GerhardSind wir am Bodensee?Die Ägäis hat uns viel Wind beschert, als wir nördliche Kurse fuhren.Jetzt steuern wir südwärts und nicht mehr auf dem „offenen“ Meer, sondern zwischen dem griechischen Festland und der langen Insel Euböa durch. Diese Wasserstraße misst im nördlichen Teil nicht mehr als 10km in der Breite. Der Wind schiebt uns mit mäßiger Kraft, Steuerarbeit übernimmt der Autopilot. Das schmale geschützte Gewässer, die bewachsenen bergigen Ufer erinnern an unseren Bodensee.Unser erster Ankerplatz liegt am Eingang der Orei- Straße, etwa auf 38° 10´Nord und 23°05´Ost (für diejenigen, die in Google Earth nachsehen). Der Wind pfeift uns hier sein Abschiedslied, das Grillfeuer in EOS`Heck ist ein Funkenregen achteraus. Am Morgen verlassen unseren Anker die Haltekräfte und EOS geht auf Wanderschaft. Wir ankern noch mal kurz fürs Frühstück. Der Himmel hält sich bedeckt, sendet aber nochmals Rückenwind in passabler Stärke. Wir haben es nicht mehr eilig und lassen den Anker bereits nach 20 Seemeilen an einem Kap fallen. Die Wasserstraße knickt hier um 100° nach Osten und genau gegenüber erstreckt sich noch eine riesige Bucht. Wenn man sich einen Seestern mit 3 Armen vorstellt, liegen wir in dessen Mitte. Gerdi kocht im Wok Reisfleisch mit Paprikagemüse, türkisch mit Chili, Nelken und Kreuzkümmel gewürzt.
Ankern mit AnkerlaterneWir liegen ganz ruhig – bis 2Uhr nachts – dann weht der Wind auflandig und ich wecke Gerdi. Wir verlassen den Platz und manövrieren uns vorsichtig in den Schutz einiger Inseln zum Ankern. Das ist etwas knifflig, da einige Riffe den direkten Weg verhindern. Gerdi steuert und ich suche mit Seekarte, Leuchtfeuer und den Uferlichtern gegenüber einen Ankerplatz. Zur zusätzlichen Absicherung hängen wir die große Ankerlaterne ins Heck.Es ist stockdunkel, ohne Mond.Als ich am Morgen die Lage sondiere, liegen wir genau richtig. Der Himmel sendet noch einen Schauer, dann lichtet er sich und die Sonne scheint wieder. Angenehm segeln wir zwischen den Ufern und machen im Hafen von Scala Atalantis fest. Den Häusern und Tavernen nach zu urteilen ist das ein belebter Ferienort. Jetzt sind wir aber vermutlich die einzigen Gäste.Herbstliche Endzeitstimmung, klare Sicht und über allem liegt eine seltene Ruhe. Ich habe den Eindruck, als gingen die Uhren langsamer. Die Ufer sind fruchtbar, die Hänge bewaldet und nicht so kahl wie die südlichen Inseln der Ägäis. Es gibt überall genügend Wasser, alles ist grün. Die felsigen Berge erheben sich an den Ufern bis über 1000 Meter. Eine sehr angenehme Landschaft! Mit Genuss lassen wir uns von der EOS südostwärts tragen, lesen und sehen zu wie die Ufer wandern. Es gibt wenig zu tun. Mittags gibt´s Salat, nachmittags trinken wir Kaffee und abends kocht Gerdi einen Gemüseeintopf. Diesmal im kleinen Fischerhafen von Politika. Dort finden wir zwischen den hölzernen hellblauen Kaiken der Fischer einen ruhigen Platz. Mit uns ist ein Lübecker Segler, der über die Biskaya ins Mittelmeer allein gesegelt ist und nun auf der letzten Etappe nach Thessaloniki unterwegs ins Winterlager ist. Sehr mutig!
Im Abendschein läuft der Fischkutter ausAb halbacht ist es schon dunkel. Im Finstern wandern wir noch ein paar Kilometer in den Ort zum Einkaufen. Anderntags, noch bei Dunkelheit, kommen 2 große Fischerboote in den Hafen und übergeben lautstark den Fang an einen Lastwagen. Dann rötet sich der Himmel im Osten, und wird zu einem wolkenlosen Himmel. Ich kaufe Schollen bei einem heimgekehrten Fischer, nehme sie aus. Gerdi hübscht meine Frisur mit dem Haarschneider auf, wir frühstücken und lassen uns bei leichtem Halbwind der Meerenge bei Chalkida entgegenschieben.Dort steht eine niedere Brücke der Weiterfahrt im Wege. Sie wird nachts, je nach Gezeitenstrom, nach 24 Uhr geöffnet. Wir zahlen 18 Euro für die Passage und werden gebeten, ab 22 Uhr auf Kanal 12 erreichbar zu sein. Dann werden wir irgendwann zur Passage aufgefordert.GERDI, Chalkida, letzter Tag im SeptemberMittags ist es noch angenehm warm! Im Bikini liege ich auf dem sonnigen Teakdeck in der Backbordrinne, am Rücken, und blicke den flinken Schwalben nach. Hoch fliegen sie, überm Mast und über unserem vom starken Wind der letzten 4 Monate zerfetzten halbierten SMCF-Clubwimpel. Die Leute auf der Promenade neben uns tragen alle lange Hosen, die haben wir seit Ende Mai nicht mehr getragen. Herbst. Auch hier.Mit der kleinen Canon digital bin ich auf die Pirsch gegangen und habe einige Motive eingefangen. Rosen in ihrer Pracht, goldgelbe Quitten, reifende Brombeeren, Trauben am Weinstock, die letzten großen Tomaten im welken Laub, Unkrautbüsche in voller Blüte – wie bei uns nach Ostern.
Wir sind die letzten Gäste. Alle Touristen sind wegIn den Tavernen sind nun die Sonnenschutzrollos hochgerollt, die vielen Stühle gruppieren sich leer um die Tische. Keine Rent-a-car-Autos mehr, viele leere vergeblich wartende Taxis. Nicht mal einen Briefkasten gibt es mehr, um die Geburtstagspost für unsere Erika auf die Reise zu schicken. Die englisch-sprechenden Kellner sind weg, die Bulgarin zuckt bedauernd die Schultern.In den hier im Euböa-Fjord so kleinen seichten Häfen schaukeln dicht an dicht nur noch himmelblaue Kaiken mit Bergen von gelben Fischernetzen. Die Fischer „häkeln“ neue hauchzarte Fangnetze an Leinen, ganz bedächtig, 3 Stunden, oder 4. Das Leben kann warten. Man hat Z e i t .!Kiwitt! Kiwitt! Das waren Seeschwalben! Mit Gabelschwanz und sehr elegante Flugkünstler..Ob sich in Deutschland nun schon die Zugvogel-Schwärme sammeln und auf den Abflug warten? Wir genießen den späten warmen Sommer. Und richten unsren Kurs nach Süden. Da wird es vielleicht noch wärmer. Baden geht noch gut, 23° hat das Meer. Draußen wird die Luft aber nicht mehr so richtig heiß.Hier die Fotos: