein netter Kerl. Wenn ich in sein Auto steige, gibt’s einen Schuß Kölnisch Wasser auf die Hände. Das soll den Fischgeruch vertreiben.

Und das Dreamteam, Nail und Mustafa: Sie bauen mein Teakdeck auf. Es gibt keine Probleme, das Deck wird 1000 Jahre dicht sein und sie sind die absoluten Fachleute. Sie haben auch wirklich was los. Das ruppige Umfeld setzt sich leider auf der EOS fort. Wie kann man nur arbeiten und gleichzeitig so viel reden? ? Türken reden überhaupt gerne, auch über große Entfernungen hinweg.

Nail und Mustafa (1500x1125) (1000x750)

Neben „meinem“ Duo arbeiten noch eine ganze Reihe freiberufliche Bootsbauer. Es gibt ja im Winter viel zu tun, weil aus vielen Gulets Wasser rinnt. Im Sommer fahren einige die Gäste oder sie arbeiten an einem Neubau.

Pause beim Schweißer (1500x1125) (1000x750)

Alle haben ihr Netzwerk. Wenn man möchte, erfährt man viel. Wer zu viel für eine Reparatur bezahlt hat… Welche Gulet nichts taugt, welche schnell segelt . Welche einen nächtlichen Abstecher mit gut zahlenden „Reisenden“ in die ganz nahe EU unternommen hat und dass deren Besatzung nun einsitzt.

Abends sitzen gelegentlich kleine Grüppchen  zusammen, grillen, trinken Bier, rauchen. Eine fröhliche Gemeinschaft. Alles passt auf eine besondere Art zusammen und lässt schöne Schiffe entstehen. Wäre John Steinbeck hier, sein Roman würde sich um die liebenswerten Leute hier drehen.

Die Erde hat Gott auch aus dem Chaos erschaffen…. „und Er sah an alles, was er gemacht hatte und siehe, es war sehr gut