Wieder Sonne, aber noch umgeben uns Wolkengebirge. In Athen soll es furchtbar regnen. Dieses dunkel-violette Sturm und Regen-Tief beäugten wir bereits auf Ugrip, der Internet-Wettervorhersage, als es sich unter dem Peloponnes räkelte, ummalt mit Windfahnen 6+7 Bft! Also zog es nordöstlich weiter. Und ist wohl auf dem Weg zu uns. Nun sei Euböa bedroht von dem „Disaster“, das Istanbul schon hinter sich hat. Da schippt man derzeit den Schlamm aus den Wohnungen und Gassen. Hoffentlich verliert das Tief seine Kraft und tobt sich jenseits unsrer Segelroute aus.Nach 10 Seemeilen schleicht unsre EOS in eine traumhaft schöne, einsame Bucht. Ein Fels muß noch umschifft werden, oben Ruinen von Kapelle oder Hausresten aus längst vergangener Zeit…
Unsere Ankerbucht auf der Insel KaraadaDie Wolken verziehen sich. Im Sonnenglast glänzt ein großes einsames Windrad in Strandnähe, silbern blitzen die Glasflächen von vielen Solarzellen auf. Ein bescheidenes Fertighäuschen dahinter, Tier-Gehege. Viel Grün. Bäume. Ein Gerüst am Strand mit großen Wasserbehältern, Kabeln, Leitungen. Wie auf einer „Ranch“ in Australien.Der Wind weht den typischen Geruch von Eseln herüber. Ah, dort: Viele Esel, weiche Langohren in braun und grau. Kamelhaarfarbige Ziegen, einige Schafe, ein Gockel kräht, Hühner scharren im Sand. Wir paddeln, da das Meer nur gekräuselte Wellen hat, unsere kleine hölzerne MARONI ans Ufer. Gleich naht der Farmer, allein. Leider spricht er ausschließlich türkisch, dabei hätte ich soviel zu fragen und zu loben. Es ist eine völlig autarke kleine Farm! Erdal malt mit einem Ästchen die Zahlen in den Sand vor der Veranda: 40 Esel, 35 Ziegen. Nein, keine Milchziegen. Klar, er ist ganz allein mit den Tieren und der Arbeit.Er holt aus einem Ordner die Fotos seiner Esel. Wir erfahren, dass Esel auch geschoren werden und das Wolle ergibt. Ich frage ihn: “Bayan? (Frau)“ Er antwortet: „Evet! (ja) + 4 Kinder.“ Und er schreibt die türkischen Namen alle feinsäuberlich auf ein Blatt und die Adresse in Ayvalik, für die Fotos, die wir ihm senden wollen. Dann kocht er am Gaskocher das gepumpte Wasser und bietet uns 2 Henkeltassen Nescafé an. Etwas ungeduldig bittet er uns in ermunternden Gesten: „Komm!“ Wir sollen ihm folgen. Mal ruft er, mal pfeift er durch die Zähne. Ob ihm ein Esel durchgegangen ist?Durch dorniges Gebüsch, Disteln, Ölbäume und Buchs folgen wir schmalen ihm auf Trampelpfaden über Felsgrund hoch zu den verfallenden Ruinen, daneben eine uralte tiefe Zisterne. Ein christlicher Ort, der Schlußstein – zerbrochen – mit Kreuz. Die Jahreszahl 1179. Unweit davon Mauerreste eines türkischen Gebetshauses. Im Stein eingemeißelt „Imam 925“. Stumme Steine nur noch.Und dann in unsre Jetzt-Zeit: Wir posieren für ein Freundschaftsfoto vor der großen Plakatwand mit der leuchtendroten türkischen Nationalflagge!
Erdal, der SolarfarmerAm Rückweg zum Strand klettern wir alle drei drunten am Meeressaum über die zerklüfteten Felsen. Erdal klaubt jede gefundene Trinkflasche, Kanister, Styropor, Holzlatten, Bierflaschen, Turnschuh, Schwemmgut auf und schleppt die vollen Kunststoffbeutel zu einem tiefen Felsloch. Wir helfen bereitwillig. Dort schlichtet er alles hinein, zündet ein Feuer an. Es wird restlos verbrannt. Ah, deshalb ist dieser Strand in der Bucht so auffallend sauber gewesen! Eine vorbildliche Bucht: umweltfreundlich der Züchter, sauber die Energie, Sonnenstrom, Windkraft. Wunderbar – eine Begegnung, die irgendwie ergreifend ist in all ihrer Einfachheit aber auch Konsequenz beim Umweltschutz. Ein Blick in die Zukunft, Solar&Windkraft.Das stimmt uns optimistisch. Mehr als der heiße „Wahlk(r)ampf in Deutschland.Ich hol mir die Flöte ins Cockpit und spiele alle Abendlieder in die sternklare Nacht. Eine Nachteule ruft. Stille.