Schon um 7 stehn wir auf… Mit der Expressfähre „Île Frioul-Île If-Marseille“ setzen wir um 8.15 Uhr früh über und mit rauschenden Heckwellen erreichen wir den großen Hafen: MARSEILLE! Proppenvoll der Seglerhafen. Am Anleger wird gleich frisches Obst und Gemüse für die Insel-Restaurants auf die Schnellfähre eingeladen. Knackig frisch, viele Melonen, Salatköpfe, Tomaten, Trauben, Zucchini….
Ein offenes Touristen-Bähnle saugt die ersten Touristen ein zur Fahrt durch die Stadt und zur Kirche. Auf dem großen schattigen Plateau für die wartenden Passagiere entdecke ich vor dem imposanten Riesenrad ein Kunstwerk, das mich in seinen Bann zieht: eine in ca. 4m hohe waagrechte Spiegelfläche!!!! Ein Sonnendach, eine aufsehen-erregende Spiegelung aller Menschen, Boote, der Meereswellen- alles steht auf dem Kopf, die Menschen laufen wie angeklebt darauf hängend herum… kopfüber. Fantastisch!! Ca. 40×30 m – ein spielerisches Vergnügen, alle Smartphones und Fotos blitzen und halten diesen Moment fest…
Wir spazieren weiter weg vom Port Vieux, an den Zeitungskiosken vorbei zu einem Boulanger, um einen Kaffee und eine Rosinenschnecke und Apfeltasche zu frühstücken. Allerlei Sprachen um uns… Spanisch, Italienisch, arabisch…Es ist noch vor 10, aber viele Passanten sind schon in Eile. Au-pair-Mädchen scheuchen die Kleinen zur Tagesstätte, Buben mit Ranzen streben in die Grundschule…Bunt gemischt auch die Hautfarben, die Kraushaar-Pferdeschwänze, Frauen mit Leggings und Flipflops, aber arabisch verhüllt der (schöne!) Körper, khol-umrandete schräge Katzenaugen, paillettenbestickte Kopftücher elegant geschlungen, farbenfrohe Stoffe bei den Afrikanerinnen, teils mit dem am Rücken umgebundenen Baby, schlanke Algerier, lockige Marokkaner, Ägypter mit Fez und wadenlangem Kaftan, mal ganz verschleierte Mütter mit ihren bauchnabel-gepiercten „offenherzigen“Teenager-Töchtern in Hotpants und Short-Tops… , sehr hübsche Kinder, fröhlich und ahnungslos wohl, wie es in ihrer Geburtsgegend aussieht, den kriegsvertriebenen Syrern und traumatisierten Müttern sieht man kaum an, was sie hinter sich haben…Wir schauen zu, wir sind Gäste wie sie…im Schmelztiegel Marseille. (
Igitt, viel zu süß…
Wir nehmen den Bus und fahren durch eng zugeparkte und verstopfte Gassen den Berg hoch zur alles dominierenden Kirche hoch oben: Notre Dame de la garde. Da ein riesiges 320 m langes Kreuzfahrschiff im Hafen liegt, quellen die Massen, alle mit Gruppen-Nummer am Shirt, die Treppen hoch zur Kirche mit der golden erstrahlenden Maria auf der Kuppel. Australier, Japaner, Koreaner, Chinesen, Amerikaner? Keine Deutschen. Streng bewacht und beäugt werden wir alle von 3 voll bewaffneten Soldaten, Hand am Maschinengewehr, schußsichere Westen, Pistole am Halfter…
Sooo viel Gold! Geborgt von den Gläubigen…Schiffe bitten um Schutz von obenVogelpracht im Paradies?
Goldene Haarpracht der Jungfrau MariaNachts erstrahlt sie im ScheinwerferglanzWunder-volle Mosaik-Fußböden in der Kirche
Fast 1 Stunde genießen wir den Rundum-Blick vom höchsten Punkt über der Stadt. Wir sehen unseren Inselhafen und ein Melbourner fotografiert uns oben mit Blick dahin:
unsere letzte Segelstrecke vor Marseille , ums Kap herum u. nach rechts zur Île Frioul
Dann steigen wir im schon warmen Mittag die Stufen und Gassen hinab, die Häuser sind kriegsverschont, sehr hohe Etagen, sehr hohe 3m-Türen, ganz alte Treppenhäuser mit Ölfarbanstrich auf Geländer, Stufen und auch die halben Wände hoch wie in meiner Jugend, wo das unser Opa bemalte, aber er malte Bordüren oder walzte Muster mit Blumen und Goldranken drüber. Für die Katzen steht oft enine kleine Wasserschale bereit, alle Trottoirs sind blitzsauber, schon seit Wochen bestaune und lobe ich die Disziplin der Franzosen!!! Nur unten in Hafennähe lag mal eine Bäckertüte oder ein Coffee- To-go-Becher, und Zigarettenstummel, das schon… Überall Papierkörbe, Müllbehälter, auch die jungen Leute laufen hin und werfen ihre „Fressreste“ brav hinein. Undenkbar in Deutschland, wo man auf 3 km die Mc Donalds-Spur bis Eriskirch sieht und an den Promenaden u. Fußgängerzonen testen kann, was die Leut‘ essen und trinken…Fastfood, Coladosen, Müsliriegel, Eisbecherle, Zigarettenschachteln, Metzgerbeutel…
An einem großen Platz vorm Handelsministerium (…commerce) fällt mein Blick um 1 auf einen Stand, auf dessen Markise frisch gemachter Saft aus Früchten angepriesen wird. Wir gönnen uns bei der geschäftstüchtigen Frau (am Foto die alten Fruchtpressen der Vorfahren) diese Vitamingabe: Traubensaft (jus des raisins) und Ananas-Grapefruit,mit Eis im Mixer gemixt, nicht gepresst!!! So lecker, sie hat viele Kunden, die genau wissen, was sie bestellen. Ein Studentenpärchen kostet knallrote Erdbeeren, ein andrer Melonen mit Pfirsich. Es kostet so viel wie das frische Obst: 3€ pro Glas, aber reine Natur, kein Zucker, kein Wasser drin. Unten laufen wir durch eine Straße mit schwindelerregend teueren Geschäften, Hemdenschneider, Schuhläden (ab 320€), Modeboutiquen mit Wolljacken, dicken Pullovern, Wolljackets für schöne Männer mit viel Geld, Schmuck, Uhren, teure Kosmetikmarken…
In den engen Fußgängerzonen-Gassen kommen wir in ein Viertel, wo es nur arabische Kneipen gibt: Halal-Fleisch, nur Poulet, Lamm, keinerlei Alkohol. Ein großes Schild lockt uns an: „Istanbul“! Erinnerungen an die vielen Wochen in der schönen Türkei! Wir nehmen Platz, bestellen für 4,50€ Falafel mit Tomate u. grünem Salat eingerollt in der Galette und für Gh. Kebab, Dönerfleisch mit Pommes und ein Getränk. Teschekyr ederim, danke. Wir trinken wie in „alten Zeiten“ einen starken Cai im kleinen Tulpenglas als Abschluß, dann laufen wir zum SPAR-Laden und kaufen ein, Datteln aus Tunesien, Zwiebeln, rote Paprika und Tomaten aus Frankreich, Birnen, eine luftgetrocknete Wurst, Milch, Bier, Wasser, und Hähnchenbrust für das Abendessen u. die restlichen Glasnudeln. Auf der Fähre werden beim Einsteigen vorher alle Rucksäcke und Taschen von Sécurité-Leuten geöffnet und kontrolliert. An Bord haben wir viel Spaß mit einem entzückenden, vergnügten fast 3 jährigen kraushaarigen Mädchen, wohl „gemixt“ mit Tunesien, die mit uns Tauziehen mit meinem Schal und Knall-und Quak-Laute-machen mit Gh. spielt… Ein großer Spaß.
Zurück an Bord schwimme ich ausgiebig im Meer, es ist kalt wie am Bodensee: knapp 21 °,außen fast noch 30. Wir wandern den steinigen Pfad hoch zum Leuchtturm, sagenhafte Tiefblicke in die engen Kluften der Felsbuchten, kalkhaltiges Gestein mit Löchern und Spalten mit Durch-Blick-Augen, Tropfsteine in schmalen Spalten, endemische seltene kissenartige Pflanzen, die im Frühling weiß blühen, eine geduckte 40 J. alte Pinie, wie eine Latschenkiefer. Leider sind die schönen handgemalten Informationstafeln alle nur in französischer Sprache, was in dem Fachjargon der Naturbegriffe der Geologie und Flora+Fauna nicht verständlich ist. Oben sehen wir einen märchenhaften roten Sonnenuntergang im Meer! Nur Gh. hat den Foto dabei, guckt euch seinen Blog an!
Beim Abstieg wird es um halbneun schnell dunkel, im Hafen leuchten schon die bunten Lichter und die Restaurants… Marseille glitzert über dem Meer…
Zurück an Bord brate ich in kleinen erlesenen Portionen das mit Ingwer und Teriyaki marinierte Hähnchenfleisch im Wok und danach das in feine Streifchen geschnittene Sellerie- u. Möhrengemüse. Wir speisen mit Schälchen und essen mit Stäbchen im Cockpit im milden rosa Schein unsrer Stoffschirm-Leuchte, die ich aus einem perlenumsäumten Halstuch in Bozborun nähte… Ein kühles Bier aus dem Glaskrug, entspannte Abendstimmung… Urlaub.