19. Von den Sivota-Inseln die Küste hoch
…und Erinnerungen an den Törn 1987 -mit der MARION und Martin,4, und Joachim,5J., 24 Jahre zurück
20. Juni 2011
In dem kalten Fluß ACHERON , in dem das Bier überm Kiel im „Kellerfach“ 17° kalt ist und man fast kalte Füße kriegt:-) flöte ich fast feierllich Morgenlieder…Im Schilf royal-blaue Libellen, zwitschernde Schwalben ziehen ihre Kreise über mir..
Dann dreht der Skipper unsre flußbreite EOS kunstvoll in der Strömung um 180°. Bald wühlt sich ihr Bug durch den Meeresschwell an der Mündung. Wir motoren eine gute Stunde rüber zur Bucht Joanniou. Hier gibt es unter Wasser eine Süßwasserquelle, bei der früher Schiffe ihre Wasservorräte mit Brackwasser aufgetankt haben. Am weißen Strand um 12 Uhr mittags 4-6 Sonnenanbeter, ein Kiosk, ein paar Stühle… Wir baden, machen mit dem Schlauchboot eine Paddel-Rundfahrt. Gerhard kocht Spaghetti pesto, im stark schaukelnden Schiff braucht er die Topf-Klemm-Halterung am Herd. Ungemütlich, ein Gast wäre längst seekrank…Dann bleibt viel Zeit zum Lesen der alten ZEIT vom 1.Juni…Top-Thema: Griechenlands Sparzwang. Protestaktionen in Athen, 120 Mrd. Kreditwunsch…
Es folgt nach dem langen Schiffschaukel-Tag noch eine lange wilde Nacht, in der ich bis früh um halbfünf nicht zum Schlafen komme, EOS liegt quer zum Schwell 😦
Alpträume, die es wert wären, als Buch zu erscheinen…Früh um 8: Ruuuuhe….
21.Juni: SOMMERANFANG. 1. „heißer“ Tag. Sivota-Valtou
Wir genießen einen köstlichen Segeltag, Leichtwind von vorn. Endlich denk ich mal daran, ein kleines Video zum Mit-Erleben der Leser zu drehen:-)!
An Backbord die dunstige Hügelkulisse der Insel Paxos, an Steuerbord die grünen Hänge des Festlandes Richtung Igoumenitsa, wo die große Minoan-High-speed-Fähre auf ihrer 24-Stunden-Express-Strecke ab Venedig nach Patras mal stoppt. Wir biegen ahnungslos ein in die enge Bucht hinter der Insel Nikolaos…keine Einsamkeit mehr wie 1987.
Sivota…?
Der ganze Hang ist nun bebaut mit Komfort-Häusern mit Natursteinfronten, Swimmingpool, Blumen, Rasen, und unten auf der Sandspitze hat sich ein lebhafter Sport-Animations-Club Neilson eingerichtet(..Heikell im Handbuch: „…which I guess will have its fans, though I am not one of them!“)…Alles spricht English, very British, junge Leute, alles in orange!! (:-) meine ödp-Parteifarbe)Die Surfsegel, die Kajakboote, die Laserjollen, die Katamarane, die T-Shirts…! Die sehr engagierten Animateure brüllen vom Motor-Schlauchboot aus ihre Kommandos, loben die Anfänger, fotografieren jeden mit einem mächtigen 30 cm-Tele-Objektiv. Oh, what a fun!!!! Really!!!
Wir üben uns in Toleranz, freuen uns mit den Urlaubern, die sich mühen, zwischen den 5 ankernden Segelyachten durch zu kreuzen. Tourismus-Management. Das, was unsre Tochter studiert…
Paradiesisch ist sie, die Bucht, man kann durch nur 20 cm flaches Meerwasser über eine Sandbarre waten von der Club-Insel rüber zum Festland.( Besonders gespenstisch trottete da ein Hund im Mondschein nachts um 12, 1 Stunde lang…).
Wir staunen: all die Hektik endet urplötzlich. ..Um 17 Uhr „finished“! Die 6-8 Animateure(4-5 Mädels) räumen fein säuberlich alle Sportgeräte wieder auf, stapeln die Kajaks wie Toastscheiben, vertäuen die Jollen ordentlich an den Bojen, hängen die orangenen Surf-Segel wie Kleiderbügel in einer kleinen Markisen-Halle an die Stange, parken die Schlauchboote in Reih und Glied ein: „very british-continental“! Tourismus nach Plan. Dann eine Runde Ballspiel.Die Nacht bei Musik und drinks wird sicher lang…
Ich brutzle an Bord dank eines grünen Straußes ganz frischer, saftiger, unbeschreiblich aromatischer wilder, klein-blättriger Pfefferminze (von der Kapelle am Acheron) 15 leckere Zucchiniküchlein!
Ein vollbesetzter Khaike mit Lichterkette und klirrender Bouzuki-Musik an Bord pendelt hin und her und holt die Club-Urlauber am Steg ab zum Dinner..oder zum nahen Hafenstädtchen Mourtos, bis Mitternacht, immer dieselbe Sirtaki-CD…
Die Nacht haben wir zahlreichen Besuch: SCHNAAAAKEN…
22.Juni: Um 8 früh steigen wir mit Rucksack den steilen Hang hoch und drüben runter nach Mourtos, zum Einkaufen. Wir erkennen unser stilles, verträumtes Sivota-Dorf von 19
87 nicht wieder: Zahllose große Tavernen (Pizza, Toast, Filter coffee, continental breakfast…) , eine Marina-Mole mit ca. 15 Yachten, ein gepflegter Stadtpark mit Stein-Weglein zwischen Blumenrabatten und Palmen…Aber wir finden eine neue FAZ! Vor dem Supermarkt redet temperamentvoll ein grellbunter Riesen-Papagei und antwortet über den ganzen Platz hinweg einem rufenden Griechen, witzig! Es klingt auf beiden (!) Seiten wie ein ärgerlicher temperamentvoller Disput.Der Kaufmann, mal in Deutschland als Arbeiter, freut sich, daß wir schon vor 24 J. hier waren und schenkt uns ein großes Glas Honig von seiner Mutter! Gerhard kauft eine Citronella-Kerze gegen die gierigen Bord-Schnaken.
Am Rückweg über den Hügel blicken wir stolz auf unsere schöne EOS hinab, die in der romantischen bewaldeten Bucht ankert…
Um 12 tasten wir uns vorsichtig zwischen den Inselchen durch, 0,7 m Wassertiefe unterm Kiel! Draußen bizarre 30 m hohe Felsnadeln, Höhlen wie Dome, teils nun ohne Dachgewölbe. Bis auf 10 m wagen wir uns heran…Wie ein Gebiß eines Riesen ragendie Felsen-Säulen aus dem blauen Meer…Die Sonne wirft ihr Licht von oben hinein, gespenstisch.
Schönes Segeln entlang der Festlandküste, in der Ferne schon die hohen, braunen albanischen Berge! Links Korfu, das ich seit 1974 kenne, wo auch unsre gute alte Marion 1987 1x über Winter blieb, bevor ich schwanger wurde 88…
Sanft biegen wir ein in „unsere“ vor 24 Jahren so entlegene, einsame, verträumte Fischer-Bucht VALTOU…Vorbei der Zauber: 7 weiße Rotfock-Yachten der Flotille ankern hier, ein großer Musikdampfer legt grad ab, überfüllt mit der während der Wasserschlacht (mit Eimern) johlenden Menge junger Leute („Hey!Deutsche!!! Juhuuuuuh!“). Und es ist wie in Mallorca oder Kusadasi und Cesme/Türkei.
Leider ist dieser Schnappschuß unscharf, aber doch eine Momentaufnahme aus dem Alltag der Fischer.
An der Landspitze der Sandbarre vor der Lagune, die der mündende Fluß THIAMIS hier formte, gibt es nun leuchtend pinkrosa Schlauch-Ringkissen und Luftsofas, auf denen dann die Touristen lärmend übers Meer gezerrt werden, Moto-Scooter jagen in Kreisen vorbei, ein Boot schießt heran, im Schlepp die schreienden Gäste auf einem giftgrünen Luftkissen-Sofa. An Land 8 Barbecue-Grillpötte. Palmwedel-Schirme, Sonnenliegen…
Daneben die einfachen Fischer, wie damals.
Angler in kleinen Booten am Meer und am Ufer. Die lange Sandbarre ist mit Autos befahrbar. Gerhard rudert rüber und filmt einen Fischer, der in elegantem Schwung sein Wurfnetz auswirft, wie wir das schon 1987 beobachtet haben…Nachts angeln Fischer neben uns, die 2 Bootsbesatzungen unterhalten sich durch Zuruf, Um Mitternacht „Kalo! Kali nichta!“ Allein. Sterne ohne Zahl über uns.. Der große Wagen fast senkrecht hängend, links davon der helle Skorpion…
Unsere große uralte Petroleum-Ankerleuchte, die noch von Gerhards 100 Jahre alter eichenen LOUISA stammt, wirft ihren warmen Schein ins Cockpit…Drüben die Lichterkulisse der Küstenstädte von Korfu. Ruhig die Nacht, nur die stündlich fahrende Fähre schickt uns ihre Wellen…
ERINNERUNGEN aus dem kleinen Bonmots-Büchlein von 1987: Ein Schatz…
*Martin war 4.Ich fragte ihn, ob er noch weiß, wie der Fischer in der Bucht Valtou geheißen hat, der uns die Fische schenkte. „Nein!“ Ich: Probiers mal: Vassi…Vassil…Vassili…“ Er: „ah ja, Basilikum hat er g’heißn!“(Er hieß Vassilikos)
*Jo, 5, fragte ganz nachdenklich, ob die viiiielen Sterne, wenn die Erde eine Kugel ist, dann auch unter der Marion leuchten. Martin wollte wissen, ob die Kühe, die in der Lagune wiederkäuten, „aufwachen, wenn ihre Glocke bimm macht oder schläft die dann weiter??“
*Martin sah lange in die Ecke der Hügelkette, hinter der „seine“ Sternschnuppe „verschwunden“ war. Dann sinnierte er: Wenn des Sternle rübergesaust ist und ins Meer fällt, ist da das Licht ausgegangen und hat es dann gezischt??“
*Papa schnitzte damals, nachdem Joachim schon seinen Zweimaster aus 2 grünen Spriteflaschen hatte mit Styroportrapez, für Martin ein U-Boot aus einem Brocken Mahagoni vom Poller fürs Mastlegen. Das Holz duftete für das Kindernäschen fremdartig. Jojo meinte, es riecht wie was zum Essen. Martin schnuppert, sucht vergeblich nach einem Vergleich. Da erklärt Papa: „Woisch‘, des isch a ganz besondres Holz, ein ganz gutes wertvolles Holz aus einem fernen Land auf der andern Seite des Erdballs. Es heißt Mahagoni!“ Darauf Martin mit dem Ausdruck des Verstehens und Wunderns zugleich: „Ach so! Makkaroniholz, also doch was zum Essen!“
*Wir wanderten in der noch kühlen Morgenfrühe. Einsam. Dunstig. Verzaubert. Da sagt Martin feierlich und geheimnisvoll in die Stille: „Jetzt war’s mir, als hätt‘ mich der liebe Gott ein Stückle hoch gehoben…!!“
*Wir erhielten „posta restante“ den 1.Brief vom Opa, reich bemalt und mit wunderschönen Sondermarken. Die Kinder können sich das nicht vorstellen auf See. Fragt Martin sinnig:“Ist der jetzt mit der Brieftaube übers Meer geflogen?“
Martins „Maria badet das Jesuskindlein – in ganz viel Schaum“ dürft ihr im Original hier lesen. Und Jojos Kommentar zum so „böse“ dreinschauenden Gott der Griechen-Kirchen….
*Eine Frauenstimme intonierte in der Taverne in einem kleinen Hafen ein griechisches Lied zur Bouzuki. Fragt der kleine Martin:“Wieso ist die Musik immer so weinerlich?“ Zurück an einem heißen Tag klettert Martin sofort behende über die Reling, ohne Schwimmflügel. Ich lenke ein: „Martin… Moment mal, was machst du?“ Er resolut:“Mich ab-kühlerrn!! Darf i des net?“
*Wir haben am 1.9.87 gleich 4 Becher Schafsjoghurt gekauft. Am Deckel ist das Schäfle, prowataki. Martin malt ein Bild auf Papier. Ich lobe ihn und will es haben. „Halt! Halt! Noch net!“ Neugierig gucke ich dem Kleinen über die Schulter und vermute, daß er noch das Glöckchen hinmalen will. Fertig. Martin erklärt:“Ich hab nur noch die rosa Melkerle hin-g’malt! Des is nämlich ein Mutterschaf!“
Später hat er Durst und will was trinken. Ich reiche ihm ein Glas Pfefferminztee. Nein- das will er nicht. Ja, was denn dann? „Des, was so stachlig ist beim Schlucken!!“ Er hatte zum ersten Mal im Leben ein sprudeliges Sprite in einer Taverne gekostet…:-) gab’s aber nicht an Bord 😦
*Vom Jojo fällt mir noch ein, wie er 1990 als Zweitklässer in Korfu direkt neben unsrer kleinen 8m-MARION ein riesengroßes graues Kriegsschiffder griechischen Marine anstaunte. Gerhard erklärte ihm, daß es ein Minensuchboot war. Bei Sonnenuntergang gegen 8 rief Jo:“Schau, beim Bienenfänger ist die Flagge eingeholt worden!“ Dazu ertönte eine Fanfare von der Trompete…
*Martin, am 13. August als Erstklässler, rätselte buchstabierend an einem Wort in Pula herum: Papa hilft: „Duty Free Shop“…Martin prompt:“Geht man da zum Frühschoppen wie ins Clubschiff am Bodensee?“
Inzwischen sind über 2 Jahrzehnte vergangen … Bei Martins Augsburger Multimedia-Kunst-Firma „labbinaer “ läuft fast alles auf Englisch, und Erika studiert ganze Tourismus-Fachbereiche in Englisch…
Am 23. Juni segelten wir bei leichtem Wind um die großen Fischfarmen herum zum letzten kleinen griechischen Hafen SAYIADHA, bunt, nett, gepflegt, neue Laternen aus Kunststoff(!) an der kleinen Hafenmauer, 6 Tavernen mit Holzstühlen, wie früher. Dahinter kommt nun gleich Albanien…! GERDI
Hier alle Bilder „am Stück“:
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