Seit 7.Oktober hatten wir beschauliche Ankertage, frei schwojend in der Bucht vor einem ruhigen Dorf, weit weg vom dazugehörigen kleinen engen Hafen, in dem täglich neue Mietyachten einlaufen und nach Strom, Wasser, Restaurant, Läden, Souvenirs und Wein verlangen…Mal 12 gleiche Nelson-Orange.Fock.Yachten in 1 Stunde…wer die 50 Lire nicht berappen will, bleibt „draußen“ in der runden Bucht- und das sind nicht wenige. Hier kreisen auch mal „besondere“ Segelschiffe um ihre Anker, solche mit Rettungsinsel, 2-4 Solarzellen, Windräder f.d. Generatoren an Bord für die Stromerzeugung, mit alten Schlauchbooten, die Sonnenschutz-Mäntel haben und mit Fahnen, die nicht USA (Delaware-aus Steuerflucht-Gründen) zeigen, sondern England, Schweden, Dänemark, Südafrika, Schweiz oder Neuseeland. Heute dankte ein Ehepaar aus Bremen für mein Abendlieder-Ständchen auf der Flöte. Die haben ihre weiße Yacht schon vom Mittelmeer durch Rhône, Mainkanal usw. bis nach Bremen gebracht und vor 2 Jahren durch die Donau und hierher an die südliche Küste der Türkei. Große Gelassenheit strahlen diese Paare aus, sie leben am Boot- für Monate… anders als die Hektik der Hanseaten-Familien, die nun mit Kind und Kegel hier schnell mal für 8 Tage eine 53-Fuß-Yacht mieten und die Herbstferien hier verbringen. Die Jungs röhren in jeder Bucht sofort mit den Schlauchbooten los und jagen sich in Wettrennen…
Nachdem wir hier drei Tage die Ruhe genossen, haben wir bei einigen Besuchen bei der Werft am Ende der Bucht die Fertigung eines neuen Teakdecks bestellt (samt Auswassern, sauber abstrahlen,Auto-Kran zum Mastlegen in Marmaris bestellen, Halle zum Abbruch des alten Decks mieten, Verkleben der alten Schraubenlöcher, Aufbringen eines Sperrholzdecks, Draufkleben der Zucht-Teakholz-Leisten usw.(kein Regenwaldbaum muß sterben!!), Winterlager, Maststellen…).
Am 11. Oktober zieht es uns aber doch hinaus aufs Meer! Um 9 Uhr früh hievt die (seit heuer elektr.) Winsch unseren tapferen 24 kg-Anker hoch, ein letzter Besuch bei der Schiffswerft. Dann ist es endlich wieder soweit: wir setzen die Segel. Blau das Meer, drüben die Berge blaugrau im Morgenlicht, wie hintereinander geschlichtete Stoffkulissen… Zauberhaft faßt der leichte Wind in unsere Genua und schon rauschen wir hinaus auf die leicht gewellte blaue Pracht. Im Logbuch notiert Gerhard kurz „Fahrt nach Sicht, Genua/Groß „Lust-segeln“!
Mit wenigen Wendemanövern nähern wir uns dem ersten Kap. Immer wieder überraschend, wie der Wind der Küstenlinie folgt, man schnell die Segelstellung ändern oder den Kurs wechseln muß. Friedlich segeln wir entlang der felsigen Küste, einige „Brocken“ liegen im Meer, aufgepaßt! Dann gegen 14 Uhr rum ums 2. Kap, Kap Karaburun. Zwischen 75 und 150 m Wassertiefe… Wir steuern die traumhaft geformte Bucht BOZUK BÜKÜ an, Ziel vieler Yachten. Ganz am Ende der von hohen Bergen gesäumten Bucht fällt unser Anker auf 6 m. 20 Seemeilen Tagesetappe, insgesamt aber sind wir ab Sulina, wo die Donau mündet ins schwarze Meer, doch schon 880 km gesegelt. Also 2550 km Fluß +1680km am Meer! Das sind knappe 4200 km …
Traumhaft die Kulisse, einfach unbeschreiblich schön. Fast lautlos, um uns die steilen Berge, als wäre man nach einer 5 Stunden-Bergtour in den Dolomiten kurz vorm Gipfel.
Bucht-Erlebnis: Spaghetti mit Käfer!
Bozuk Bükü, Traumbucht. Die Dünung rollt herein vom Meer und es wird recht schaukelig: also keine Pfannkuchen heute. Gerhard freut sich auf Spaghetti, läßt die in Varna/Bulgarien bei Kaufland gekauften Nudeln ins kochende Wasser gleiten, reibt Parmesan. Als ich den Teller voll häufe, frage ich ob da Pfeffer aus der Mühle drauf ist. Nein. Oh oh, dann…. Dann sind das 5, 10, 30 Getreidekäfer oder was diese 3mm-Tierlein sind, 6 Beine, hart wie Ameisen. Nach dem kurzen Mahl verschwinde ich in der Kajüte, klappe das Steuerbordbett hoch und räume dieses einzige Vorratsfach total leer. Nudeln, Linsen, Couscous, Pinienkerne,Graupen, Kaffee, Glasnudeln, Pürree, Basmatireis, Pilav-Reis, alles muß raus. Dann auswischen, alle 3 neuen türkischen Nudelpäckle inspizieren- nur in dem 2. Kaufland-paket war Tierbesuch… Alles wieder rein, Abenteuer überstanden.
Alles landet in Dosen. Die Nacht bleibt schaukelig. Am Morgen paddelt Gh. an Land und besteigt den kargen Felsberg. Um 11 Uhr kommt die SMS von Jan,der mit 9 Freunden wieder Gulet-Urlaub macht wie mit uns 2012+13. Sie kommen mit der Harnikarnaslim gerade ums Kap in die Bucht. Obwohl erst seit 1 Tag an Bord, sind alle begeistert vom bequemen Schiffsurlaub auf dem großen Holzsschiff. Wir werden zum Essen eingeladen, und die mit Käse überbackenen Auberginenscheiben mit Nudeln schmecken wie 2012 mit uns vorzüglich. Der „Angora“-Wein mundet auch- welch nette Überraschung.Herzliche Umarmung mit Käpt’n Nebil und Koch Shalach. Dann wieder märchenhaftes Schwimmen im türkisblauen glasklaren Meer, 24° hat es immer noch. Am Nachmittag verlegen wir die EOS zu dem mittleren Restaurant, bekommen eine Mooringleine am Steg und fahren mit
dem Schlauchboot rüber in die Nachbarbucht. Wir wandern hoch zu dem Kastell, das aus großen Felsquadern gebaut ist, laut Wikipedia 700 v.Chr.! Die Aussicht von hier oben läßt sich kaum mit Worten beschreiben, weit geht der Blick übers etwas dunstige Meer, nur 2 Kaps grenzen den Blick seitlich ein, und auf die anderen Seite der Landzunge aus schroffem hellem Fels erstreckt sich diese zauberhaft kobalt-blaue Bucht Bozuk Bükü, in die wohl alle Segelschiffe aus Marmaris herein kommen. Riesige Schiffe legen noch neben der EOS an, 4 jüngere Briten mit 53 Fuß-Boot, ein gigantischer von 50 Lichtern erhellter türkischer Katamaran, einige Sunsail-Mietschiffe, Bavarias. Der Wirt erwartet natürlich, daß man zum Abendessen kommt. Er hielt Gh. am Morgen für einen syrischen Flüchtling. Na, das wollen wir als Ehepaar schon klarstellenJ. Die 8 Vorspeisen sind lecker, Ezme (Chili-Zwiebel-Knoblauch-Petersilie), Auberginen in Mehlteig, mit Reis gefüllte Paprikaschoten, Couscous pikant, Knoblauch-Joghurt wie griech.Tzatziki,Nudelsalat,… Aber die Köfte (Lamm-Frikadellen) find ich dann nicht so gut wie meine eigenen, für die ich in Bozburun bei „unsrem“ Metzger (2010) leckeres frisches Lamm bekam. Neu aber sind ganz scharfe Salatblätter, die schmecken wie Radieschen oder Rettich, dunkelgrün. Die kaufte ich mir gleich nach unsrer Rückkehr im Laden. In der Biokiste hatte ich diese rundlichen gebuchteten Blätter mal, hieß es Rauke? Oder Barbarakraut?
Die 2. Nacht in der Zauberbucht sternklar, aber über der griechischen Insel Rhodos erhellen heftige Blitze die Nacht, rosa bis hagelgelb leuchten Gewitterwolken wie Türme auf, wir aber bleiben verschont von Kapriolen des Windes.
Nach einem köstlichen Morgen-Schwimmen gehen wir am Montag, den 13.Oktober Anker auf. Wohl unsere letzte Segeltour mit dem alten Deck. Gerhard gibt mir die Chance, unter seiner Anleitung mal mehrere Rückwärts-Anlege-Manöver unter Motor an die Boje zu üben. Die EOS fährt sehr eigensinnig rückwärts, also nicht „auf Befehl“ in einer Linie, sondern in doch etwas boshaften Schlingerkurven, die mir nicht geheuer sind, wenigstens in engen Häfen überlasse ich diese Manöver gern dem Kapitän und bleib vorn am Anker… Vorwärts bei den 2000 km Donau war ich aber fit, kein Problem beim Anlegen, auch im 4-6km-Strom und an abenteuerlichen Anlegestellen. Nun also „EOS rückwärts an die Boje“. Ich schaffe es wohl gar nicht mal so schlecht, denn Gh. zeigt mir auf dem GPS-Gerät später meine Fahrlinien, die doch ziemlich gut getroffen haben ohne allzu abenteuerlich „Ausschläge“. Ein gutes Gefühl…
Dann segeln wir mit leichtem Wind ums Kap. Ich leg mich sogar mal an Deck in die Sonne… UUUUURLAUB. Gegen 16 Uhr passieren wir unter Segeln die Werft. Da steht eine halbfertige 150m-Segelyacht im Bau, die ein „reicher“ (?) Ukrainer sich bauen lassen wollte- und nun kommt kein Geld mehr. Tückisch für eine kleine türkische Werft!!! Und gemein…
Wir legen für 1 Stunde im Hafen von Bozburun an, ein liebenswertes Städtle, dessen Muezzin mehrfach am Tag seine Sure vom Minarett in alle Richtungen schallen läßt, mit einem Echo von den Bergen, das fast 1 Sekunde verzögert zurück hallt- bei der Melodie dieser Rufe exotisch. Wir tanken Wasser, kaufen ein. Und schon sind wir (20 Lira trotzdem zu zahlen) wieder in der großen Ankerbucht, in der einige uns bekannte Boote immer noch liegen. Sternenhimmel, Wetterleuchten hinter den Bergen, Cumuluswolken. Wir grillen Lamm-Spießle und der mit jenen scharfen Blättern gewürzte Bauernsalat schmeckt köstlich, als Nachtisch gibt’s das süße türkische Sesam-Honig-Halva. Dann spiele ich auf der Flöte Abendlieder- schon etwas wehmütig, denn unser Segelulaub geht zu Ende: am 20.Oktober kommt die EOS in der Werft aus dem Wasser! Wir lassen es beschaulich ausklingen. Ich vermesse die eingerissene Persenning des Schlauchboots, räume die Körble schön ein mit T-Shirts, Shorts und Faserpelz für Mai 2015… Gerhard tuckert noch 1x zur Werft. Wenn ich einen Flug bekomme, werde ich wohl alleine heimkehren an den Bodensee, mit Turkish Airlines Dalaman-Istanbul und nach Friedrichshafen. Und mein Schatz ist wie soo oft am Geburtstag fern der Heimat, am Meer. Da ist es sogar im November noch 15-18°warm und die Handwerker arbeiten im T-Shirt.
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