Mittwoch, 12.10.16. Kalt war die Nacht am Ponton unter der Citadelle von Besancon. Kein Stromanschluß! Hoch über uns die Festungsmauern, aber wir können nicht hin. Der eigentliche Hafen ist in diesem Jahr zu flach, wir müssen „draußen“ bleiben vor dem fast 400 m langen Tunnel, der zur großen enge geschlungenen Flußschleife führt, der „Boucle de Besancon“.
Ich schlafe im Faserpelzanzug wie im Winter in deiner unbeheizten Hütte. Die teddyfellige Hose diente mir 1982 in der Schwangerschaft mit Martin als Skitouren-Umstandshose ;-). Auch passende Socken hab ich an im kalten Bug-Bett, die hatte ich beim Wintersegeln früher am Bodensee in den Gummistiefeln an.
Naß beschlagene Schiffsfenster sind das Zeichen der kalten Nacht. Um 7 stehn wir auf, freuen uns auf heißen Kaffee und Tee und Knäckebrot. Um 9 will Gh. mit dem Fernsteuergerät dieTunnelschleuse aus, ein Helfer kommt und öffnet die Schleusentore. Aufregend: ein in nur 4 Jahren erbauter 388 m langer Tunnel (1878-1882 erbaut) verbindet die engste Stelle der „Boucle de Besancon“, die der Doubs hier bildet, mit der gegenüberliegenden Flußschleifenseite. Als Boot kann man die ganze Schleife auslassen und gleich auf dem Doubs weiterfahren. Anstrengend ist dieser Arbeitstag an der Pinne, das Echolot zeigt uns zwar die geringe Wassertiefe, aber der felszackige Untergrund macht eher Angst, wenn man liest, daß nur 30 oder 50 cm unterm Kiel sind…Oder wie gestern keine Handbreit am Fels…
Exakt steuert man, was vorgeschrieben ist in der Flußkarte, oder am Schild am Ufer angezeigt wird: 15 m Abstand zum rechten Ufer, oder 10 m zum linken, oder sehr waghalsig eng an den weit aus dem Flußwasser herausragenden bemoosten roten Dalben entlang…(normalerweise überflutet, nun beim niedrigen Wasserstand frei an den Befestigungen). Gh. hat die Warnmeldung (einen Pfeifton) von 0,3m auf 0,60m umgestellt. So bleibt mehr Zeit zum reagieren. Es weht wieder ein kalter Wind, aus Ost, erst um 10 schafft es die Sonne ins noch schattige Flußtal zu uns… An unsrer 4. Schleuse soll man sich vom rechten Ufer rechtwinklig zum linken begeben und dort am Ponton wartend auslösen. Doch da hat es weniger als unsre Kielhöhe und wieder sitzt er auf em eingespülten Kies+Sand auf… Beim 2. Versuch klappte es.
Die Doppelschleuse erfordert ganze Aufmerksamkeit, sie ist hoch und das Wasser spült uns stoßweise fast an die Gegenmauer… Gerhard hoch oben auf dem Schleusenrand wirkt wie ein Zwerg. Ich ziehe und zerre sobald das Wasser wieder angestiegen ist, an der Heckleine, damit EOS brav auf der Mauerseite bleibt, wo wir hoch droben an Dalben die Leinen über Poller legten und von unten fieren. Nach der 1. kommt gleich eine 2. Schleuse. Mein Arm (Fall am 10.Sept. in Martigny) schmerzt… Um halbzwölf steuert Gh, mit Anorak und Mütze.
Wieder ist der Doubs sehr flach-wir drosseln die Geschwindigkeit extrem und kommen so kaum vorwärts. Grad etwas schneller als die Spaziergänger in der Platanen-Allee mit den schönen alten dicken Stämmen. Traumhaft diese Baumriesen, daneben immer der E6, der Europa-Radweg.
Wir sind inzwischen auf der geografischen Höhe von Zürich und Appenzell und Lindau. Thun und Jojo sind also südlicher (als wir im Fluß über Besancon). Konstanz ist fast querab, von dort kommt in 12 Tagen der Sattelschlepper und holt die EOS. Um halbeins übernehme wieder ich das Ruder, ganz schmal und eng ist der Kanal, das Echolot zeigt 0,8 und max. 1,0 an, da muß man noch die 1,5m vom Kielfuß bis zur Wasserlinie dazurechnen. Aber man bleibt angespannt und unruhig. Dann blitzen rot die ersten Dächer am linken Ufer auf: DELUZ. Eine neue kleine Ponton-Marina, mit Strom und neuer Capitaneria, mit Dusche(aber unbeheizt). Ich erfreue die Büroleute mit der Marseillaise auf der Mundharmonika, wir singen zu viert Au claire de la lune und dann gibt’s noch „Alle Vöglein sind schon da“ als deutsches Volkslied. Große Freude, die Melodie ist bekannt: …“aah, toutes les oiseaux sont là déjà! Bravo!“ Zurück an Bord brühe ich Couscous auf und mit Mais, Paprika, Tomaten ist im Nu ein Salat fertig. Gh. darf seinen geliebten Thunfisch mit Zwiebeln schmausen…
Ich brauch mal Magentee, Käsepappelblätter der Malve, denn irgendwas ist im letzten Trinkwasser (vom Ponton in Thoraise) drin gewesen, schmeckte schlimm nach Chlor statt nach Kamillentee am Morgen… Mit dem Bettbezug versperre ich dem böigen Wind den Zugang zum Eck imj Cockpit, wo ich die letzten warmen Sonnenstrahlen beim Lesen eines Ludlum-Wälzers genieße, mit Decke am Schoß. Am Abend koch ich eine feine Bolognese aus aufgetautem Rinderhack zu breiten Nudeln. Wir zahlten 11 € und lassen mal den Heizlüfter laufen.
Gh. läuft ins Dorf, der Bäcker hat für immer geschlossen, einen Laden gibt’s nicht.
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