Ein wenig Trauer ist schon dabei

Wir schlafen wunderbar bei offnen Luken. Aber ja, ein wenig Trauer ist schon dabei, als wir zum letzten Mal im Meer schwimmen und um 7 frühstücken. Die Eos schaukelt uns sanft. Glitzernde Wellen. Manche Segler segeln raus.Ab 8 sind wir bereit – das Handfunkgerät bleibt eingeschaltet auf Kanal 8, die spanische Mascarell wird aufgerufen, die Geja Mare, die Manfred von der Ostsee um ganz Europa segelte, der Sturmvogel – und um 11 Uhr: „Kalimera, EOS, EOS, you can come now. It’s your turn!“Gerhard steht am Buganker, ich will ins Cockpit zum Schalthebel und den Motor starten und rums! – da ramme ich mein Schienbein an den Travellerbalken der Großschot. Bis wir am Kran sind, ist es ein dicker Bluterguß. Ein Souvenir besonderer Art.In nur 10 Minuten hängt die EOS in 2 dicken Schlaufen und schwebt aus dem Meer. Kiel und Ruder tropfen, als würde sie weinen. Nun ist Land unterm Kiel. Der Skipper befühlt ihre Wunde dort unten vorm Kiel. In der Rhône stieß sie sich im Mai amUnterwasservorsprung: eine Kuhle von 10×2 cm. Das wird eine fachmännische Gfk-Reparatur.Die EOS wird auf ein massives blaues Stahlgerüst gestellt, zu ihrem Winterparkplatz gefahren und gleich mit starkem Wasserstrahl aus dem Hochdruckreiniger am Unterwasserschiff abgestrahlt. Gerhard kratzt mit dem Spachtel die steinharten, winzigen Kalkmuscheln ab.Um 16 Uhr Erikas Rückmeldung von der Bewerbung :

SMS: „Bin dann mal für 5 Monate in Hamburg!!!“

Sie flog hin, kam, sah und siegte: Praxis-Semester in der Weltstadt am Meer. Wie schön! Ganz ohne „Vitamin B“ – Persönlichkeit und Charme, gute Zeugnisse, auch von jahrelanger Gastronomie-Praxis, hübsche Erscheinung, Gewandtheit, Witz und süddeutsche direkte Art?Für uns beginnt das Landleben am Shipyard. Eine 4 m hohe Leiter lehnt fast senkrecht am Heck. Rumpf neben Rumpf die Boote, kein Clo mehr an Bord, Strom und Wasser aus Kabel und Schlauch, Spülwasser in einem Kanister sammeln und wegschleppen, nur 2 WC’s und 2 Duschen 400 m weiter. Wir werden uns auch an dieses Campingleben gewöhnen für 6 Tage.Gerhard deckt die EOS vorsorglich schon heute mit der grünen großen Plane ab. Herbstlich wird es! Düstere Wolken bedecken den Himmel. Kein Stern mehr. Ich verpacke heimlich das Geburtstagsgeschenk, 20 goldenen Ferrero-Pralinen, und decke einen Geburtstagstisch mit Fotokarte und Brief und Kerze.Doch es kommt noch was dazwischen: Nachts um 2 fängt der angekündigte große Regen an. Und zwischen 3 und 4 braust ein kräftiger Wind über uns hinweg, hohes Pfeifen in den Stahlwanten erfüllt die Luft. Ob das ein Abschiedsgruß vom Windgott Rasmus ist?

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Geburtstagsfladenbrot
Geburtstagsfrühstück mit Rührei und Kerzenschein. Es reeeeeegnet.Gerhard schmirgelt unter der Plane den erst in Syros aufgebrachten Klarlack auf dem Mahagony-Kajütaufbau ab. Eine staubige Arbeit! Ich verpacke Nudeln, Reis und Linsen mäuse- und mottensicher in Plastikdosen. Mit dem Schirm laufe ich ins Dorf. 600 g grüne Bohnen als Geburtstagsmahl. Trauben. ½ Huhn vom Metzger. Käse, Bacon, Tomaten, Origano, Nescafé – man lacht herzlich, als ich mir den Rucksack umschnalle, aus dem die Gurke spitzt und ich reime: „Anguri-Gaithuri! (griechisch für “Gurke-Esel“) und mit I-A Rufen antrabe.Am Abend laufen wir, bei den Zigeunern am Feuer vorbei, ins Dorf, lesen die lieben Geburtstagsmails im kleinen Internet Café und speisen in der gut besuchten Taverne Lende Timberlain, mit Senf-Estragon-Soße und „Stroganoff“ – für je 7 €. Die Damen in kniehohen Stiefeln, sehr elegant gekleidet mit Wollkostüm, Lederjacke, schwarzem Kleid, Schmuck, üppig frisiert, die Herren im Anzug oder feinem Hemd mit Sacco. Man geht zum Essen aus.Wie im Tessin.

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