56. Weiter bergwärts

Donnerstag: Von Arles führt die Rhone weiter in großen Schleifen Richtung Norden.

 

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Die erste Schleuse: Der Berufsverkehr hat Vorfahrt. Mit einem Tankschiff dürfen wir nicht geschleust werden, der nächste Schubverband ist zu lange, dann kommt ein Talfahrer und erst mit dem nächsten Frachtschiff fahren wir in die Schleusenkammer ein. Langsam hebt sich die EOS und dann fahren wir 13 Meter höher weiter. 2 Stunden warten und 1/2 Stunde Schleusen liegen hinter uns. Die ersten Hügel tauchen am Horizont auf. Um 15 Uhr fahren wir in den Rhonezweig nach Avignon ein, vorbei an der St.Benezetbrücke mit ihrem abrupten Ende im Wasser.. Ein Tankstop und dann finden wir unseren Liegeplatz am Kai. Das polnische Segelboot ist schon da, sie haben in Arles nicht genächtigt. Die angenehme Stadt mit den schmalen Gäßchen wird vom Palast der Päpste gekrönt. Dieses monströse Bauwerk legt Zeugnis vom klerikalen Wahnsinn einer vergangenen Zeit ab.

 

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Nachts zeigt sich der angekündigte Mistral und stößt mit Böen bis in unsere Kajüte vor. Jetzt können wir uns im Süßwasser vom Fluss waschen. Das ist angenehm wärmer als die Luft derzeit. Ab 7:30 Uhr wieder auf Strecke. Eine Schleuse, dann wieder flussauf. Keine Strömung auf dem Oberwasser hinter der Schleuse. Unsere Geschwindigkeit steigt auf 9 km/h nach einigen Stunden wirkt sich die Fließgeschwindigkeit wieder aus und unser Tempo sinkt etwa auf 7,5 km/h. Wie immer: Die Landschaft zieht an uns vorbei. Ganz im Hintergrund die Hügel und hinter dem Deich die Dächer alter Häuser und der Kirchturm.  Das Atomkraftwerk von Marcoule mit seinen vielen rätselhaften Gebäuden dagegen ist nicht zu übersehen. Im Flussführer blättern wir eine Seite nach der anderen um. Das Buch weist uns das tiefe Wasser zwischen den Dalben und vermittelt Notwendiges und Wissenswertes über Strecke und Umgebung.

 

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Dann zweigt das Fahrwasser von der Rhône ab in den Kanal von Donzere. 28 km lang schneidet er sich immer tiefer in die Landschaft. Nach einer Biegung kommt das größte Bauwerk der Rhône in Sicht: Die Schleuse von Bollene. 26 Meter Höhenunterschied vom Unter- zum Oberwasser! Beim Erbauen die höchste Schleuse der Welt.

 

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Ampel Rot: Keine Einfahrt. Dann Rot + Grün: Die Schleuse wird vorbereitet. Meist wird dann das Wasser vom Oberwasser auf unser Niveau abgesenkt. Dann Grün. Wir legen ab und fahren in die Schleusenkammer ein, ca. 200 Meter lang, 12 Meter breit und hier 23 Meter hoch. Eine unheimlich Höhle. Weit über uns die Schleusenwarte. Mit einem Seil in Schiffsmitte belegen wir die EOS am Poller, der mit uns aufschwimmt. Die Poller quietschen beim Anheben unheimlich und lustig. Günter meint, wie das Lied „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Dann schließt sich das Tor und mit uns ganz alleine füllt sich die Kammer in 7 Minuten. Dann erscheint die Umgebung wieder über der Schleusenmauer, das Tor öffnet sich, Die Ampel springt von Rot auf Grün und wir verlassen dieses gewaltige Bauwerk, um 300 Meter weiter mit der EOS für die Nacht anzulegen. Eintopf steht auf der Speisekarte. Heute essen wir wegen Wind und Kühle im Salon. Dann gehen wir zum Rotwein über und bereits um 22 Uhr suchen wir die Kojen auf.

 

Samstag., 8.Okt. Ab 07:45 Uhr fahren wir weiter. Rainer steuert die erste Strecke, während wir das Frühstück bereiten, essen und ihn dann ablösen. Eine Stunde steuert jeder von uns, dann ist der Nächste dran. Wieder ein Atomkraftwerk. 4 graue Betonzylinder beinhalten die Reaktoren und 2 mächtige Kühlzylinder stoßen mächtige Wolken aus. Gleichmäßig tuckert der Volvo mit 1800 upm. Ein Lob diesem zuverlässigen Gerät.Bei Villers bricht sich die Rhône ihr Bett durch steile Felsen, ab jetzt begleiten uns sanfte bewaldete Hügelzüge.

 

Ein kleiner Nachteil der Fahrt auf der niederen EOS: Wir sehen nicht über den „Tellerrand“, die Dämme. Nur Dächer, keine Häuser. Der Wind weht jetzt nahezu mit Sturmstärke (Wetterbericht für Golf du Lyon: Bft 10).

 

Wir durchfahren vor Cruas eine breite Stelle einer Stauung und die kurzen steilen Wellen lassen EOS wie ein Häsle hüpfen. Hält der Mast in den hölzernen Stütz-Scheren über dem Schiff? 15 m ist er lang… Etwas schwankt er hin und her. Die Gischt sprüht über die Sprayhood, heftig  wie niemals auf dem Meer. Der Steuermann steht aber fast im Trockenen, weil sie über ihm am Heck ins Meer weht.

 

Steife_briese_gegenan

 

Das härteste Stück der Flussreise bisher.
Endlich verengt sich die Rhône wieder und wir korrigieren die Mastverspannung. Wie wohl die beiden Polen mit ihrem Schiff und dem kleinen Außenbordmotor die Wellen meistern?

 

Bei Cruas zweigen wir in einen Seiten-Arm mit Yachthafen ein. Sehr modern. Wir sehen uns das kleine alte Städtchen mit der Burg am Hang an, ergänzen unsere Vorräte und besuchen eine Bar. Das nahe Atomkraftwerk, das vierte auf der Reise spuckt dicke weiße Wolken in den grauen Himmel.

 

Atomstrom

 

 Wegen Kälte und Wind brutzeln wir unser Fleisch in der Kajüte in der Pfanne statt auf dem Grill. Dazu gibts von Rainer den Salat. Uns schmeckt’s – und abends wärmen wir uns in der Dusche auf. Ein angenehmer Hafen in Cruas.

Ein Kommentar zu „56. Weiter bergwärts

  1. Tapfere EOS, sportliches Sturmsegeln auf der Rhône! Dunkel beim Aufstehn? Um 22 Uhr ins Bett..Mag ich beides nicht…Hier 4 – 6 °C, Heizung an .Schneeberge in Vorarlberg und naher Schweiz. Herbstpracht, beim Walking durch bunte Blätter im Wald…Lb.Gruß an die Männercrew.Gerdi , die Skipperin allein zu Haus…

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