40. Mit dem Zug ins Gebirge

EOS bleibt noch einen Tag im Hafen von Arbatax und wir kaufen Fahrkarten für den Zug nach Sadali, mitten in Sardinien. Es ist ein „Grüner Zug“, so eine Art Museumseisenbahn, aber mit 150 km Streckenlänge. Schmalspur 945mm, miteinander verschraubte Schienen. Sieht man dem Schienenstrang entlang, sehe ich: Er verläuft etwas krumm.

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Unser Dieseltriebwagen rattert und holpert sich anfangs durch die Ebene von Arbatrax, vorbei an ausgetrocknetem, braunem Gestrüpp, Büschen, mächtigen Kakteen und bizarren, glatten, ockerbraunen Granitfelsen. Dann beginnt er sich hochzuschrauben, Hafen und Meer ziehen sich im Dunst zurück. Ich habe den Eindruck, das Schienenband besteht nur aus Kurven. Dann der erste Halt. Der einzige Wagen füllt sich – ausschließlich mit italienischen Touristen, vielen Kindern – . Ein lustiges, fröhliches Völkchen. Sieht man über die Köpfe der Reisenden, dann bewegen sie sich alle im Takt der Schienenstöße. Rattatat – rattatat – Rattatat.

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Wir sind schon mitten im Gebirge, unter uns bebautes Land, Wald, getrennt durch breite Brandschneisen. Gelegentlich ein überraschend großer Ort. Welcher Arbeit gehen die Leute dort in dieser abgeschiedenen Region nach? Der Dieseltriebwagen hält zum Tankstop. Wir vertreten uns etwas die Füße. Ein Pfiff vom Signalhorn ruft uns zurück. Größere Straßen, die den Schienenstrang queren, sichern Posten durch eine Kette über die Straße.

Jetzt haben wir den ersten Bergkamm erreicht, 830m Höhe. nur niederes Gestrüpp, magere Rinder und Pferde weiden. Hinter einer Kurve steht eines auf den Schienen. Schnellbremsung, Pfiff. Das Tier flüchtet. Vor einem Tunnel ein Rollerfahrer auf einem engen Pfad neben den Gleisen für die Streckengeher. Eine Abkürzung durch den Tunnel?

Ein Ort auf der anderen Talseite. Unser Zug fährt vorbei, nein, er fährt kilometerlang das Tal auf der Höhenlinie aus, um in den Ort zurückzukehren. Keine ortsansässigen nutzen die Eisenbahn. Zu langsam. Auto und Bus haben sie abgelöst. Vor langer Zeit war diese mühsam gebaute, überaus kurvenreich in die Landschaft geschnittene Strecke, die einzige Verbindung für Menschen und Waren. Schön, dass man sie erhält, wenn auch nur im Sommer für die Gäste der Insel. Ein Halt an einem zur Bar umgebauten Wärterhaus. Ein paar Minuten aussteigen, einen Kaffee trinken, einsteigen.

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Die Gegend wird jetzt wild, vollkommen bewaldet, hohe mächtige Felswände, gelegentlich eine Schotterpiste, tiefe Täler, keine Orte. Ein guter Versteck für böse (Maffia)Buben? Über steinerne Bogenbrücken, durch kurze Tunnels, eine enge Kurve nach der anderen. Alle paar Kilometer ein Streckenhäuschen, jetzt unnötig und dem Verfall preis gegeben. Dann geht das Felsengebirge in eine hügelige Hochebene über. Das wilde Schaukeln geht in ein gleichmäßiges Rattern über.

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Wir sind nach 3 Stunden und etwa 120km am Ziel: Sadali. Ein kleiner Ort, „der seine Identität sucht“ wie auf einer Tafel erklärt wird. An den Häusern hängen Bilder der früheren Bewohner in ihrer Tracht. Liebevoll gestaltete Straßenschilder aus Keramik weisen die Wege. Schöne alte Häuser am Hang. Wasserreich. Ein kleiner Wasserfall stürzt über bemoosten glatten Fels, eine Klamm , in der das Bächlein verschwindet sind die Attraktionen. Ein abgeschiedener Ort, der versucht, seine Schönheiten ins rechte Licht zu rücken. „Des klingt doch deutsch!“ hören wir 2 junge Frauen sagen. Sie sind aus Stuttgart und auf Besuch bei Ihrer Schwester mit ihrem Mann und den 5 Kindern, die die Liebe hierher verschlagen hat. Nette Leute.

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15:40 Uhr Rückfahrt. Die Fahrgäste sind jetzt nicht mehr so lebhaft. Müde, alles an der Strecke schon gesehen, man döst etwas. 38°C im Wagon. Jetzt, talab, legt der Zug noch einen Zahn zu, wildes Geschaukel. Ob er sich noch auf den Schienen hält? Vor mancher Kurve, spränge er jetzt aus den Schienen, ging´s direkt in den Abgrund. Eine dritte Schiene an diesen Kurven würde ihn aber zumindest auf dem Gleisbett halten. Wild schaukeln die Fahrgäste auf ihren Sitzen. Dem Lokführer steht nur ein dünn gepolsterter, kleiner Notsitz zur Verfügung. Kein rückenschonender Arbeitsplatz! Immer wieder nehmen Fahrgäste neben dem Führer Platz, um die Strecke mit seiner Sicht zu sehen. Filmkameras surren. Noch einmal den Fahrtwind am geöffneten Fensterschlitz und die einmalige Landschaft genießen.

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Ein Halt an einer Quelle am Rande der Gleise. Aussteigen, Flaschen
mit kaltem, gutem Wasser füllen. Endlos zieht sich die Fahrt hin, bis endlich weit unten der Hafen am Meer sichtbar wird. Dann noch fast eine Stunde: Dann läuft unser Zug in den Bahnhof von Arbatax auf 3m Meereshöhe ein.

PS: von Gerdi: Ich war begeistert von diesem wundervollen Tagesausflug ins „Cuore di Sardegna“, das Herz von Sardinien – unvergeßlich schön!

39. BILDERBUCH-SEGELN AN DER SÜDKÜSTE SARDINIENS

Gesamte Reise auf See.doc
GERDI
Bucht Porto Pino,
Sanddünen, Sandstrand, 13. August 2011
13. August. Es ist der Abend des 50. Jahrestags des Mauerbaus* in Berlin( *damals war ich 13 und in der kleinen Molkerei, wo Vati Urlaubsvertretung machte, war ein… Fernseher!!!! Wir kauften den 1. nach dem Studium, 1970! Daher kenne ich die Live-Bilder vom Bau an der Bernauer Straße, am Brandenburger Tor: Stein auf Stein, 3 m hoch, die runde Röhre oben drauf und viel Stacheldraht-  und die nicht einschreitenden amerikanischen Panzer…) .
Wir liegen vor Anker. Da ruft jemand von der Nachbarcrew: „EE-OOO-S!!? Mangare con noi??“
Ah, wir sind eingeladen auf dieitalienische Nachbaryacht: „RELAX“, Skipper Roberto. (Liegt sonst auf Insel Tavolare. und sie wohnen am Lago di Garda, wo sie ein zweites Segelschiff haben…) Sie hatten meine Abendlieder auf der Flöte belauscht …und sie lieben die Schiffsform der EOS. Sie kennen uns schon von Carloforte.
Da unser Beiboot schon ohne Luft seefest verpackt an Deck verzurrt ist, schwimmt Gerhard einfach hinüber. Herzlich der Empfang. Roberto holt mich schwungvoll mit dem eignen (motorisierten) Tender ab. Wir haben ein recht munteres Gespräch zu sechst, erst auf Italienisch, (Roberto kann weniger Englisch als die Gattin und die Gäste), dann auf Englisch+ dolmetschen. Es gibt dunklen schweren Rotwein, und einen goldgelben, süßen Dessertwein, einen typischen Sizilianer, dürfen wir auch noch probieren zum Apfelkuchen, himmlisch. Als Dankeschön singe ich noch alle Verse des deutschen Abendliedes von Matthias Claudius vor, denn es paßt soooo gut zum Mondenschein, – und der jüngere Mann an Bord hat mal in Nürtingen/D gearbeitet und versteht durchaus Deutsch.
„Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar…! Seht ihr den Mond dort stehen….so sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen….weil unsre Augen sie nicht sehn…!“ Er erklärt es den Eignern kurz, und er singt sogar mit!….Und das vom deutschen, schwarzen Wald, dem Nebel über den Wiesen und die Fürbitte für den kranken Nachbarn übersetzen wir ins Italienische! …I complimenti…“Mi piace!“
KURSWECHSEL
An jenem Abend beschließen wir, auch nach dem Wetterbericht von ROBERTO, umzukehren und nun doch nicht die Westküste hoch zu segeln, Der Nordwind würde uns oft auf die Nase blasen und wir müßten kreuzen und wohl die doppelte Strecke benötigen…Also „ZURÜCK“  und noch einmal rum ums SÜDKAP, danach die Ostküste hoch, Richtung Arbatax…
Liest man das Bordbuch auf der linken Seite, wo ich die „Stimmungsbilder“ beschreibe, und Gerhard rechts die navigatorischen Tatsachen samt Wind und Uhrzeiten…) liest man nun täglich :
„Türkisblau das Meer, glasklar das Wasser, wunderschön!“ Aber es steht da auch: „Sehr schaukelige Nacht…!“ Das heißt „kaum Schlaf“. Man rollt in der Dünung seitlich heftig nach links und rechts, das Schiff ächzt und reißt, die Ankerkette knarrt, übel diese Schlingerbewegung. Im Mittschiff mag es noch erträglicher sein, aber im Vorschiff!?? Früh ist man dankbar, wenn der Anker hochgezogen wird und die EOS segeln darf…egal, mit welcher Schräglage.
Nordöstlich des Inselchens TUARREDDA ankern wir…ein Zauber, das leuchtend grünblaue Meer….Lesen. Genießen. Abends koche ich im Wok Ratatouille und Klebreis.
Auch am 16.August: WONNESEGELN. Mit Groß und Fock bei halbem Wind und 5 kn Fahrt zeigt sich unser Segelschiff von der besten Seite. Mittags gibt’s kühlschrank-kalte Nektarinen und Honigmelone in eleganten Schnitzen, um 4 dann Kaffee mit den lockerleichten Taralucci-Keksen mit der eingeprägten Mühle und dem Wasserrad 🙂 . Um 6 steuern wir die touristisch so heißgeliebte  Bucht vor dem Hafen von VILLASIMIUS, Bucht Pira, an und ankern auf glasklarem Wasser. Traumparadies für Urlauber. Viele Ankeryachten. Viele französische und spanische Flaggen. Nun auch mal wieder rote englische Fahnen auf großen blitzenden weißen Motoryachten mit blau illuminierten Treppen am Heck und leider oft stundenlang laufenden Motoren, was die Nachtidylle in einer Mondnacht doch stört 😦
ROLLE RÜCKWÄRTS…ins Wasser!
Am Morgen paddeln wir mit unsren Rucksäcken raus zu den runden Felsen, klettern hoch zum Fußweg unter den schmucken Chalèts, laufen rüber zum MARKET. Ein fescher junger „Marktschreier“ ruft mit dem Megafon zwischen den Verkaufsregalen frohgelaunt und wie ein ambitionierter Animateur die Sonderangebote des Tages hinaus. Witzig! Die Einkaufsliste ist heute lang, Melone, Nektarinen, Schweinefilet, Steaks, Birnen, 1 l  Menta-Sirup, Nudeln, Zucchini, Gurken, Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Milch, Butter, Käse, un eto Parmaschinken( 100 g), Joghurt, Mehl, Eier, 6 Zweiliterflaschen Wasser, 6 Bierdosen, Nüsse,…Gerhard nimmt das ganz schwere, ich schlichte Obst, Gemüse, Fleisch, Eier… stoßfest in den Rucksack und huckle ihn auf. Dann geht’s zurück über die Felsen zum Schlauchboot. Dummerweise geb ich den Rucksack nicht weiter an Gerhard im Boot, sondern laß die wohl 8 kg am Buckel. Schön blöde!! Ich setze den rechten Fuß über den dicken Schlauchbootring außen, halte mich mit der linken Hand am Fels, mit der rechten Hand am Sitzbrett, das klinkt sich aus, ich bin waagrecht im Hangelstand, Gerhard versucht das Schifflein am Fels zu halten, aber es schwingt meerwärts aus..! Ich hänge …will nicht am Ufer loslassen, denn dann wäre sofort der ganze Rucksack im Wasser… er zieht mich bereits nach unten. Verdammt, das wird ne Rolle rückwärts, denke ich noch! Ge
rhard:“Los, schwing dich rüber.“ „Ich…kann nicht…!!!“ Im letzten Moment springt ein Urlauber herzu und hält mich am Arm..ich steige mit dem linken Bein beherzt ins Wasser, finde Grund auf glitschigem Fels, der Rucksack zerrt an den Riemen, bleischwer vom Meerwasser. Außen war nämlich noch ein Frottéehandtuch verpackt, das sich vollgesaugt hat…also nochmal 2 kg…
Wir müssen nun doch lachen! Grazie, molto grazie, und ab geht’s mit Paddelkraft. Ich sitze in einer Meerwasser-Pfütze, die Ledersandalen, der Rucksack, das Kleid – und natürlich die Geldscheine…patschnaß. Ich muß an unsre Hochzeitsreise im Faltboot 1981 denken, schwanger im 5. Monat, 2 Wochen auf der kroatischen Krka, einem Fluß, da bin ich nie „reingefallen“´…Und an Erika und Jojo, die die „Eskimo-Rolle“ im Kajak sicher elegant beherrschen. Mama hat wieder mal die Rolle rückwärts nicht geschafft. Wie am Gymnasium beim Abitur…:-)
Übrigens war nichts kaputt, auch nicht die Eier, die ganz obenauf „lagen“, keine Milch zerdrückt, keine Tomate gequetscht. Ich brauchte aber 1 Stunde, um alles zu „waschen“, den Rucksack zu wässern in Süßwasser und alles unter dem Großbaum in Sonne und Wind zum Trocknen auf zu hängen…
Dann gab’s ein Gläsle Campari. Ich war froh, daß ich mir beim Festhalten nicht die Skischulter nochmal ausgerenkt hatte. Wär just der fast gleiche Ort gewesen wie 2009, als ich in CORALLO die Treppe runter gestolpert war, was Verletzungen und Klinik-Ambulanz in Cagliari zur Folge hatte…
18.August. Ruhige Nacht. Ganzer Tag Wonnesegeln!  3-4 bft stetiger Wind. Ich steuere stundenlang frei von Hand die Pinne! Es ist wie ein Rausch. Wie damals am Chiemsee, 1974, als ich den Sport erlernte. Der Auto-Pilot darf mal Pause machen.
Mittags mariniere ich das halbe Schweinefilet, in 2 mm Scheibchen geschnitten, in asiatischer Teryaki-Sauce, Knoblauch, Thai-Curry. Nachmittags gibt’s zur Kaffeepause weich-zarte in Rauten geschnittene Honig-Lebkuchen mit dünnem Zuckerguß, fast etwas „weihnachtlich“ gewürzt, eine Spezialität Sardiniens; und ich denke laut: “ Gerhard, wenn du Anfang November von der Rhône-Rhein-Kanalfahrt mit der EOS heimkommst, ist gleich St.Martin…Da täten uns diese Lebkuchen grad schmecken:-)“
Nach 8 Stunden fast atemberaubend schöner Segelei vor Küsten, Felsen und kleinen aus dem Meer ragenden Inselchen unter Naturschutz fällt der Anker vor dem Sandstrand des kleinen Hafens von CORALLO. Wir bleiben draußen. Es hat Dünung, Schwell läßt das Schiff schlingern und schwanken. Nachdem 2 Gasflammen brennen, wird es tropisch heiß in der Kajüte.. Trotzdem siegt mein Optimismus: Ich schnippele die Pfefferminze, hobele 1/2 Zucchini, schlage Eier auf und rühre Pfannkuchenteig mit Orangenaroma und Zimtzucker. Backe Küchlein. Schneide Gemüse für das Thai-Curry, brate Zwiebelringe und Knoblauch in Sesamöl,brutzle je 2 Minuten portionsweise die Filet-Streifen braun, danach das Gemüse, inzwischen ist der Basmatireis gar. Es wird ein recht verschaukeltes, pikantes leckeres Abendessen im Cockpit.
Poetisches Zitat aus der „Zeit“ vom 4. August, das wunderbar zu den Nächten in Sardinien paßt:
Der Mond geht auf wie eine orangefarbene Lampe, und man meint einen harmonischen Klang zu hören, einen hellen, weichen, warmen Akkord, der einen versöhnt mit der Hitze des Tages.
Das Meer verliert sein leuchtendes Türkis, wird blau, dann rötlich
5 Uhr früh über der Altstadt von Antalya, die kaum ein All-inklusive-Urlauber besucht:
… der Himmel  in einem sagenhaften Rostrot getönt…Bevor der Tag die Nacht übernimmt, hat diese Stadt ihren zärtlichsten Moment…Ausdruck wohliger Erschöpfung…bevor die unbarmherzige Wärme wieder zuschlagen wird….
Nun ist der 19.August, nach wild verschaukelter Nacht, 1 Std. Schlaf, segelten wir nach ARBATAX. Bis bald!

38. CARLOFORTE und die "Dienstleister"

EPISODEN IN EINER STADT AM SÜDENDE SARDINIENS

Die „Dienstleister“- oder „wer wo wem was hilft!“

Gerdi am Sonntag, 14.August 2011

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Wir liegen gerade für 1 Nacht vor Anker in der Sandstrand-Bucht Porto Pino, südl. v. Carloforte,der Ostwind pfeift und schüttelt die EOS und wirft nervöse Wellen auf die sonst türkisblaugrüne See…Unser Blick geht auf eine ausgedehnte Sanddüne! Traumhaft gestern der Sonnenuntergang, die Rindfleischbrühe (mit Ossobuco, „Beinscheiben“ ganz frisch vom Metzger) und der Aufgang des Vollmondes über dem oberen Saum der rötlich-golden schimmernden Düne war zauberhaft. Bella Sardegna!

1. DIE KUNST ZU LEBEN – auf Sardiniens Süd-Spitze
Früh am Morgen segelten wir zurück zur Stadt CARLOFORTE…
Samstagmorgen. 10 Uhr früh. Der Schuster „Niki“ ist noch nicht fertig mit der Näh-Hand-Arbeit an unserem im Starkwind gerissenen Genua-Vorsegel.
Er braucht 5 neue Nadeln, und nochmals 3 Stunden für die vielen Stiche…Stoff und Faden hat Gerhard schon gestern abend in diversen kleinen Läden gesucht und gefunden:-)

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Zeit zum Bummeln durch die Gassen. Wochenende. Urlaubszeit. Sommerfreude.
Unter 4 ausladenden Gummibäumen plaudern auf der großen Piazza die Einheimischen auf schattigen Rundbänken, 10 Meter Durchmesser im Rund: Muttis mit ihren Babies, stillend, stolze Papas mit Buggies, aber auch ganz betagte, auch Rollstuhl-Leute. Wunderbar, diese Aufnahme in die Gemeinschaft, auch im hohen Alter.

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Auch für uns heißt es mal:Zeit für eine stille Stunde im Café…!
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Wo die Sonne auf die Stühle scheint, sitzt kaum einer. Aber in den Cafés auf der schattigen Seite der Gassen ist kaum ein Platz frei! Menschen jeden Alters genießen unter Bäumen und Schirmen den Morgen, man begrüßt sich mit 3-fachem Wangenkuß, bestellt einen süßen, goldgelben „Vin‘ Santo“, einen „Caffè corretto“(mit einem Schuss Grappa), einen „Caffè ristretto“ (Espresso, besonders stark) oder einen mit schaumiger Milch, den „Caffè macchiato“, meist mit einem warmen braunen Cornetto dazu auf die Hand (Croissant mit Aprikosen-Marmelade).
Die Bedienungen sind gerade am Morgen ausgesprochen liebenswürdig! Ohne sie ginge das gar nicht, dieses Hinsetzen und alles kommt von selbst, dieses kleine Glück am Morgen, vor der Hitze…Grazie …

DIENST-LEISTER“ –  ein so wichtiger Beruf, egal in welcher Branche. Erika hat uns das mal so schön erklärt: „Er muß dem Kunden/Gast jeden Wunsch von den Augen ablesen und immer lächeln, gute Laune machen, der Gast soll sich wohl-fühlen!„…Ich fühle mich auch wohl: bei einem Stand an der Lungomare fand ich ein Kleidchen in froschgrün, reines kühlendes Leinen, mit Häkelpasse am kleinen Ausschnitt, made in Italy. Der Verkäufer war ein ca. 18 jähriger schlanker „ganz schwarzer“ Junge. „Sono Tedesca! E tu?“ Erstaunt guckt er mich an. Wohl selten fragt ihn, den Dienstleister, den einfachen Verkäufer, ein Kunde nach seiner so fernen Heimat.
 „ Io???  Sono di SENEGAL!“ Vom „Bauch“ an der Westküste, im oberen Drittel von Afrika. Im Süden von  Mauretaniens riesigen Wüsten. „Do you feel homesick?“hake ich nach. Ein fast wehmütiges Lächeln huscht über das Gesicht… „Oooh….YES, I do….!“

2. Episode:
Die fesche Servier-Dame im „Due Palmi“

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Schon am Abend wurden wir so reiz-voll bedient von der attraktiven Dame in der Pizzeria „Due Palmi“ am Hafen, unter Palmen. Sie war bezaubernd, südländisch, schlank, sportliche Figur, Kurzhaarschnitt, und mit einem wundervollen sonoren tiefen Timbre in der Stimme, wow! Ich bestellte mir Muscheln, Gerhard eine „Pizza quadro stagioni“, und ich korrigierte die Aussprache schmunzelnd, da es ja sinn-entstellend ist mit „tz“… Da erklärt sie dem Signore äußerst charmant, daß es nicht „stazioni“ mit z (Bahnhaltestelle) heißt sondern Sta-dsch-ioni mit stimmhaften dsch!
Die Muscheln schmeckten köstlich…

3. Episode:
Der singende Schuster und das Segel 

In der Via Napoli fand Gerhard am Vorabend in einer schmalen Gasse jenen Schuster, der „auch Segel flickt“. Er braucht Segeltuch, Faden, Nadeln. Also fragt sich der Skipper durch von Stoffladen zu Handarbeitsgeschäft, zum Heimwerker- u. Haushaltwarenladen…Er bringt dem alten Mann, Niki, alles hin, und der schätzt mal so 8-9 Stunden Handstichelei….Welch markantes Gesicht. Wie Charles AZNAVOUR…Ob er auch so gut singt? Die titel der Oldies und Ohrwürmer auf einer Zeitungskopie an der Wand der Werkstatt deuten es an…

Wir laufen aus und segeln mit gutem Wind hinüber zur Insel Isola Piana, grillen Spieße mit Zwiebeln, roter Paprika u. Schweinefleisch, erleben vor Anker um Mitternacht ein brillantes Feuerwerk am Gegenufer…An Geld mangelte es den Veranstaltern nicht, 30 Minuten vom Feinsten. Auftakt zu der 3-tägigen Fiesta, FERRAGOSTA, Mariä Himmelfahrt. In den Kirchen von Carloforte waren die Altäre mit weißen unzähligen Lilien geschmückt, deren Duft so betörend ist.

Der Flickschuster nähte am Abend  die Nacht, er nähte früh um 10 immer noch…“Quando finito??“

„Mezzogiorno. Dodici + trenta minuti!“
Niki sitzt auf der engen Gasse gegenüber von seiner kleinen Werkstatt, die 12 Meter lange, störrische Genua hat er vor sich als weißen Haufen, und er näht Stich für Stich, erst die gerissene Naht, dann näht er einen meterlangen 15 cm breitenStoffstreifen über das abgerissene Achterliek. Er hat zuerst dieSegeltuchstreifen aufgeklebt, wie ein Verband :-), danach stichelt er mit Vorstichen…. Jetzt tut ihm sicher die Näh-Hand enorm weh!!! Eine anstrengende, einseitige Belastung! In seiner Werkstatt mit den Schuhen hängen an der Wand Zeitungsausschnitte, wo er mit dem Mikrofon in der Hand steht und Canzone singt, teils wohl selbst erdachte, aber auch Ohrwürmer wie „Ramona“, „Marina“, „Amore“, Qu’è sera,sera? Capri u.a. Ich singe einige Lieder an und er „begleitet“ mich mit seiner kraftvollen wundervollen Tenorstimme. Ein Hochgenuß!
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Nach unsrer gemütlichen Café-Pause ist das Segel um 1 fertig! Zu dritt breiten wir das Riesendreieck in ganzer Größe auf der Gasse aus, die Autos müssen kurz warten, legen die 15m-Bahn zu Dritteln in Bahnen und klappen alles wie eine Ziehharmonika zusammen, bis es in den Segelsack 1,20 x 50 passt. „Quanto costa, Signor?“ – Pause. „Aaaah, cento Euro!“ Molto lavoro !!! Dieci ore!“
„Capito! – Va bene!“ Ein Handschlag, eine herzliche Umarmung, bacio, bacio!

4. Episode:

 SCHUH-MACHERIN à la mode: ESPADRILLOS in Handarbeit

In direkter Nachbarschaft zum Schuh-Flicker hat eine ganz junge Schuh-Handwerkerin ihre Werkstatt. Man wählt aus dem Regal die passenden Schuh-Sohlen, geht zu den Bändern, Riemchen, Knöpfen, Schleifen, Blüten und Perlen in allen Farben und wählt nach Laune oder Farbton des Sommerkleides aus. Auch für kleine Signorinas gibt es viele Accessoires.

 Dann reicht man das Gewünschte an die Leder-Bastlerin, und schon beginnt sie die kunstfertige Arbeit. Sie stanzt Löcher oder Schlitze in das cm-dicke naturbelassene Leder, fädelt die Riemen ein, befestigt sie, schmückt sie nun nach Wunsch, setzt Blumen oder Schleifen, Perlen oder Holzstückchen, Korallen oder Knöpfe auf, bunt und fröhlich. Jedes Latschenpaar ein handgefertigtes Unikat aus Leder (biologisch) …

5. Episode: SMUTJE AN BORD

GERDI , DIE  SUPPEN-KÖCHIN 

Wir bummeln durch Carloforte auf der Suche nach einem Metzger. Eng sind die Gäßchen, mal bloß 1 Meter schmal, und düster! Manchmal steckt ein Brief ganz sonderbar senkrecht in einem winzigen Schlitz zwischen Haustür und Mauerwerk! 1x ist erklärt, wie das funktioniert und ich fotografiere es: „Posta“! Einfach in den Schlitz in die Wohnung schieben. Geht aber nur bei einem einfachen Brief und Postkarten. Originelle Idee.

Bei einer versteckten Macelleria kaufe ich 2 Scheiben Ochsenbein, Ossobuco mit Knochen, für eine Rindfleischbrühe. In einem mit Waren vollgestopften, südländischen Negozio finde ich statt Brot die letzten Panini(Brötchen), kleine „Crema caramella“, frischen Salbei, saftige Pfefferminze(die Sardinier machen Pesto damit,  zum Fisch! Ich mach Pfannküchlein)
Ich entdecke versteckten Rosmarin, Zitronen mit Ast und Blättern, Prezz`émolo= Petersilie, das allerletzte Sträußchen heute!…(vor den 3 lande
sweiten nationalen Feiertagen müssen alle Frauen wie bei uns an an Weihnachten für 3-4 Tage und meist ein Festessen mit Verwandten einkaufen. An der Wurst- u. Käsetheke zieht man eine Nummer und stellt sich an, bis man aufgerufen wird. Ruhe, geduldiges Warten. Die Bedienung ist freundlich, die Leute fröhlich. Man plaudert. Ein Nachbarschafts-Treffpunkt.
Draußen Sonnenschein, viele Autos heute, Parkplatzsuche, Roller…Badehandtuch über der Schulter, Wasserflasche leger in der Hand…

 Volle Cafés, Gedränge auf den Boulevards mit den hübsch dekorierten Läden, den Gioielli (Juwellieren) mit der großen Auswahl an Korallenschmuck, den Souvenirshops mit handgeflochtenen sardischen Korbwaren und handbemalter Keramik. Urlauber und Einheimische mischen sich.Wir laufen zum Kai, wo die EOS längsseits schaukelt. Und dann nütze ich den milden Seegang und koche meine (von der ganzen Familie gerühmte typische MAMA-Rindfleisch-Suppe, auch eine Art „Dienstleistung“

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MEIN REZEPT:

Knapp 2 l Wasser
1 Tl Salz, 2 Brühwürfel Biorind oder WELA-paste
1 Tl Zucker
2 mit 3 Nelken gespickte Zwiebeln, geschält, im ganzen
3 Knoblauchzehen
1/2 Zitrone im ganzen
2 gr. Lorbeerblätter
1 Strauß frischen Salbei
8 Basilikum-Blätter
1 Zweig Rosmarin
6 Wacholderkörner
6 Korianderkörner
8 Pfefferkörner, schwarz
1 Msp Chili-Samen
Muskat, gerieben
etwas Kurkuma oder Safran zum Gelbfärben
2 Eßl Worcestersauce
1 Tl Balsamico-Essig
Origano od. Majoran
4 Kirschtomaten, 1/4 rote Paprika(oder Karotten)
1-2 Kartoffeln in Würfeln
Selleriegrün?
1/2 Tasse Olivenöl
1 Tasse  feinen Weißwein

1.Behutsam das Wasser mit den Gewürzen zum Kochen bringen.
2.Vorsichtig die 2 dicken Scheiben Ossobuco vom Rind oder Kalb einlegen.

Im Drucktopf auf Stufe 2 in 35 Min. butterzart und deftig im Geschmack.

Mittags setzen wir Segel und verlassen den Transit-Platz längsseits am Kai. Wir segeln mit gutem Wind und Schräglage flott (mit für die EOS‘ max. 6 kn!) – nur mit Groß und „kleiner“ Fock – wieder Richtung Süden und um die Insel Antioco herum zur großen Sandbucht Porto Pino. Eine helle Düne, türkisblaues Meer.Strandleben. Musik. Motorboote, die fullspeed um uns herumdüsen.
Wir verspeisen die feine Suppe und im Mondschein gibts noch die Karamel-Crème!!!
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Als die Suppe fertig ist, sinkt rot der Sonnenball ins Meer bei der Vogelinsel…und aus der Düne erhebt sich der riesige gelbe Vollmond. Ich muß schon ein wenig resolut sein, damit Gerhard 1/3 der Fleischbrühe auch wirklich übrig läßt 🙂 für den nächsten Tag! Als Dessert gibt es im Mondenschein Crème Caramel! Savoir vivre auf der EOS ! 

Meteo meldet weiterhin Mistral, 4-6, also starke Nordwinde. Da ändern wir unsren Plan: statt der West-Küste nun eben doch die Ost-Küste hoch !

Ab 23 Uhr lebhafte Urlaubsstimmung mit Musik für die Jugend an Land. Bis um 3 früh.

PS: Nachts um 23 Uhr SMS von Erika: „Wow, Oslo.was für eine Stadt! Sonne,18°C noch um 9 abends, Vollmond überm Hafen, junge internationale Menschen, endlos viele Bars. Oslo beeindruckt.“
Das freut uns. Auch wenn die Jotunheimen-Tour wohl mal privat gewandert werden „muß“…

36. VIVA SARDEGNA! Ankunft in CALGHIARI und weiter zum Südkap

GERDI’s Rückblick am 9.August 11

 

Wir bleiben nach der langen Nachtfahrt noch einen Tag vor Anker in der weiten Bucht „Porto Giuneo“, deren türkis-blaues hell leuchtendes Wasser einfach unbeschreiblich ist. Schon 2009 staunten wir über den Farbton in grün und blau, wo sieht sonst nur ein Swimmingpool aus. Allerdings schaukelten die hier ankernden Schiffe enorm… wenig Schlaf in unsrer schönen Schiffschaukel…
Am 4. August genießen wir einen flotten herrlichen Segeltag, von 9 – 16 Uhr…gereffte Genua, 4-5 bft, wunderbar 🙂 !
Dann taucht sie auf, die Schöne:
CAGLIARI, die stolze Stadt am Hügel, mit Festung, Kirchtürmen und der Kuppel der Basilika.
große Wellenbrecher schützen die Stadthäfen, die Hafeneinfahrt ist 400 m breit!

 

Die „Marina del Sol“ kennen wir schon, schlicht, Mooringleinen, derbe Holzbalken als Steg, ein Einkaufswagen für die Mülltüten,nur 28 ?? pro Tag, im Zeltling 1 WC und 2 Mini-Duschen, die Bar unter Zeltplanen, der „Opa“ mit weißem Vollbart, der Tisch voller Bücher(leider nur 3 deutsche, wir bringen nun 12 neue). Es liegen hier mal einige „kleinere“ Yachten wie die EOS!!

 

Man weist uns einen Liegeplatz an, mein Italienisch wird verstanden:-).Blick auf die Stadt und die andren Marinas, die Kreuzfahrtriesen. Alle 3 Minuten röhrt ein Touristen-Flieger hin oder weg. Die Wasserball-Polo-spieler in ihren Kanus, die seelenruhigen Angler mit ihren geduldigen Frauen, daneben das Mofa.
Nachts lauschen wir der hervorragenden Musik aus der nahen Arena: Das Musical „Der Glöckner von Notre Dame“- stimmgewaltig, dramatisch. (3x sind wir Zuhörer ohne Billet!) Es ist fast wie bei den Bregenzer Seebühne…

 

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Auf geht’s mit Rucksäcken zum SUPERMARKET ROMANA, ein „Hatsch“ von ca. 2 km in praller Sonne. Hier gibt es alles! Fein sortiert, liebevoll drapiert. Aprikosen, Birnen, Nektarinen, Melone, Salat aller Sorten, frische Basilikumblätter 🙂 und Tomaten und Mozzarella, Eissalat, Broccoli, Aubergine viola, Salbei und Rosmarin für das frische Huhn! Milch, zu unsrer gr. Freude sogar den geliebten GRIECHISCHEN Joghurt, denn in Italien gibt es fast gar keinen Joghurt naturale, alles nur süß und mit Frucht.
In Bedienung holen wir uns dann leckere Mortadella und Salami :“sottile, sottile“, ganz dünn aufgeschnitten. Man amüsiert sich, daß eine deutsche Signora den Fachausdruck kennt.“Brava, brava!“ freuen sich die Damen.
Amüsiert lese ich auf einer lacchsrosa Tube französischer „Pâté“ mit Kaviar-Creme diesen Satz: „Voulez-vous pâté avec moi?“ Witzige Werbe-Idee in Erinnerung an den Siegersong der 2 kleinen Russinen bei einem Songcontest „“Voulez vous coucher avec moi?“ 

 

Auch die einzige „Lavanderia“ für unsere Wäsche finden wir endlich in einer winzigen Gasse bei einer Kirche. Ein Glücksgriff, gut, daß ich genug Italienisch kann, um durch Befragen einiger Leute dieses Versteck zu finden. Mit Bettzeug und 5-6 Frottées, Shorts und Shirts und Spültüchern ist die 60°-Wäsche nach 3-4 Wochen doch nötig!

 

Wie Esele schleppen wir unsre Schätze heim und laufen erneut los: wir brauchen eine neue Fockschot! Sie kostet mit 3 ?? pro Meter nur halb so viel wie in Palermo, bei 30 m doch ein Vorteil.

 

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Am Abend wandern wir in die (ferne) Stadt und hoch zum Castell. Immer bergan. Bis zur hohen „Burgmauer“ und rüber zum Schloß oder wie man das riesige Bauwerk nennt:  Wuchtige Mauern, große Treppen, eine riesige Piazza mit hohen Palmen und zum Rasten einladenden Bänken, Fare niente am endlich kühleren Abend, auf glänzendem Marmor spielen Kinder Fangen und Ball…Wer die innerstädtische „Bergtour“  🙂 körperlich oder altersbedingt nicht mehr schafft, kann den Lift nehmen!! So können auch in die Jahre gekommene Bürger/innen ihren vom Wind durchlüfteten wunderschönen Lieblingsplatz mit Blick über Stadt und Meer noch lange genießen am Abend über Cagliari…

 

 

 

Fein gekleidete Damen und Herren mit Stola und Jacke stolzieren zum Konzert, Mozart wird gegeben, auch in einer Kirche ertönt nach dem Chor Beifall. Junge Liebespaare turteln auf der umlaufenden Marmor-Sitzbank an der Ballustrade. Im warmen gelben Lichtschein der großen Kandelaber ein wirklich romantischer Abend…

 

 

 

 Ich fotografiere erstmals im „Dunkeln“ mit meiner Canon IXUS 8015 – und bin erstaunt, daß es Fotos gibt!
Arkaden_am_hafen

 

Am Rückweg durch die Arkaden mit feinen Läden, vielen Bars, einer Eisdiele, in der wohl 100 Kunden geduldig in Schlange anstehen, ihren Bon kaufen, wieder 10 Minuten anstehen, – und dann das beste Eis der Welt bekomm
en: „Gelato artigianale“ , handwerkliche eigene Eis-Herstellung verheißt das Schild. Manche kaufen den Liter in der Styroporkiste à 16 ??, andere sitzen auf den Holzbänken im Freien und schlecken genüßlich ihr Lieblingseis im „Corno“ (Waffel-Hörnchen) oder „Coppa“ (Becher+Löffele)…Ein Schauspiel. Alle Altersklassen und Gehaltsgruppen friedlich vereint im Genuß! Bella Italia!

 

Freitag, 5.8.: Wir wandern um 9 früh in die Stadt, finden das Internet-Café Underground(wie 2009) in der Via Napoli, senden den blog von der Überfahrt.

 

Img_2605

 

Im Kühlschrank sind Tramezzini vorbereitet, diese typisch italienischen in Dreiecke geschnittenen 15×15 cm großen hellen Weißbrotbrotscheiben, die mit gekochtem Ei und Krabben oder Schinken und Majo oder Lachs und Rukkola gefüllt werden.Ein Kommen und Gehen der Internet-Nutzer, Pärchen im Urlaub, die nach Hause schreiben, auch afrikanische tiefschwarze junge Männer mit weißblitzenden Zähnen wie Perlen und einem bezaubernden Lächeln in den schwarzen Augen, hinter denen die ganze Fluchtgeschichte verborgen schlummert…oder „brennt“….

 

( 2. Teil!) gerdi

 

 

 

NOSTALGIE – EIN LADEN, DER SCHÖNES UND ALTES BEWAHREN HILFT

 

Nostalgie_im_elektroladenImg_2596Wunderschne_alte_tradition_sch

 

NOSTALGIE –  IN LÄDEN; DIE SCHÖNES UND ALTES  BEWAHREN HELFEN
Wir finden einen Elektroladen mit „antiker“ wunderschöner Einrichtung, mit 4m hohen Holz-Vitrinen mit Glasfronten, einer wohl 100 Jahre alten Trittleiter zum Hochklettern, einem der ersten großen Radios mit „magischem Auge“ und einem Platttenspieler hinter Hochglanzholzfronten.
 Die Auswahl originaler alter Steckdosen und Schalter ist umwerfend, es gibt nostalgische Kabel und Leitungen, die verspielten Lampen mit Glasschirmen entzücken wohl nur Italiener…

 

 

Oldtimer_bj
Nebenan, in vicino, ist die Taverna „LA PIRATA“, davor ein ganz niedriger Oldtimer, ein Unicum von Auto! Es gehört dem Chef der Kneipe, er legt Elvis Presley’s alte schmalzige elegische Schnulzen auf, zum Schmelzen…Und Beatles…Nach dem Espresso tanzen wir ein paar Takte Langsamen Walzer an der Theke….:-)

 

  

Huhn_orientale_an_bord

 

Zurück am Schiff koche ich um 4 trotz der gr. Hitze, 40°…Scirocco! 4-6 bft.

 

HUHN ORIENTAL:

 

1 Zwiebel + 6 Knoblauchzehen
2 große ganze Hühnerschlegel, 6 Std. in Gewürzen mariniert.
2 Zwiebeln, rote, mit 3 ganzen Nelken gespickt
1 rote Paprika in Streifen à 1 cm
1 Zimtstange
3 Stengel frischer Salbei
2 Stengel Rosmarinnadeln
1 Lorbeerblatt
Currypaste hot, 1-2 Tl
5 Pfefferkörner
1 Tl Chili-Kerne
1 Tl Sumac
2 Würfel Hühnerboillion
2 Kartoffeln in Würfeln
1 kl. Glas Wein

 

In heißem Öl die Hühnerschenkel anbräunen, raus nehmen
Zwiebelwürfel und grobe Knoblauchscheibchen in Olivenöl und Zucker karamelisieren.Falls das Fett zu braun wurde, im frischen Öl! Kräuter und Gewürze kurz dazu.
Mit 1 Tasse Wasser und Wein ablöschen, das Huhn zufügen, die gespickte Zwiebel, die Currypaste+ Hühnerbrühe dazu.

 

Drucktopf auf Druck bringen, 20 min auf kl. Flamme garkochen, sofort öffnen.
Es schmeckte himmlisch, auch noch am nächsten Tag…!!!

 

Am Samstag holen wir die frisch gewaschene Wäsche, heiße 39°..

 

Rosa leuchtend fliegen immer mal wieder Geschwader von FLAMINGOS in Formation am Himmel. Sie haben ihr Revier in der Lagune und dem großen See.

 

Flamingos_ber_cagliariFlamingo-formation

 

Am Abend wandern wir erneut von 19 – 24 Uhr, wohl 10 km, Altstadt, Festung, …
Eine Straße, menschenleer, hinter dem Torre Elefantis, sieht aus wie eine Kulisse aus einer italienischen Oper, irre im Schein der Laternen…

 

Nacht-Straße oben am Turm Elefantis

 

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Mezzanotte: Wir genießen 1 Teller HUHN als Mitternachtsmahl an Bord.

 

 

*********NEUER BLOG NACH CAGLIARI*********

 

WONNE-SEGELN  

 

Sonntag, 7.8.: Ein Segeltag wie aus dem Bilderbuch. Wind, blaues Meer, moderate Wellen. Genua gerefft, Großsegel, voll gegenan…An stb die Küste Sardiniens, Berge, grün und oben siena-braun. Wir kreuzen den ganzen Tag auf, 20 Seemeilen auf der Kreuz, herrlich. Mittags gibt’s bei Schräglage frisches Obst, dann nähern wir uns den „torre“, den markanten dicken Türmen und ankern in der Bucht bei Capo Pula beider antiken  Stadt Nora aus der Römerzeit,. Ein Badeparadies. Touristisch. Alles Italiener. Viele Kinder, die viel lachen und oft singen. Urlaubshochsaison. Bei den Yachten nun auch Korsen und Franzosen.

 

Traum-segeltag_gi

 

 

 AUF ZUM SÜD-KAP (Gerdi)

 

Am Montag. 8.8. eine SMS vom Jojo vom Kajak-Urlaub auf den Alandinseln vor Finnland, zw. Turku und Stockholm, zuviel Wind zum Paddeln…Erika meldet, daß sie die erhoffte 3-Wochen-Trekking-Tour via Gletscher und  Jotunheimen/Norwegen nun nicht führen „darf“, sondern eine Tour mit „viel Museen“ leiten „muß“ in Schweden…

 

Nach einem Landbummel, halbgefrorener Limettenlimo (+glücklicherweise gab’s auch Ciabattabrot in der Taverne) machen wir uns um 11 auf zum wilden Capo Spartivento. Sofort aufbrisender kräftiger Wind, 5-6 bft, traumhaftes Aufkreuzen unter gereffter Genua und vollem Groß…Hart am Wind, mal 150°, mal 260 ° Kompaßkurs, viel Ruderdruck. Sportliche Krängung, Wasser über, das ganze Deck salznass…

 

Ich steuere von Hand an der Pinne und es ist ein Traum….Am Kap aber dann doch heftiger, aggressiver Seegang, kabbelige spitze Brecher.
Der Bug bäumt sich steil auf, saust ins Wellental. Ach, es ist wie in Griechenland 2010…Flotte Fahrt gegenan. Mit  6 – 6,5 kn, das ist Eos‘ maximale Geschwindigkeit. Starke Krängung, herrliches Segeln!!! Mistral vom Feinsten, voller Temperament, aber segelbar.

 

„Kiter“ mit einem irren Tempo rasen mit ihrem Brett vor unsrem Bug quer rüber, wenden, zirkusreif, ein Sieg der Physik, ein Wahnsinns-Sport! Nach 4 Stunden bei Windstärke 6 entlasten wir unser doch schon fast 40 J. altes tapfer kämpfendes Schiff, nehmen die Segel im Starkwind herunter ( ein Lob dem neuen Baum-Reff!)  und bitten den Motor um Hilfe. Mit 2000 Umdrehungen gegen den Wind quält sich der Rumpf durch die Kap-Wellen, weiß nur noch die hohe Gischt am Bug, ein uns überholender Motoryachtler zeigt uns mit dem Victory-Zeichen seine gr0ße Anerkennung. Über 2 Stunden in Salzgischt und wilder Bewegung steuern wir in die Ankerbucht …es sind schon viele da.

 

Wilde_see_kap_spartivento

 

 

 

17 Uhr: die Badebucht „Porto Malfatano“, hinter der kl.Insel TUAREDDA: malerisch! 2 Felsenkliffs ragen aus dem umtosten Meer, dahinter fast „still“! Wir ankern, 23 Seemeilen waren es heute.

 

 

 

 2 Norweger sind neben uns, Vater im Alu-Traum-Schiff( wohnen drauf in Neapel mit Adoptivtochter), Sohn in Daddy’s nostalgischer völlig renovierter 30 J. „alten“ GfK-Yacht, die aussieht wie die Eos, nur ohne Mahagony oben.
Ich fotografiere mal das türkisgrüne Meer, senkrcht neben der Bordwand- und es sieht aus wie unsere Seekarte von hier. Irre. 🙂
Nach dem Nachtmahl spiele ein kleines Nachtkonzert auf der Blockflöte, International. Applaus…! 🙂

 

Ganz ruhig die Nacht.Für morgen sind 7-8 Windstärken gemeldet…Mistral….

 

Am Dienstag-Morgen um 9 erhascht er uns. Die wilden Böen zerren an allen Ankern der Yachten, unsrer hält, manch andrer nicht. Ein Teufelstanz in den Böen….Die Schiffe jagen um ihre Anker wie wilde Tiere. Wir bleiben lieber noch 1 Tag. Das nächste Kap zum offnen Westen ist da nicht grad so verlockend zum Umschiffen….

 

 

 

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Ankerbucht_malfatanoUnter_wasser_siehts_aus_wie_di

37. WARTEN

Gerhard:

Internetwetter 05. August: Mistral im Löwengolf vor Südfrankreichs Küste. Windstärke 8.

Das Tief zieht ostwärts und wird auch der Westseite von Sardinien Starkwind senden. Wir bleiben im Südosten Sardiniens unter Landschutz. 3 Tage später finden wir Schutz in der Bucht Malfatana.

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Der Hügel über unserer Ankerbucht teilt die Windrichtung. Mal kommt er von Norden, mal von Westen. Alle Schiffe geigen hin und her. Sandgrund, ein Tauchgang und das „Einfahren“ mit Motor bestätigt: Der Anker wird halten, auch bei starken Böen. Die kommen auch, der Mistral hat uns mit voller Stärke erreicht. Unser norwegischer Nachbar ankert ungünstiger, sein schönes, altes Schiff driftet. Ich mache ihn auf das Missgeschick aufmerksam. Mit viel Mühen und 2 Ankern findet auch er nach mehreren Versuchen Halt. 

Wetterbericht 07. August abends: Windstärke 7 in unserem Bereich, übermorgen abnehmend.

Wir warten hier in der Bucht auf weniger Wind. Bei diesem Wind gegen an fahren belastet Schiff und Mannschaft. Wir haben Zeit. Warten kann schön sein. Eine hübsche Gegend, ringsum Hügel, ein Sandstrand, lustiger Strandbetrieb, mit angenehmer Musik untermalt, es ist Ferienzeit. Abends steige ich auf einen der Hügel, der Übersicht wegen. Fehlanzeige: Alles Macchia, meine Beine werden arg zerkratzt. Oben keine besondere Sicht wegen hoher Büsche, die Kamera streikt. Da freue ich mich auf Gerdis Abendessen: Auberginengemüse und Reis.

Abends lässt der Wind stark nach und sendet Böen aus allen Richtungen. Die Boote nähern sich unangenehm und um 2 Uhr nachts stößt Norwegers Boot an EOS. RRummsss! Sternenklar, Sternschnuppen (man darf sich was wünschen, muß aber schweigen). Eigentlich eine herrliche Nacht. Wir vereinbaren, dass der junge Norweger noch 20 Meter Ankerkette mehr gibt, damit er hinter EOS kommt. Das klappt und der Rest der Nacht bleibt friedlich. Morgens schöner Wind. Ich traue dem Frieden nicht, die nächtlichen Böen lassen mich an den vorhergesagten schwächeren Winden zweifeln. Nochmal einen Tag und eine Nacht in der stark belegten Bucht warten? 

Um halb 7 wecke ich Gerdi und wir verlassen den Ankerplatz.  Noch schläft der Mistral. 270°, nur ein Katzensprung zur Zafferano Bucht, eine Seemeile nördlich vom südlichsten Punkt Sardiniens. Auf halbem Weg zeigt der Mistral, was er kann, genau von vorne. Wir aber kommen bald in den Schutz der Bucht. Wunderbares türkisblaues Wasser und bester sandiger Ankergrund erwarten uns. Die Gegend erinnert an Griechenland, felsige, teils kahle Berge, kein Haus zu sehen, kein Badebetrieb (klar, die Gegend ist Schießgebiet für die italienische Marine, aber im August für allgemeinen Betrieb freigegeben. Der Wind faucht im Rigg.

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SMS Wetterbericht 10. August, vormittags: Wind abnehmend, Stärke 3, morgen 2. Amtlicher italienischer Wetterbericht zur gleichen Zeit: Stärke 8, morgen auch Stärke 8. Wem sollen wir glauben? Egal, die Gegend ist so schön, Wasser und Essen haben wir noch. Gerne warten wir einen weiteren Tag.

34.Versteigerung in Palermo

Gerdi und ich schlafen gut im Hafen von Palermo. Kein wildes Schaukeln wie vor den Küsten der Äolischen Inseln.

Etwa um 4 Uhr wecken mich laute Stimmen von der gegenüberliegenden Hafenseite. Streithähne? Betrunkene? Dazu waren die Stimmen zu gleichmäßig, zu regelmäßig und auch zu melodisch. Auch als es dämmerte, änderte sich nichts. Da müssen mündliche Geschäfte im Gange sein! Fischhandel? Auktion?Gemüse?

Ich stehe auf und laufe um den Hafen herum. Nur wenige Menschen unterwegs. Bis zur großen Halle. Da ist der Teufel los. Lkw´s, Gabelstapler, Dreiradwagen, Handkarren. Kräftig gebaute Männer schleppen Kisten mit sortierten Fischen, große Schwertfische an Haken. Fische und Schalentiere aller Art. Mich und mein Fotoapparat nimmt niemand zur Kenntnis. Plattformen sind aufgebaut. Ein Mann nennt die Fische vor ihm, andere antworten, ein tolles Durcheinander! Aber nur für mich. Da wird gesteigert! Laut und mit geröteten Gesichtern, voller Konzentration. Im Sekundentakt werden Angebote gerufen.  Einer -der Käufer!- schnappt sich die Ware, erhält vom Versteigerer einen Zettel und nach 5 Sekunden wird schon das nächste Angebot ausgerufen.

Schade, ich erlebe nur noch die letzten Angebote mit. Es wird ruhiger. Verschämt zählt der eine oder andere seine Geldscheine. Der Markt beruhigt sich, man raucht, trinkt einen Caffè zusammen. Die letzten Fuhren werden abgefahren.

Als die Sonne aufgeht, ziemlich genau um 6 Uhr, ist alles ruhig wie die Stadt selbst um diese morgendliche Stunde.

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35. STERNEN-ZAUBER AUF SEE…48 Stunden Überfahrt nach Sardinien

Gerdi, nachts zwischen 1. und 2. August 2011  

 

Um 9 Uhr früh starteten wir vor der Lava-Küste der Insel mitten im Meer, USTICA. Kurs 270 °.
Nun geht es nach Westen. Und „nie mehr“ nach SÜDEN  !!

 

 

Wenn man so lange völlig alleine auf dem Meer schwimmt und in der hohen Dünung schwoit, wenn der Blick ausnahmslos ewig weit über die Wasserfläche geistert, auf der es keinen einzigen Punkt gibt, kein Schiff, keine leere Wasserflasche, nur 3 Riesen-Schildkröten, die uns neugierig beäugen, torkelnd im Seegang, dann rückt man ab von der Welt der Landbewohner, der Alltagspflichten, der Tagesschau, kein Auto, nur noch blinkende Flugzeuge in der Nacht…und das endlose Sternenzelt.

 

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Ein sanfter roter Sonnenuntergang (beim Reis-Käse-Mortadella-Tomaten-Oliven-Salat ) abends um halbneun, dann Vorbereitung auf die Nachtfahrt: Schwimmweste,^McMurdo, das Notsignallicht prüfen, das man im Notfall einem Über-Bord-Gegangenen samt ohnmachtssicherer kragen-ähnlichem Rettungsring nachwirft… Den eignen Lifebelt, (der an der selbstaufblasbaren Schwimmweste hängt), einklinken in das Rund-um-die-Eos-Stahlseil, Stirnlampe, MP3-Player, 1/2 l Wasser für die lange Nacht…mein Buch.

 

Gerhard legt sich um 10 nach der akribischen Navigationsarbeit in die Koje. Meine Wache wird friedlich, der angekündigte 3-4er Wind bleibt aus. Schade. Nur das Groß ist hochgezogen als Stützsegel in der Dünung. Wie bei der Nachtfahrt in der großen ital. Bucht von Taranto stöpsele ich die gute Jazz-Musik in die Ohren, die mir Erika vor 3 J. aufgespielt hat. So höre ich das ratternde ewige laute Motorengeräusch unsres zuverlässigen, braven VOLVO nur noch gedämpft.

 

Sternklar…Un-beschreiblich.

 

Bei NEUMOND ist die Nacht überm Meer, das 2-3 km tief ist, so un-glaublich dunkel! Die Abermillionen Sterne leuchten viel heller als sonst, es sind auch viel viel mehr als je gesehen.

 

Die MILCHSTRASSE ist in voller Länge zu sehen. Ein gespannter Bogen zu beiden Seiten des Schiffs. Sie sieht tatsächlich so aus wie verschüttete Milch ! Kein Berggipfel engt sie ein (wie auf der Arflina vor der Ski-Hütte), kein Inselkap grenzt ihre Breite ein. Ein Zauber. Sie „bewegt sich“!!! Sie zieht sich wie ein Schal nach oben, sinkt drüben, wird versetzt nach Westen, zum Bug hin…Stundenlang bestaune ich das Schauspiel.
In meinem Lieblingssternbild, dem SKORPION mit dem goldgelben, hellen Leitstern ANTARES, tauchen bei dieser tiefschwarzen Finsternis ganz „neue“ Sterne auf. Schräg unter dem 2. und 3. Stern des rechten Bogens…
Hinter mir erhebt sich fast zum Erschrecken plötzlich wie eine Pergamenttüte über einer Kerzenflamme groß und mächtig der sonst so schüchterne Sternenhaufen der Plejaden aus dem schwarzen Meer und spiegelt sich sogleich darauf!!!…Wo vorher gar kein Stern zu sehen war.

 

Auch der helle JUPITER beschert mir beim Ausguck nach Schiffslichtern einen kurzen Schrecken: wo kommt denn dieses helle Top-Licht auf einmal her??? Aber als ich das Fernglas hole, steigt das Licht wie von Riesenhand gehoben bereits hoch in den Himmel, mit einer Lichtgasse auf dem Meer als wäre es ein Mond…Kein Schiff. Kein Ufo…
Der GROSSE WAGEN hing bei Einbruch der Dunkelheit schräg am Himmel, die Deichsel nach links oben, Richtung Milchstraße. Im Laufe der Nacht „saß“ er dann fast waagrecht mit den Rädern über der Kimm, um dann gegen 2 oder 3 sein Hinterende anzuheben nach oben rechts, um erneut „schräg“ über dem Meer zu „schweben“…Geheimnisvoll. Erstaunlich…Ich male mir in Gedanken eine Linie unter seine Bahn…und summe gedankenverloren das uralte Gospel meiner Chorzeit mit Doris: „SWING LOW, SWEET CHARIOT, coming for to carry me home….“
Im Ende der daneben sich über die kaum zu erkennende Kimm nach oben „ziehende“ Milchstraße leuchtet nun das große mächtige W, meine Initiale als geborene Wagner-Tochter. Die CASSIOPEJA.

 

Und über mir das Dreigestirn des ORION.
 Schade, daß ich mir keine weiteren Sternbilder angeeignet habe in all den durchwachten Nächten meines 6 Dekaden langen Lebens. Die Nachtwanderungen mit Vati in Leutershausen, wo wir auf dem warmen Asphalt am Rücken lagen, den Blick in den Himmel. Die sternhellen Nächte vor Gibraltar 1973 bei meiner ersten VW-Bus-Reise, Tarifa, Südspitze Spaniens, Kroatientörns, auch im Winter! Die Schweden-Norwegen-Reisen, die Korsika-Umsegelung Aug.’80,die Hochzeitsreise im Faltboot 81 auf der Krka in Kroatien, die Familientörns 83-91 auf der Adria, die Wohnmobilreisen in Schweden+Norwegen und die Ostseeküste bis vor Polen, diese 3 Halbjahres-Segeltörns….

 

Es ist bei den unzählbar vielen, blitzlichthellen STERNSCHNUPPEN fast, als flöge man durchs Weltall. Der große Weltraum ist dicht „besiedelt“ von Sternen, die vor Urzeiten bereits erloschen und vergangen sind. In den Galaxien sausen sie oft wie die glänzenden Messer der Messerwerfer im Zirkus oder Varieté waagrecht, 1 Sek. lang, über den Himmel, eine helle Bahn. Andere explodieren mit einem Riesenpunkt, daß man meint, es stürzt ein Jumbo ab. Gespenstisch auch die senkrecht oder schräg über den Himmel flitzenden langen Schweife Richtung Meer….bevor sie verglühen…lautlos…gespenstisch allemal.

 

Man sitzt als Wach-Habender 4-5 Stunden angeleint im Cockpit, mutterseelenallein, und man darf NICHT EINSCHLAFEN !! Der Zweite schläft ja innen in seiner „Freiwache“und verläßt sich 100%ig auf den Partner. Das GPS-Display leuchtet mit seinen kleinen 5×4 cm matt bläulich. Am Heck leuchten die Farben rot und gelb von der deutschen Flagge auf, sonst nur Finsternis. Bei wenig Wind spiegeln sich die Sterne wie
Irrlichter auf dem Meer, tanzen, verschwimmen…Der Schaum der Bugwelle glitzert neben einem weiß auf. Springt ein DELPHIN 2 Meter neben mir hoch, so kichert er frech und quietscht laut vor Vergnügen, wie bei einer Begrüßung, silberhell der weiße Bauch, grau die spitze Schnauze mit dem lachenden Auge…Es hört sich an wie wenn wir als Kinder mit dem Daumennagel über den Kamm „ratschten“ als Rhythmus zum Singen. Wie Musik.

 

Gerhard prüft um 3 nachts den Standort. Alles ok. Nochmal 24 Stunden….Einsam. Nur 1 Segler, in der Gegenrichtung. Ich weiche aus, könnt‘ ja sein, daß es ein „einsamer Wolf“ ist, so ein Skipper ohne Crew, die schlafen immer 30 min. , dann klingelt der programmierte Wecker, kurzer Ausguck, weiterschlafen…Man kann ja nie wissen, in welcher Phase er grad ist…!

 

Nachts_auf_der_uberfahrt

 

Dann löst mich der Kapitän der EOS ab. „Gut gemacht. Dankeschön.“  „Gute Wache, bis um 8…!“
Der im Meteo angekündigte Wind kam nicht. Motooooooren. Ich schlafe bei offnem Luk und Gerhard genießt nun lauter neue Sternschnuppen…

 

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PS: Die Eos erreichte nach fast 400 km auf offnem Meer in der Nacht um 3 die Südspitze von SARDINIEN: CAPO CARBONARA. Glückliche Ankunft, der Anker fällt auf 5m Wassertiefe in der riesigen Badebucht mit dem tags türkisgrün leuchtenden Wasser, wie wir es von 2009 im Juni in Erininnerung haben…

 

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Nur 1 Motoryacht ankert. Der starke helle Strahl des Leuchtturms, auf den ich seit 21 Uhr 30 Seemeilen lang zugefahren bin, wirft seinen kreisenden Lichtarm über uns. Ein Grappa, ein Glückwunsch, eine Umarmung. Ab in die Koje. Schlafen.

 

 

Beim Frühstück um 9 Wind, Wellen, türkisblaues Meer auf Sandgrund, am goldnen Strand erste Sonnenhungrige. In Deutschland hat es seit Tagen kalte 12-15°, Regen, Heizung an….

 

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