62. Nochmals Wärme vor dem Winter

Gewaltig endet so das Jahr,
Mit goldenem Wein und Stille in den Häfen.
Rund schweigen Flüsse wunderbar
Und sind des Einsamen Gefährten.
Da sagt der Flussmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise,
Gebt noch zum letzten frohen Mut.
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise
Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Boot den braunen Fluss hinauf.
Wie schön sich Bild an Bildchen reiht,
Das geht in Ruh und Schweigen unter.

Das Gedicht ist mir an diesem überaus milden Spätherbstabend wieder eingefallen. Ich hab es etwas abgewandelt. Eben konnte ich noch im Hemd draußen sitzen. Der Kanal liegt vollkommen wellenlos. Am anderen Ufer leuchten die Bäume gelb. 

Nchtliche_sicht_vom_schiff

Die Arbeiten an der EOS sind abgeschlossen. Deck und Kajüte sind sauber, der Mast ist Lkw- gerecht tiefer auf Deck gelegt und verzurrt.

An diesem schönen Nachmittag war die Stadt voller Menschen und kaum ein Tisch vor den Cafés frei. Samstag -und so angenehm warm. Als ahnten die Passanten den nahen Winter. Noch einmal die Sonne genießen, sich treiben lassen bevor die Kälte den Körper zusammenzieht.

Ein_milder_herbstabend

Die neugotische evangelische Kirche  von Mulhouse ist nicht sehr groß, ja fast schon heimelig. Nicht so himmelstürmend und mächtig (und dadurch abstoßend) wie viele Gotteshäuser großer Städte. Um 17 Uhr strömten Leute hinein, also ließ ich mich auch einsaugen zu einem „Konzert, Samstags von 17 bis 18 Uhr“. Seltsam: Ich konnte in dieser Kirche kein Kreuz entdecken. *

Das_chorkonzert

Der Hafen ist klein. Es ist niemand da, mit dem man reden könnte. In ein Wirtshaus gehen? Dazu  habe ich auch keine Lust. Also koch ich selber was aus dem Wok- Kochbuch. Ist ganz gut geworden. Dann der Rosé aus einer Gegend, die wir mit der EOS durchfahren haben.

Sonntag: Keine Arbeiten an der EOS. Statt dessen ein Besuch im Stoffdruckmuseum und dann mit der Tram zum Eisenbahnmuseum. Hier wird die Entwicklung der französischen Eisenbahn mit vielen auch sehr alten restaurierten Originalfahrzeugen dargestellt. Man bekommt ein kleines Gerät und entnimmt ihm die Informationen in der gewünschten Sprache. Ein interessanter Besuch.

Morgen werde ich zur Werft fahren und hoffen, dass der Kran dort doch noch rechtzeitig repariert wird. Andernfalls müsste ich noch eine Tagreise weiter nach Breisach zum Auswassern der EOS fahren.

* Klar. Das Gebäude wird nicht mehr als Gotteshaus genutzt. Es wird als Konzertsaal verwendet

61. Wieder dort, wo Deutsch gesprochen wird

Noch 30 Höhenmeter sind zu überwinden. Wir geben an Schleuse 7 unsere Fernbedienung ab. Sie hat uns immer problemlos alle Schleusen geöffnet. Ab Schleuse 8 erwartet uns ein Schleusenmeister. Er eilt uns mit seinem Moped voraus, öffnet das Schleusentor. Alles weitere geschieht automatisch, Der Meister schließt das Schleusentor und prescht mit seinem Mofa wieder zur nächsten Schleuse. Dann erreichen wir die Scheitelhaltung auf der Burgundischen Pforte. Auf 340 Meter ist die EOS gestiegen-  den höchsten Punkt unserer Reise. Darauf einen Marillenschnaps. Ein gewaltiges Kanal-Bauwerk, geplant vor 250 Jahren, in Betrieb genommen zu Beginn des 19. Jahrhunderts:
Urzelle der Industrialisierung in Frankreich.

Erbaut_1892

Der Abstieg zum Rhein ist steil. 14 Schleusen auf 2 Kilometer Kanallänge. Wie eine Treppe geht das abwärts. Unser Schleusenmeister ist sehr beschäftigt mit Schleuse betätigen, Schleusentor schließen und weiterfahren. Er findet aber immer noch Zeit, Walnüsse zu sammeln. Dann haben wir wieder die Ebene erreicht. Die letzte Schleuse in Dannemarie und wir sind im Hafen. Bei der Kälte sind wir für Stromanschluß und Duschmöglichkeit dankbar. 4 Gasthäuser hat der Ort und alle sind geschlossen. Also gemeinsames Kochen und „spaghetti-time“ im kleinen  „Hotel Eos“

Nachts schieben sich Wolken vor die Sterne und es regnet.

Ein_wenig_regen

Um 9 Uhr erwartet uns der Schleusenmeister, und betätigt für uns die Schleuse: Wir fahren weiter und an Land überholt uns der Mann, diesmal im Auto, um für uns die nächste „Ecluse“ vorzubereiten. Und so weiter, 22 mal an diesem letzten Reisetag. Gelegentlich fallen einige Regentropfen. Irgendwann müssen wir ja mal die Öljacke tragen…

Und dann erscheint der gotische Kirchturm von Mulhouse, eine letzte Schleuse, ein Trinkgeld für die freundlichen „Schleuser“, anlegen im Hafen, Motor aus: Stille. ..

Die Seereise ist beendet.
Für den letzten Teil hat das GPS eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 3,5 Stundenkilometern ausgerechnet. Spaziergängertempo. Ein eigenartiges Gefühl überfällt mich. Tausende von Seemeilen durften Gerdi und ich auf dem Meer zurücklegen, 1500 Kilometer schob uns der Volvo -Motor mit je 2 Freunden auf Flüssen und Kanälen 2009 dem Meer zu und jetzt , 2011, wieder der Heimat zu. Ohne Sorgen. Für dieses Geschenk bin ich unserem Schöpfer dankbar. Abends noch ein Abschiedsessen im „Sauwadala“ . Wir sind jetzt im Elsass und da ißt man deftig. Der „Baeckeoffa“ liegt schwer im Magen und verlangt nach einem Schnaps. 

Anderntags fahren Chris und Hubert zurück nach Friedrichshafen. Schön, dass sie mich diese letzte Wegstrecke begleitet haben. 3 Personen ist die ideale Mannschaft für Schleusenreisen und wir waren ein gutes Team. Jetzt bin ich alleine, laufe zur Werft in Illzach, die das Schiff auswassern soll und erfahre, dass die Kranbremse wegen Defekts ausgebaut wurde. Bis Montag soll der Schaden behoben sein. Die Sonne scheint wieder, ich reinige Schlauchboot und Fender. Ein Teil der Abschlussarbeiten eben.

Abschlussarbeiten_in_mulhouse

60. Mit Hubert und Chris westwärts

Kalt sind die Nächte, heute 1° C nachts. Tagsüber weht ein steifer Nordwind. Gut, dass wir in Baume-les-Dames und jetzt in Isle-sur-le-Doubs Stromanschluss haben. Da spendet unser Heizlüfter angenehme Wärme. Eigentlich ist die Saison abgeschlossen, aber Monsieur „Maître de Canal“ sah unsere Bemühungen an Elektrizität zu gelangen und öffnete den Schaltkasten. Bei einem Glas Wein erfuhren wir einiges über die Geschichte dieses Wasserweges und noch mehr.

Graureiher

 

Wir verlassen dann die schöne schleifenreiche, hügelige Gegend. Wie am Main oder an der oberen Donau.

 

Der_kanal

59. Die letzten Saône- Kilometer und die ersten Rhein- Rhône- Kanal- Kilometer

Weiter geht es den schönen Fluss aufwärts. In Tournus quetscht sich unsere EOS mit dem 12- Meter- Mast zwischen gemietete Flussboote.

 

Kurz vorher gab’s noch ein kleines technisches Problem, als sich der Anschluß an den Fäkalientank löste, der Inhalt in die Bilge lief und über die automatische Lenzpumpe in die Plicht(Cockpit am Heck) befördert wurde.
Erst kräftiges Durchspülen mit Frischwasser, dann den ganzen Bilgenbereich reinigen und mit Sagrotan desinfizieren (reinigen wollte ich diese „Kellerbereiche“ schon lange) und alles  war wieder frisch und sauber.

 

In_verdun_sur_le_doubs

 

Der Anleger in Verdun sur le Doubs liegt in einem Seitenarm der Saône. Ihn steuern wir am Samstag an. Dusche und Strom stehen zur Verfügung. Rainer, unser Grillmeister legt Kotelets auf, Günter kocht Kartoffeln und ich mache Salat mit Croutons: Nicht schlecht, Herr Specht.
Der Heizlüfter wärmt, aber die Nacht wird kalt. Am Sonntagmorgen wandert Rainer zum Bäcker. Guter Start in den Tag mit Spiegelei und Speck, bereitet von Chefkoch Günter, dazu gibt’s knuspriges Baguette. Weiter geht unsere geruhsame Fahrt durch diese wundervolle,herbstlich gefärbte, sonnendurchflutete Flusslandschaft. Schöneres kann die Natur nicht bieten.

 

Untitled

 

Kilometer 219 auf der Saône. Fast 540 km hat uns die EOS problemlos nach oben gebracht und wir sind jetzt auf der Höhe von München. Eine herrliche Reise in den Herbst auf dieser Schifffahrtsstraße geht zu Ende. Wir zweigen oberhalb von St. Jean de Losn in den Rhein- Rhônekanal ab und erhalten an der ersten Schleuse ein Funkgerät zum automatischen Bedienen der folgenden Schleusen.

 

Von_der_saone_in_den_rhein-_rh

 

Noch ungefähr 100 Schleusen liegen vor uns. Bis auf 340 Meter heben sie uns auf die Burgundische Pforte an, um uns dann wieder Auf Rhein-Niveau abzusenken. Hatten wir bisher 3 bis 4 Meter Wasser unter dem Kiel, so verringert sich der Sicherheitsabstand zum Grund auf etwa 50 Zentimeter. Die Ufer rücken auf Sprechnähe zusammen. Immer ein paar Worte oder ein Gruß zu den Fußgängern am Ufer.

 

Beobachter_an_land

 

In Dôle, dem Weinort mit dem markanten Kirchturm, legen wir für die Nacht an. Wir haben Stromanschluß, da können wir mit dem Heizlüfter die Kälte des klaren Abends vertreiben.

 

So fahren wir weiter. Die Abwechslung ist bei dieser nervenschonenden und beruhigenden Flussfahrt gering. Die Ausläufer des Jura begleiten uns. Der Kanal und die Doubs zwängen sich zwischen bunt bewaldeten und felsigen Höhen. An einem einsamen Uferanleger entdecken wir unerwartet 2 selteneTiere:
Einen roten Ibis und ein kleines geflecktes Fröschlein.

 

Ibis_im_unterholzDas_frschle
Das_froschle
 Eine angenehme farbenprächtige, beruhigende Landschaft, besonders zu dieser Jahreszeit.

 

Wir erreichen Besancon am 18. Oktober. Der Himmel bezieht sich und nachts setzt Regen ein. Kälte zieht durchs Schiff. Die 40 Jahre alte, defekte Heizung habe ich ja im heißen Marmaris in der Türkei ausgebaut und verschrottet…
Wir schlendern mit Regenschirmen durch die schöne Stadt im Bogen der Doubs und besichtigen die riesige Citadelle mit ihren gewaltigen Mauern, dem
Tierpark und verschiedenen Ausstellungen. Ein tagesfüllendes Programm.

 

Eos

 

CREW-WECHSEL

 

Am 20. Oktober morgens fahren wir  3 zum Bahnhof. Rainer und Günter fahren wie geplant heim nach Augsburg. Ich danke den beiden, dass sie mich 3  Wochen lang (ab Nizza) bis hierher begleitet haben. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit ohne jegliche Probleme.
Ihr beide: Lasst Eure Bärte stehen. Sie stehen Euch gut!

58. Information für Manager

  • Sie sind an der Schaltstelle eines größeren Unternehmens tätig?
  • Ihre Arbeit beschäftigt Sie geistig auch nachts?
  • Sie fühlen sich ausgebrannt…
…dann fahren Sie auf einem Schiff, das Sie selbst steuern flussaufwärts. Laden Sie 2 oder 3 gute Freunde ein, aber keine Geschäftspartner. Einer sollte kochen können. Wechseln Sie sich alle Stunde am Steuer ab.

 

Die Landschaft zu beiden Seiten des Ufers zieht in Zeitlupe an Ihnen vorbei. Sie haben die Verantwortung für Ihr Schiff. Die Aufgabe ist leicht: Halten Sie sich immer im tiefen Wasser zwischen den Markierungszeichen. Alles kommt langsam näher und wird hinter ihnen wieder kleiner. Eine Kurve voraus? Was verbirgt sich hinter ihr? Meist nichts Neues. Das Land ist flach. Bäume am Ufer begrenzen den Horizont. Weit voraus tauchen Hügel auf. Erst übermorgen sind sie dort. Ein Jogger am Ufer überholt sie. Sie fahren ja nur mit 6 km/h.

 

Das_ufer_bei_les_roches-_de_co

 

Sie können nichts ändern. Der Fluss gibt den Weg vor. Sie können Ihren Gedanken nachgehen, dazu haben Sie viel Zeit.
Alle paar Stunden wird die Fahrt durch eine Schleuse unterbrochen. Warten auf das grüne Einfahrtsignal. Auch da ist nichts zu ändern. Berufsschiffe haben Vorfahrt. Eine halbe Stunde warten, 2 Stunden warten, alles ist möglich. Dann fahren Sie mit Ihrem kleinen Schiff in die Schleuse ein. Wiederum in Zeitlupe hebt oder senkt sich Ihr Schiff mit dem Schleusenwasser. Dann wieder weiter.

 

Abends festmachen, Oft weit vom nächsten Ort entfernt. Keine Möglichkeit der Ablenkung. Gemeinsam bereiten Sie ihr Abendessen zu. Essen ist dann der Höhepunkt und die große Abwechslung. Vor dem schlafen die gemütliche Stunde beim Wein.

 

Rotweinstunde

 

Die ersten 3 Tage fühlen Sie sich vermutlich nervös. Der ungewohnte Mangel an Aufgaben stresst. Dann aber wird Ruhe in Sie einkehren. Sie genießen den langsamen Wechsel. Es wird nie langweilig. Keine Probleme tauchen auf. Keine Besprechungen. Keine Zeitvorgaben. Der Fluss und Ihr Schiff bestimmen das Wesentliche. Die Tage vergehen einer nach dem anderen in einem eigenartigen und schönen Gleichmaß. Dieser Gegensatz zu Ihrer üblichen täglichen Arbeit wird sie beruhigen.

 

Vielleicht gelingt es Ihnen auch, den Stellenwert ihrer Arbeit zu überdenken und Prioritäten zu ändern, neue Möglichkeiten ihrer persönlichen Arbeitsgestaltung zu finden. Nach Ihrer Rückkehr werden Sie um viele Erfahrungen reicher Ihre Arbeit aufnehmen.

 

57. Die Saône bergwärts

Die Rhône ist ein Strom, mächtig, tief, breit. Sie kommt von den hohen Bergen, Und ich kenne jetzt den Ursprung unter dem Rhônegletscher. Auf ihm waren wir mit Skiern unterwegs. Fast kenne ich auch die Mündung ins Mittelmeer. Die letzten 5 km sind wegen dauernd wechselnder Sandbänke nicht schiffbar.

 

Die Saône dagegen ist ein Fluss, der sich träge der Rhône entgegenschiebt und das hügelige Burgund entwässert. In Lyon vereinigt er sich mit der Rhône. Hier lagen wir zur Nacht. Ein Abend ist zu kurz für die Millionenstadt. Die neue und Geschäftsstadt überdeckt die Ebene und die Altstadt zieht sich das westliche Saôneufer hoch bis zur Basilika.

 

Der_dom_ber_lyon

 

Wir schlendern durch die Altstadt. Ein Lokal neben dem anderen. Daneben gibt es alles, was man eigentlich nicht braucht. Touristenmeile eben. Entsprechend auch das Abendessen dort. Anderntags die Saône hoch. Die Gegend wird ländlich, die Ufer rücken zusammen, herbstlich gefärbte Bäume zu beiden Seiten. Eine Schleuse, nur 4 Meter hoch die Haltung. Rainer hat uns auf Funk angemeldet und in 30 Minuten war die Schleusung beendet. Keine hohen Dämme mehr zu beiden Seiten. Hier sind wir auf dem Lande. Wir durchfahren das Burgund. Anlegen bei Flusskilometer 52 in Montmerle- sur- Saône um 13:30 Uhr.

 

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Der Ort ausgestorben wegen Mittagsruhe. In einer Bar bestellen wir wegen Sprachproblemen aufs Gratwohl und erhalten eine gute Wurstplatte mit einem Querschnitt der hiesigen Wurst. Das freundliche Mädchen im Touristenbüro empfiehlt einen Spaziergang zur Burg, der örtlichen Sehenswürdigkeit. Öffentliches Internet gibts im Ort noch nicht. Ein nettes liebenswertes Dorf. Grillmeister Rainer (Grillkurs bei Metzgerei Settele in Augsburg!) schafft zum Abendessen hervorragende Steaks, Günter sorgt für den Nachtisch (reifer kräftiger Rohmilchkäse aus der Region mit Weintrauben) und ich liefere gemischten Salat. Anderntags weiter.  

 

56. Weiter bergwärts

Donnerstag: Von Arles führt die Rhone weiter in großen Schleifen Richtung Norden.

 

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Die erste Schleuse: Der Berufsverkehr hat Vorfahrt. Mit einem Tankschiff dürfen wir nicht geschleust werden, der nächste Schubverband ist zu lange, dann kommt ein Talfahrer und erst mit dem nächsten Frachtschiff fahren wir in die Schleusenkammer ein. Langsam hebt sich die EOS und dann fahren wir 13 Meter höher weiter. 2 Stunden warten und 1/2 Stunde Schleusen liegen hinter uns. Die ersten Hügel tauchen am Horizont auf. Um 15 Uhr fahren wir in den Rhonezweig nach Avignon ein, vorbei an der St.Benezetbrücke mit ihrem abrupten Ende im Wasser.. Ein Tankstop und dann finden wir unseren Liegeplatz am Kai. Das polnische Segelboot ist schon da, sie haben in Arles nicht genächtigt. Die angenehme Stadt mit den schmalen Gäßchen wird vom Palast der Päpste gekrönt. Dieses monströse Bauwerk legt Zeugnis vom klerikalen Wahnsinn einer vergangenen Zeit ab.

 

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Nachts zeigt sich der angekündigte Mistral und stößt mit Böen bis in unsere Kajüte vor. Jetzt können wir uns im Süßwasser vom Fluss waschen. Das ist angenehm wärmer als die Luft derzeit. Ab 7:30 Uhr wieder auf Strecke. Eine Schleuse, dann wieder flussauf. Keine Strömung auf dem Oberwasser hinter der Schleuse. Unsere Geschwindigkeit steigt auf 9 km/h nach einigen Stunden wirkt sich die Fließgeschwindigkeit wieder aus und unser Tempo sinkt etwa auf 7,5 km/h. Wie immer: Die Landschaft zieht an uns vorbei. Ganz im Hintergrund die Hügel und hinter dem Deich die Dächer alter Häuser und der Kirchturm.  Das Atomkraftwerk von Marcoule mit seinen vielen rätselhaften Gebäuden dagegen ist nicht zu übersehen. Im Flussführer blättern wir eine Seite nach der anderen um. Das Buch weist uns das tiefe Wasser zwischen den Dalben und vermittelt Notwendiges und Wissenswertes über Strecke und Umgebung.

 

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Dann zweigt das Fahrwasser von der Rhône ab in den Kanal von Donzere. 28 km lang schneidet er sich immer tiefer in die Landschaft. Nach einer Biegung kommt das größte Bauwerk der Rhône in Sicht: Die Schleuse von Bollene. 26 Meter Höhenunterschied vom Unter- zum Oberwasser! Beim Erbauen die höchste Schleuse der Welt.

 

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Ampel Rot: Keine Einfahrt. Dann Rot + Grün: Die Schleuse wird vorbereitet. Meist wird dann das Wasser vom Oberwasser auf unser Niveau abgesenkt. Dann Grün. Wir legen ab und fahren in die Schleusenkammer ein, ca. 200 Meter lang, 12 Meter breit und hier 23 Meter hoch. Eine unheimlich Höhle. Weit über uns die Schleusenwarte. Mit einem Seil in Schiffsmitte belegen wir die EOS am Poller, der mit uns aufschwimmt. Die Poller quietschen beim Anheben unheimlich und lustig. Günter meint, wie das Lied „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Dann schließt sich das Tor und mit uns ganz alleine füllt sich die Kammer in 7 Minuten. Dann erscheint die Umgebung wieder über der Schleusenmauer, das Tor öffnet sich, Die Ampel springt von Rot auf Grün und wir verlassen dieses gewaltige Bauwerk, um 300 Meter weiter mit der EOS für die Nacht anzulegen. Eintopf steht auf der Speisekarte. Heute essen wir wegen Wind und Kühle im Salon. Dann gehen wir zum Rotwein über und bereits um 22 Uhr suchen wir die Kojen auf.

 

Samstag., 8.Okt. Ab 07:45 Uhr fahren wir weiter. Rainer steuert die erste Strecke, während wir das Frühstück bereiten, essen und ihn dann ablösen. Eine Stunde steuert jeder von uns, dann ist der Nächste dran. Wieder ein Atomkraftwerk. 4 graue Betonzylinder beinhalten die Reaktoren und 2 mächtige Kühlzylinder stoßen mächtige Wolken aus. Gleichmäßig tuckert der Volvo mit 1800 upm. Ein Lob diesem zuverlässigen Gerät.Bei Villers bricht sich die Rhône ihr Bett durch steile Felsen, ab jetzt begleiten uns sanfte bewaldete Hügelzüge.

 

Ein kleiner Nachteil der Fahrt auf der niederen EOS: Wir sehen nicht über den „Tellerrand“, die Dämme. Nur Dächer, keine Häuser. Der Wind weht jetzt nahezu mit Sturmstärke (Wetterbericht für Golf du Lyon: Bft 10).

 

Wir durchfahren vor Cruas eine breite Stelle einer Stauung und die kurzen steilen Wellen lassen EOS wie ein Häsle hüpfen. Hält der Mast in den hölzernen Stütz-Scheren über dem Schiff? 15 m ist er lang… Etwas schwankt er hin und her. Die Gischt sprüht über die Sprayhood, heftig  wie niemals auf dem Meer. Der Steuermann steht aber fast im Trockenen, weil sie über ihm am Heck ins Meer weht.

 

Steife_briese_gegenan

 

Das härteste Stück der Flussreise bisher.
Endlich verengt sich die Rhône wieder und wir korrigieren die Mastverspannung. Wie wohl die beiden Polen mit ihrem Schiff und dem kleinen Außenbordmotor die Wellen meistern?

 

Bei Cruas zweigen wir in einen Seiten-Arm mit Yachthafen ein. Sehr modern. Wir sehen uns das kleine alte Städtchen mit der Burg am Hang an, ergänzen unsere Vorräte und besuchen eine Bar. Das nahe Atomkraftwerk, das vierte auf der Reise spuckt dicke weiße Wolken in den grauen Himmel.

 

Atomstrom

 

 Wegen Kälte und Wind brutzeln wir unser Fleisch in der Kajüte in der Pfanne statt auf dem Grill. Dazu gibts von Rainer den Salat. Uns schmeckt’s – und abends wärmen wir uns in der Dusche auf. Ein angenehmer Hafen in Cruas.