Rückblick GERDI. Glifada
Manchmal muß man sich abfinden mit Sturmtagen, diesmal mit Hafentagen. Wir nützen die Zeit. Der gestresste Motor hat Ruhe, das ganze Innen- und Außenschiff wird gewaschen und entsalzt, die Meerwasser-Kissen vom Cockpit gewässert, die Wäsche in eine Laundry gebracht, das Stück für 1€! Dauert „bis morgen Abend“, also gibt es wieder salzfreie Bettwäsche und Handtücher, und hygienische Geschirrtücher. An Bord waschen wir alles mit Haka-Neutralseife, auch das Geschirr.Sowas gibt es nirgends hier zu kaufen.
Wir fuhren mit Edel-Tram (Olympia!) und Zug nach Piräus. Es ist eine pulsierende wilde verkehrsgeschwängerte Hafenstadt, die riesenhaften Fähren nach Kreta und Venedig, die Hydrofoil-Schnellboote, Tragflächenboote oder Flying Dolphin, zahllose Lastwagen mit Anhängern mit Baumaterial für Häuser, Autotransporter mit oft nur schwarzen Audi-Limousinen oder Toyota-Rangern. Überall werden Tickets for Ferries verkauft, große Gruppen Reisender mit ihren Rollenkoffern, Pfadfinder mit Zelten und Bergschuhen, junge Backpack-Touristen mit Isomatte, Hängematte, Kochgeschirr, Bastmatte streben zu Traumstränden auf den Inseln. Verloren dazwischen magere Hunde ohne Halsband, verflohte Katzen, zahllose leergetrunkene Wasserflaschen überall. Es hat 38°. Wir sind es inzwischen gewöhnt, aber Neuankömmlinge mit blasser Haut sind doch sichtbar erschrocken über diese Hitze.Gerhard findet mit Kapitänsblick ganz kleine Läden in den Nebenstraßen der Hafenmeile, wo er mit Zetteln, gemalten Skizzen und Mustern zeigt, was er sucht. Man spricht so gut wie kein Englisch, also Hände, Geräusche, Gesten – ein Aufleuchten im Gesicht der Verkäufer: Ah, ne, ne!! Das heißt Ah, ja, ja. Oder traurig: oichi, oichi—das heißt bedauernd nein.Wir finden 30 m neue schwarze lehnige Festmacherleine, die in dem großen blauen Bergrucksack auf meinem Rücken verschwindet, Abdichtpaste für einen nach 1 Stunde Suche gefundenen neuen Dieseltankverschluß, 1 Schlauchboot, 2 m kurz, aber 18 kg schwer (eine riesige Pappkiste vorm Laden, „Can I help you? Where is your car? – Es war 20 km weg vom Schiff). Das Boot tauchte aus der Kiste auf, war eine Tuchtasche mit Henkeln, die Gerhard auf den Rücken nahm, das war dann 1,20 x 80 groß!!! Ich packte die 2 Paddel und die Heckplatte bei mir rein. Gut, dass wir uns vorher in einer Taverne am Hafen mit reisgefüllten Tomaten und Gyros gestärkt hatten.Der Skipper des Segelboots neben uns spricht uns in gutem Englisch an. Wir erwähnen, dass eine Windbö unser altes Sonnendach zerrissen hat. Er empfiehlt uns einen Segelmacher / Bootssattler aus Kalamaki, hat die Tel. Nr.und schon kriegen wir eine Zusage: ja, Montag kommt er um 11.Alles hatten wir fein vermessen, ich hatte eine Skizze angefertigt, die Verstärkungen angezeichnet. Er schreibt Maße dazu, Ösendurchmesser, Druckknöpfe. 2 Tage.Gerhard erledigt viele Arbeiten an Bord. Ankerkasten gereinigt, Kette neu gestrichen, Tankverschluß am Heck installiert, Schlauchboot an Deck (auf Erikas Freiluftschlafplatz) verzurrt – es soll „micro eos“ heißen.Am Dienstag fahren wir noch mal für 1 € mit Tram und Bus nach Piräus, diesmal ohne Kaufzwang und Sucherei. Wir wandern 4 Stunden um den ganzen Hafen, im Areal der großen Fährschiffe. Auch die MINOAN LINE Knossos palace, die uns bekannt ist von unsren Jassu-Ferienhaus-Urlauben, steht bereit für Kretaurlauber. Viele Erinnerungen kommen hoch. Chrani am 1. Peloponnesfinger 1994, Dimitrios 1x mit den 3 Kindern, 1x mit Erika im „Romantikos“, dem Fischerhäusle, 1x Canali wir 2 allein im Oktober als ‚Erika ins Wirtschaftsgymnasium wechselte und die Schweden in FN waren.Wir gondeln durch die Gassen, fragen mal hier mal da in kleinen Läden was nach, was sehr interessant ist, denn von außen sieht man gar nicht, wie sie innen aussehn. Ein Bibliothekar verspricht stolz er habe alles! Aber seine „dictionary“-Bände sind 25cm hoch und 5 cm dick. Er hat Lexica D-GR ohne Aussprache / Lautschrift, und es gibt wieder kein einziges kleineres taschen-taugliches Wörterbuch. Unser kleines 10×6 cm-Langenscheidt ist von 1969 und es fehlen sooo viele Wörter drin, nicht mal Ingenieur gibt’s oder Segelyacht oder Plane oder Sonnenschutz.Gerhard bekommt den Tip, bei „Navichart“ die gesuchte fehlende Seekarte von der Türkei zu kriegen. Als wir dann im 5 Stock läuten, ist es wohl ein Schiffsvercharterer..Die „Läden“ mit Metall- u. Elektroartikeln sind atemberaubend überfüllt, in 1000 Schubladen findet nur der oft alte Inhaber was der Kunde sucht. Wie vor 50 Jahren, ein Abenteuer, alles im Halbdunkel. Außen meterhoch Eimer, Tröge, Schlauchrollen, Drahtgitter, Angelzubehör, Werkzeug, Kanister, Besen.Der Duft lockt uns in eine Bäckerei mit vielen kleinen Backwaren. Ich frage nach canella und zeige mit den Händen die Ringform. Eine Erinnerung an Zimt-Ringe auf Keffalonia / Melisani 1990. Sie hat sie, und würzige Zöpfchen mit kräftigem orientalischem Nelke-Muskat-Geschmack.Am Markt finden wir aromatische Kalamata-Oliven, Schafskäse wie Pecorino, eine scharf gewürzte schwarzgeräucherte scharfe Speck-Blutwurst, und eine Art Krakauer, die duftet wie daheim!
In dem Hafenlokal isst Gerhard Blattspinat und ich griechischen Bauernsalat mit Feta. Ein Mythos, das griechische (schön kalte!) Bier, weckt die Lebensgeister – und dann geht’s heim in Tram und Bahn. Unsere Wäsche ist fertig, die Post hat offen für Briefmarken, aber leider gabs nirgends in Piräus und Glifada Ansichtskarten, so nah am Kap Sunion u. Akropolis verwunderlich. Drum kommt grad keine Karte von uns!Als alles eingeräumt ist, machen wir uns „landfein“, Perl-Ohrringe, Kleid, ein Hauch Parfum, Gerhard in neuer frischer heller Hose und Stoffhemd! So gehen wir noch mal zu „ZAXOS“, was stimmhaft weich mit s anfängt und innen ein zartes „CH“ hat. Wir essen Chicken-Souflaki-Spießle und Gyros in der Pittá.Wir spazieren noch mal durch die ganz feinen Wohnstraßen, mit viel Grün, Granatapfelbäumen, Orangenbäumen, Jasmin, edle Modeläden, die Damen auf der Allee mit oft langen Kleidern und nur langen Hosen, hohen Schuhen oder blütenreichen Flip-Flops mit feinen Lederriemchen.Als wir zur EOS übersteigen, steigt der Halbmond über die heute ziemlich dichten Wolken. Ja, so was gibt’s hier tatsächlich…Früh joggt Gerhard um 7 und bringt frisch gebackenes Brot und 4 Lamm-Koteletts mit. Aber der Segelmacher sagt um 12 ab, er wird erst bis morgen um 9 fertig mit dem Sonnendach. Wir sind im Süden Griechenlands. Hier ticken die Uhren etwas anders. „Kaló, tax’i, efchar
istò! Thank you! Till tomorrow morning, Julian, You’re welcome!“Geduld. Wir haben Zeit. Wir lesen, schreiben Blog-Text, Gerhard macht korrekte Motorpflege, ich lege das ganz frische Lamm, prowatáki, in Olivenöl und Knoblauch und Zitrone ein, Rosmarin, Origano, Pfeffer – und presse uns ganz frischen Orangensaft. Wir haben Uuuuurlaub – und grad keinen Starkwind…
…und hier die Bilder: