Gerdi schreibt nachträglich am 27.Mai, gesendet in Vlores
Erikousa, Griechenland, so oft unser 1. Ziel nach der Adriaüberquerung mit der Marion!

Wir wollten von Sarande bis Palermo segeln, aber dann entschlossen wir uns, doch weiter zu fahren. Himara empfing uns mit gräßlichem Seegang, der beim Anlegen an dem viel zu hohen Kai eine derart heftige Stoßbewegung auf die Festmacherleinen ausübte, daß es bei einem Schlag die vordere Steuerbordklampe zerriß, das 3cm dicke Teakrundholz zerbrach wie ein Streichholz, die Stahlklammer riß aus dem neuen Teakdeck, Gottseidank hielt wohl das GFK-Deck stand…(10 große Traktorreifen schützen da die Fischerkutter, aber die kleine niedrige Eos liegt dann fast unter dem Betonkai. Keiner half, der Offizielle in Uniform wollte gleich die Papiere, anstatt uns zu helfen beim Befesstigen der 4 Leinen….. Nur mit Mühe kam Gh. so hoch hinauf auf den Kai um festzumachen, ich steuerte die EOS an die Mauer…..)
Nach dem Bruch rief ich: „Mach wieder los, sonst wird noch mehr kaputt! „Und 5 Min. später ankerten wir frei, vor der gerade im Neubau befindlichen Promenade. Zwei riesige Bagger buddelten große Felsbrocken aus dem Meeresgrund, 3-4 m tief, , ein Mammutlaster nach dem andern fuhr beladen mit Tonnen von Meeresboden weg.Eine neue Stadtpromenade?
Gh. lag mit 38,6°C Fieber im Salon, Darmgrippe. I
Ich legte Wadenwickel an, kochte Hühnersuppe. Da wußte ich noch nicht, daß ich 1 Tag später genauso litt an Erbrechen und Durchfall. Ein Virus? Mist! Grad wenn man einen Besuch bei jemand daheim im fremden Land macht.
23.Mai: Wir segeln in 9 Stunden nach Orikum
Himara, 24. Mai. Früh am Morgen Anker auf um 5 Uhr. Die zauberhaft grüne, völlig menschenleere mit dichter Macchia bewachsene Hügelküste ist wunderschön. Wir können segeln, nach der Rundung des von Einmannbunkern übersäten Kap setzen wir Groß und Bullentaille und die Fock- wie ein stolzer weißer Vogel nähert sich die Eos dem roten Ziegelbau der uns schon bekannten Marina Orikum, die einzige an der Küste.(toll geplant, ital.-alban., wenig dahinter, defekte rostige Duschen+ WCs ohne Deckel, Brache rundum statt Grünanlage, kaum Schiffe am großen Landplatz…Schade!) Die netten jungen Australier sind auch da, die hatten eine furchtbare Sturmnacht vor Butrinti in einer dem Sturm ausgesetzten Bucht- mit drehendem Wind… und mußten nachts die Ankerbucht verlassen und zurück nach Sarande motoren, klagte eine der Mädchen.Wir fuhren ja nachts nach Ayos Stafano…
Gleich nach dem Anlegen backe ich frische Pfannkuchen zum Kaffee. Gh. ist im Büro, 1 Nacht kostet 40€+ 40€ für die Behörden!!!Am Abend gibt’s meine frische Gemüsesuppe…aber ich kann keinen Bissen essen. Übelkeit, Diarrhoe, Fieber, Bett…

Unser Freund Gjergji, den wir im kleinen albanischen Küstenhafen Palermo 2011 als Helfer beim Festmachen kennen gelernt hatten, holte uns mit seinem Volvo ab. Über schlagloch- und rinnenreiche alte Straßen(Umleitung wegen Baustellen) und neue Autobahnstücke fuhren wir durch das schöne Hinterland zwischen Orikum und Tirana. Weinberge, Gärten, Olivenhaine…Viel Neues wird gebaut, wenig landwirtschaftlich bewirtschaftete Felder. Gj. erzählt uns, dass die Bauern lieber schnelles einfaches Geld wollen, ihr Land verkaufen und dann entstehen überall Häuser – und Gemüse und Getreide muß Albanien dann im Ausland dazukaufen. Verrückte Welt. Es werden Wohnblocks und Fabriken, Möbelhäuser, Supermärkte gebaut. Aber in den Städten pulsiert das quirlige lebendige Leben. Viel mehr junge Leute als in Deutschland, aber auch Alte, Arme, nur mit klapprigen Mofas und defekten Karren. Man sitzt gern im Café. Die Mädchen oft sehr hübsch und modisch kokett angezogen, Highheels, Décolleté…In Tirana spazieren die Leute unter herrlichen grünen Bäumen, an Boulevards, in Parks. Viele Autos, geschäftiges Treiben. Die Zeugen der Hodscha-Ära werden vernichtet, Albanien sucht einen Neu-Start, das ist gut so. Interessante, abwechslungsreiche Architektur, keine Lochfassaden wie bei uns, originelle Balkons, viele Rundbauten, bunte Fassaden! Spielerische Formen an Wohnblocks und neuen Geschäftsbauten. Hotels, Restaurants. Gj. führt uns um 2 in ein Strand-Restaurant, in dem mir die großen Störche (Skulpturen) gefallen, die Leleks. Fischsuppe, fritierte Calamari, Salat.
Bei Gjergi in seiner Wohnung ist es gemütlich, er hat aus dem Arbeitszimmer ein Gastzimmer gezaubert, Bettzeug mit Spitze, neue Frottées, Hausschuhe! Am Tisch stehen Kekse, Wein, Sekt, Erdnüsse, wie bei uns vor 40 Jahren für hohen Besuch….Es gibt gebrühten türkischen Kaffee mit Satz.
Die Mama Niqi ist eine ganz liebe kleine Frau, 83, Witwe. Leider können wir keine Frage beantworten, aber Gjergi spricht gut deutsch und ist unser Dolmetscher. Nach einer Stadtrundfahrt bummeln wir zu dem imposanten „Platz Genscher“, zu der Universität, dem Rathaus, dem Regierungssitz, wir sehen Gjs Arbeitsstelle bei der Universität(er ist Chemiker im Speziallabor und lehrt Studenten).



In einer auf Touristen gemünzten feinen Pizzeria treffen wir den Bruder mit Gattin, er ist Onkologe und hat viel Ärger mit ständig defekten Tomographen… Ein Jammer. Mir reicht eine Hühnersuppe, Gh. speist Pizza capricciosa. Dessert Limone-Parfait.
Nach einer geruhsamen Nacht (ich habe nun aber auch 38.6° Fieber und kann nix essen!) gibt es eine heiße Milch mit Zucker zum Frühstück und eine Scheibe Weißbrot mit Feta. Gj. brutzelt über der Gasflasche in der Pfanne ein Ei mit Käse für Gerhard. Der Backofen steht am Balkon, die Mikrowelle auf er Küchenanrichte.
Dann fahren wir um 8 los und sehen Dürres. Dort finden wir ein Taxi am Buswarteplatz, das nimmt uns beide und einen Italiener mit nach Vlora. Unterwegs viel Abbruch, Abrißbagger zertrümmern alle ohne Konzession erbauten Gebäude, kleine Shops, Autoreparatur, Waschplatz, Bäcker, Café, wo am Boulevard entlang nur diese windigen niedrigen Baracken standen, entsteht nun eine Allee, mit Blumenrabatten, Gehweg, Fahrradweg und breitem Bürgersteig- dahinter nur die Hochhäuser mit vielen Läden. Ein neuer Anfang. Aufbruch. Aber auch ganz große Hotels am Strand werden eingerissen, man schüttet gleich den Strand mit den Trümmern auf und errichtet eine feine Riviera. Nur vereinzelt „überlebten“ Strandcafés und Hotelanlagen diese gegen Korruption gerichtete Vernichtung. Gegen 13 Uhr erreichen wir unsere EOS. Einräumen, Blogschreiben. Ausruhen für die noch kranke, aber bald fieberfreie Gerdi. AmSamstag, 28.5. fahren wir mit dem Sammelbus nach Vlores, und wir lernen ein sehr nettes Ehepaar kennen, die beide deutsch gelernt haben und große Freude haben, es nun zu sprechen, sie Betriebswirtschaft, er Lehrer. Hoffentlich schreiben sie uns mal eine Email:-)
Hier die Bilder und der Bericht aus Gerhards Flickr-Album bis Orikum: Klick
Hier Gerhards 2. Flickr-Album, Tirana: Klick