
Mitte Juli bis Mitte Oktober 2014: Es war ein gutesVierteljahr für mich, voller tiefer Eindrücke von vielen wechselnden Landschaften, mit herzlichen einfachen Menschen, den fröhlichen Ungarn, den bescheidenen Serben in all ihren noch misslichen Lebensumständen, schlechten Wohnungen, rostigen Autos, den selbstbewußten kleinen Unternehmerinnen in den Läden, den naturverbundenen Rumänen– nie klagend, nur freundlich und hilfsbereit. Das Donaudelta mit den unbeschreiblichen stillen Tagen im Schilf, das rauscht, mit den Seerosen, Reihern und Kranichen…. Die Begegnungen mit den Fischern, die heranruderten, wenn die EOS im Strom festgekrallt lag …die 2 großen lebendigen Hechte, der große weiße Wels…Der Forstmann Georghe, der meine diatonische Mundharmonika als Geschenk erhielt. Die streng-gläubigen russisch-orthodoxen Lipowaner, blaue Augen, blondes Haar, in ihren kleinen schmucken himmelblauen Häuslein, Blumen drum herum, viele Kinder. Die üppig mit Gold bedeckten russisch-orthodoxen Kuppelkirchen, die Frauen mit leuchtend rotem Rosenmuster auf den russischen Kopftüchern, die Männer mit langem, weißem Karohemd und Gebetskordel um die Taille, die von 3 Männern gesungene Andacht in der Gebetsstunde im Schein der kleinen Öl-Lampen in den Hängeampeln. Die Zigeuner mit ihren kohlschwarzen Pferden, in deren Schweif rote Satinbänder eingeflochten waren, die Brotbacköfen in den Gärten neben den niedrig hingeduckten winzigen Häusern, Kinder davor, barfuß alle, nie haben sie Schule, immer frei. Pferdekarren mit Schrott oder tonnenschweren Wassermelonen.
Wir haben 100 Tage auf unsrer kleinen EOS gelebt, zu zweit auf nur außen 10 m und max. 5 m innen. So lange, wie schon 5x früher mit unsren 2 und später 3 kleinen Kindern auf der Adria mit dem 8m-Stahl-Schiff „Marion“, 1983-90.
EOS, die Halberg-Rassy Mistral 33, Baujahr 1974 in Schweden, ist unser Heim-auf-Zeit seit 2006. Vor 40 J. begann ich mit dem Segeln! Jetzt ist das Schiff 40 Jahre alt. Und dieser Törn ist schon der 4. mit ihr! Wenn wir so einfach leben, alles gemeinsam machen, die Aufgaben verteilen, die stillen Abende nach dem Essen- mit einem Glas Wein und ein paar Pistazien und meinen Abendliedern auf der Flöte… dann glaubt man oft, in der Stille, das läßt sich nicht überbieten an Ruhe und Sorglosigkeit. Tobt aber der Sturm und reißt höllisch am Anker, Tag und Nacht, oder wie in Foca(„Fodscha“) gleich 3 Nächte mit Getöse und Gerassel, dann heißt es Geduld haben, Angst überwinden, beten, sich gegenseitig Kraft geben, vertrauen, nicht zagen und jammern, sondern den Naturgewalten trotzen und gewissenhaft tun, was nötig ist, auch bei einer einsamen Nachtfahrt zwischen Rumänien und Bulgarien… wenn man 4 Stunden da draußen sitzt im Ölzeug, mit Schwimmweste und eingehakter Lifeline, und der Partner schläft bis zum Ruderwechsel früh um 2 oder 3 Uhr in finsterer Nacht, …aber zur Kartenarbeit und GPS-Prüfung muß er immer wieder aufstehn…. Man muß sich vollkommen auf den andren verlassen. Ist kein andrer da- und weglaufen geht nicht.
Drei zauber-hafte Vollmonde haben wir erlebt, dieses Licht am Sternenhimmel, der so unbeschreiblich viele Sterne funkeln läßt, daß man den Atem anhält vor all der Schönheit…
Gott bewahrte uns erneut vor Unfall und Havarie, nicht aber vor Gefahren. Die mußten wir schon meistern! Doch Seegang und Windgebraus, störrische Segel-Reff-Manöver in Sturmgeheul und Nachtgewühl am umtosten Meer, auch ein 3-cm-Tau in der Schiffsschraube(!) haben wir überstanden- mit Gottes Hilfe und der nötigen Zuversicht. Unsere Kinder freuten sich über unsere Berichte und die Fotos im Blog, wenn auch diese „Hausaufgaben“ oft mit viel Zeitaufwand und auch Ärger verbunden waren (Internet war oft eine sehr „brüchige“ Verbindung) .
Foto anklicken, dann wird’s groß, danach auf „zurück-Pfeil“
Nun blicken wir zurück auf unvergessliche Erlebnisse, 4200 km, davon 2550 km auf der Donau, diesem großen erhabenen Fluß Europas(mit 2-3 m mehr Wasser wegen der Hochwasserlage,die Bäume waren im Wasser fast verschwunden, Inseln auch), dann ab dem Schwarzen Meer noch über 1600 km Segeln am Meer…die windreichen Tage hinter Nessebar, im Bosporus, bei Istanbul und nördlich von Samos und Cesme/Izmir…
Nun aber wurden wir auch belohnt mit den 2 Wochen schönem Segeln zwischen Gözek und Bozburun in herrlich blauen Buchten, die wohl die krönende Bezeichnung „PARADIES“ verdient haben. Manchmal sitze ich im Cockpit, habe die Bibel auf dem Schoß, lese einen Psalm und singe vor mich hin: „Gute Nacht, Kameraden, bewahrt euch diesen Tag,..“ Oder „Nun danket alle Gott“ und „Großer Gott, wir loben dich“. Und es steigt aus tiefem Herzen empor… denn wir beide wissen, daß es ein Geschenk von oben ist, die Nähe auszuhalten, diese wundervollen Morgen am Boot zu erleben, die Sternenfülle am tiefschwarzen geheimnisvollen Nachthimmel auf dem offenen Meer zu erblicken, die gewaltige Bewegung des Meers zu fühlen und auch auszuhalten, das Schiff in seiner Kraft und Fähigkeit zu bestaunen, das mit Wellen und Wind diese Fahrten möglich macht zu neuen Gestaden, zu fremden Inseln, zu Völkern so verschiedener Sprache und Glaubensrichtungen. Wir fühlten uns beschenkt, wie schon 2009+10+11… zwischen Rhein+Rhône, Sardinien, Sizilien, Italien, Albanien, Griechenland, Troja und Türkei. Wir sind voller Dankbarkeit und auch froh, daß wir uns „aushalten“- demütig und frei, in aller Angewiesenheit auf solch einem Segeltörn über Monate.
Schon denkt man an Weihnachten, und es ist schon nah. Die Quitten warten aufs Marmeladekochen. Der ÖDP-Parteitag rückt näher. Das Gospelkonzert in Langenargen, das Kirchenchor-Singen beim Festkonzert am 14. Dezember. Vorher aber mal wieder unsre Kinder treffen, Erika nach 7 Monaten auf Klettertour mit dem VW-Bus von Spanien bis zum Nordlicht der Lofoten….Jojo+P. mit dem Bike rund Kreta, Martin+L. mit dem neuen Lastenfahrrad von Dijon zum Bodensee und nach Venedig. Wir sind wieder neugierig auf daheim. Und doch erwärmt uns auch schon die Vorfreude auf den 2.Teil der Segelreise, Mai 2015 bis in den November?
„Hast du nie Angst?“ fragen mich manche. Doch…Dazu lese ich im Logbuch Gedanken wie diese:
Man sollte nicht ängstlich fragen: Was wird kommen?
Sondern sagen: Ich bin gespannt, was Gott jetzt noch mit mir vor hat.
Auch ist mir der Psalm 31 gegenwärtig:
Seid stark und mutig,alle, die ihr eure Hoffnung auf den Herrn setzt.
Warum macht ihr das denn schon wieder? auch so eine Frage…
„Ob eine Sache gelingt, erfährst du nicht, wenn du darüber nachdenkst,
sondern wenn du es ausprobierst“
Beim Segeln habe ich einen Wahlspruch geschätzt:
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und die Weisheit, das eine vom andren zu unterscheiden.
Das gilt auch für unsere EHE. Seit 33 Jahren.
So planen wir voll Vertrauen den nächsten Törn, wie seit 1983!
Seid gegrüßt. GERDI
Liebe Frau Spengler,
eine grossartige Reise ist für Sie und Ihren Mann zu Ende gegangen. Danke, dass wir per Internet daran Anteil haben konnten. Mit viel Interesse habe ich Ihre Berichte gelesen, die schönen Bilder angesehen und mich ein bisschen anstecken lassen von dem Feeling, das hier verbreitet wurde. Ich finde es auch schön, dass Ihr Vertrauen in die Hilfe Gottes so klar zum Ausdruck kommt.
Nun sind Sie – so hoffe ich – gut wieder zu Hause angekommen. Einen guten Start in den heimatlichen Gefilden wünsche ich Ihnen und eine erfolgreiche Fertigstellung der Arbeit am Schiff.
Viele Grüße von Peter Jacksteit